Passend zum uralten Fest der Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres, öffnete der Ochinheimer Mittelaltermarkt am Freitag besonders lange seine Tore. Und bot seinen Besuchern wieder ein volles Programm, das sie wie an den weiteren Markttagen in die Welt der Ritter, Edelleute und Handwerker abtauchen ließ.
Den Reigen des Bühnenprogramms eröffnete Gauklerkönig Fabio mit Messerjonglage und allerlei Witzen und Späßen. Volle Konzentration und Fokussierung auf das gelbe Zentrum der Zielscheibe war im Anschluss die Devise. An den beiden Familientagen Freitag und Samstag fand am Nachmittag das „Bogenturney zu Ochinheim“ auf dem Turnierplatz statt, bei dem in zwei Vorrunden und einer finalen Runde der treffsicherste Schütze Ruhm und Ehre erwerben konnte.
Erlaubt waren traditionelle Lang-oder Reiterbögen, jedoch kein „weiteres Hexenwerk“ wie moderne Compoundbögen und Aluminium-Pfeile. Den ersten Schuss ins gelbe Zentrum gab es erst im ersten Finaldurchgang. Nach der ersten Vorrunde wurde außerdem der Abschusspunkt um einige Schritte nach vorn verlegt, da durch die Sonne alle Teilnehmer gleichermaßen Schwierigkeiten beim Zielen hatten.
Erfahrenster Schütze siegt
Letztendlich trug den Freitagssieg einer der erfahrensten Schützen ins heimische Lager. Michael Pfeiffer aus der „Sippe des Bären“ gewann die Finalrunden dank über 35-jähriger Erfahrung im mittelalterlichen Bogenschießen. Der Schwarzwälder traf mit seinem Traditionsbogen trotz widriger Bedingungen am genauesten.
„Das größte Problem ist immer Gegenlicht – dann kann ich nicht mehr fokussieren“, erklärte der Wikinger. In Übung für sechs bis acht Wettbewerbe pro Jahr bleibt er auf seiner hauseigenen Schießbahn. Auch seine Pfeile baut er selbst, denn „die Ballistik der Pfeile ist ausschlaggebend“. Den Gewinn, ein handgeschmiedetes Messer und insbesondere die Flasche Met, wollte er im Anschluss brüderlich mit seinen Lagerkumpanen teilen.
Der mit elf Jahren jüngste Teilnehmer des Wettbewerbs nahm trotz seines Ausscheidens in der Vorrunde viele gute Tipps mit nach Hause. Mirko Götz aus Hockenheim durfte mit seinem Steppenreiterbogen stets ein paar Schritte weiter an die Zielscheibe und erhielt viel Zuspruch vom beeindruckten Publikum und seinen Mitstreitern. Da er bisher nur bei Gelegenheiten wie dieser dazu kommt, sein Equipment auszuprobieren, war er besonders dankbar für den Hinweis, dass es in Reilingen die Möglichkeit zum Training gibt.
Feuershow begeistert
Weiter mit dem Bühnenprogramm ging es um 20 Uhr, mit einem improvisierten Zusammenspiel der Musikgruppe „Vindamer“, dem Gauklerkönig Fabio und der Nachwuchsgauklerin Stella. Nach dem Sonnenuntergang fanden sich zahlreiche Lagerleute ein, um zusammen den längsten Tag des Jahres, den Mittsommer, gebührend zu verabschieden. Kraftvoll bliesen sie in ihre Hörner, ehe sich die Menge auf der anderen Seite des Turnierplatzes versammelte, wo sich der Höhepunkt des Abends ankündigte.
Die Feuertänzer der Gruppe „Avyra Dansare“ zogen ihr Publikum mit wirbelnden Feuerinstrumenten in ihren Bann. Feuerlassos, brennende Reifen und geschwungene Feuerkugeln zischten so manches Mal gefährlich nah an den Hosen der Tänzer vorbei und ließen den Zuschauern den Atem stocken.
Nach der fulminanten Show zerstreuten sich die Scharen und es fand sich nur noch eine kleine Gruppe Zuhörer zum finalen Konzert des Abends vor der Bühne ein. Dennoch wussten die Musikanten von „Vindamer“, die auch die Feuershow musikalisch begleitet hatten, ihre treuen Zuhörer im Schein einer Feuerschale mit Geschichten aus aller Herren Länder zu verzaubern.
Verpackt in Gesang und die Klänge von Cister (ein gitarrenartiges Zupfinstrument), Flöte und Trommel, erzählten sie etwa die schwedische Ballade des „Herr Mannelig“, die von der unerwiderten Liebe einer Trollfrau zu einem kühnen Ritter handelt, der ihren Heiratsantrag aus fadenscheinigem Grund ablehnt und ihr so die Chance auf Verwandlung in einen Mensch verwehrt.
Marktmeister Michael Gebhardt zog schon am Freitag – besonders aufgrund des sehr erfolgreichen Eröffnungstags an Fronleichnam – ein zufriedenes Zwischenfazit: „Wir haben bisher nur positive Rückmeldungen bekommen. Mich freut besonders, wenn solche Zusammenschlüsse wie heute beim Tavernenspiel funktionieren. Für alle Teilnehmer, ob Lagerleute, Handwerker oder Künstler, sind diese Märkte immer ein Ort der Begegnung und jeder ist bereit zu helfen, wie man durch den Sturm in der Nacht vor der Eröffnung gesehen hat. Das ist trotz der vielen Arbeit immer ein gutes Gefühl.“
Info: Mehr Bilder vom Mittelalter: www.schwetzinger-zeitung.de
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