Einzug wie ein Boxstar, Auszug als strahlende Hoheit: Mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze wurde Pauline von Leibwächtern auf die Bühne der Stadthalle geleitet, um wenige Minuten später als strahlende Prinzessin Pauline I. vom funkelnden Schwan das närrische Volk zu grüßen. Die Hockenheimer Carnevals-Gesellschaft (HCG) kürte bei ihrem Ordensfest in der voll besetzten Stadthalle eine neue Tollität. Und dies aus verschiedenen Gründen: Zum einen feiert die Gesellschaft ihr 65-jähriges Bestehen und zum anderen wird Hockenheim 1250 Jahre alt.
Ein weiterer Höhepunkt, auf den alle Besucher lange warten mussten, war der Jubiläumstanz weit nach Mitternacht. Die Junioren- und die Aktivengarde boten dabei nicht nur einen Tanz, sondern vielmehr eine tänzerische Zeitreise durch die jüngere Hockenheimer Geschichte. Das war klasse! Dazwischen nahm das Ordensfest seinen Lauf. Die Tanzmariechen und Garden präsentierten ihre Tänze, ein paar musikalische und karnevalistische Einlagen erinnerten an eine Prunksitzung und bei den diversen Ordensrunden bekamen Karnevalisten und Ehrengäste das neue Prachtstück der HCG um den Hals gehängt.
Ein Ordensfest ist keine Prunksitzung, das mussten vor allem die Außenstehenden erfahren. Die Verleihungen der Schmuckstücke gestaltete sich als eine langwierige Angelegenheit. Hier ein paar Worte, da ein Küsschen, bis alle abgefertigt waren, verging viel Zeit. Ein älterer, durch viele derartige Veranstaltungen gestählter HCG-Haudegen nahm’s mit großer Gelassenheit: „So ist es halt bei Ordensfesten. Da habe ich schon weitaus zähere erlebt.“
Imposant wie immer bei der HCG war die Eröffnung: Der Fanfarenzug der Rennstadt marschierte mit klingendem Spiel in den großen Saal ein, dahinter die HCG-Streitmacht. Durchs letztlich über fünfstündige Programm führte gewohnt souverän das Moderatoren-Duo Präsidentin Gabi Biefel und Vorsitzende Sabine Kern. Sie begrüßten vor allem die Vertreter von gut drei Dutzend befreundeter Karnevalsvereinen aus der Region, die - falls vorhanden - mit ihren Lieblichkeiten und Prinzenpaaren der Einladung gefolgt waren.
Strahlende Lieblichkeit
Anlässlich der Inthronisierung zog die HCG vom gewohnten Ort des Ordensfestes, der Südtribüne des Rings, in die gute Stube Hockenheims um. Die Bühne war dem Anlass entsprechend geschmückt, der Thron für die neue Prinzessin stand bereit. Strahlend nahm Pauline I. vom funkelnden Schwan in ihrem prächtigen roten Kleid das Zepter von ihrer Vorgängerin Melanie Vogel entgegen und war damit eine „vollständige“ Tollität. In ihrer Regierungserklärung teilte sie gleich mal mit, dass sich in der fünften Jahreszeit alle Närrinnen und Narren auf Feiern und Spaß einzustellen haben. Jeglicher ernster Gedanke wird mit Alkohol nicht unter einem Liter bestraft. Des Weiteren sind unter anderem auf dem Heimweg alle Laternen und Bäume zu umarmen und ihnen eine rot-weiße Schleife (Vereinsfarben der HCG) umzubinden. Schleifen lagen auf den Tischen schon mal bereit. Der Fanfarenzug hat stets dafür zu sorgen, dass ihr Glas gefüllt ist und um sie zu ehren, eine rote Feder am Hut zu tragen. Die Landsknechte ließen sich nicht bitten, der flüssige Nachschub rollte auf die Bühne.
Für eine tolle Einlage und Augenweide sorgte ein großes Ensemble der Hockenheimer Ballettschule Janyska, das in Anlehnung an den Namenszusatz von Pauline I. Auszüge aus „Schwanensee“ tanzte.
Für Schwung im Saal sorgte die Tanzsportabteilung der HCG. Die Tanzmariechen Ezgi Yüksel (die Fünfjährige feierte Premiere), Katrin Kunz und Lucienne Glas wirbelten ebenso über die Bühne wie die Garden (Purzel, Jugend, Junioren und Aktive) mit ihren Marsch- und Schautänzen.
Hockenheimer Meilensteine
Höhepunkt der tänzerischen Darbietungen war der aufwendige Jubiläumstanz, den die Junioren- und die Aktivengarde boten. Sie unternahmen eine Zeitreise. Nach dem Lied vom Hockenheimer Wasserturm, live gesungen von Melanie Vogel, wurden Meilensteine in der jüngeren Hockenheimer Stadtgeschichte – Hockenheimring, neben Motorsport auch große Open Airs, Freibad/Aquadrom, Landesgartenschau 1991 und Stadthalle (Kulturleben) kreativ umgesetzt.
Der frenetische Applaus des Publikums zeigte, dass sich die großen Mühen und der Zeitaufwand des Trainer- und Betreuerteams beim Kreieren des Tanzes von der Musik bis zu den Kostümen gelohnt haben.
Der Tanz mit seinen verbalen Erklärungen zur Geschichte (gesprochen von Bernhard Sommer) ist nicht nur ein Beitrag zu vereinseigenen Veranstaltungen, sondern auch zum 1250. Stadtjubiläum im nächsten Jahr. Wer den Tanz live erleben möchte, hat dazu bei der HCG-Prunksitzung am Samstag, 23. Februar 2019, in der Stadthalle Gelegenheit.
Wie es der Name der Veranstaltung zum Ausdruck bringt, ging es am Samstag um den Austausch von Orden. Das HCG-Prunkstück verweist auf gleich drei Jubiläen: 65 Jahre HCG, 1250 Jahre Hockenheim und 60. Hockenheimer Fastnachtszug.
Stimmung ist Trumpf
Die HCG hatte auch für externe Programmbeiträge gesorgt – und dies auf hohem Niveau. Für Stimmungsmusik sorgte die schwäbischen „Besenbatscher“ in ihren Krachledernen. Büttenredner Werner Renkes aus Gonsenheim hatte als Kantinenwirt Antonio vom Bundestag allerlei Spitzen über die Politik in Berlin und anderswo im Gepäck. Zielscheiben des aus der Mainzer Fasnacht bekannte Karnevalisten waren unter anderem die SPD, Seehofer, die Kandidaten für die Merkel-Nachfolge und die AfD. Die Bütt bediente die Freunde der klassischen Fasnacht.
Auf die Schlussnummer Tobbmaster Fitsch and the fabulous Fernando Horns mussten die Gäste lange warten. Die sieben Musiker aus dem Bruhrain mischten in ihren knallfarbenen Anzügen die Besucher, die es bis dahin ausgehalten hatten, im sich zunehmend leerenden Saal nochmals kräftig auf. Das Septett ließ es ordentlich krachen und setzte den Schlusspunkt des Ordensfestes.
Die neue Prinzessin
Pauline Paschke zog im Jahr 2000 mit ihrer Familie von Heidelberg nach Hockenheim. Noch im gleichen Jahr trat sie nach einem Schnuppertraining in die Garde der HCG ein.
Ihre Tanzkarriere begann die heute 26-Jährige in der Jugendgarde, stieg dann zu den Junioren auf und tanzte bis vor kurzem in der Aktivengarde. Zum 55-jährigen Bestehen der HCG bildete sie zusammen mit Patrick Wünsche ein Tanzpaar, das bis 2014 aktiv war.
Pauline Paschke absolvierte eine Ausbildung zur Industriemechanikerin und bildet sich derzeit fort. Neben dem Tanzen hat sie eine weitere Leidenschaft: ihren Hund.
Ihr Prinzessinnen-Name Pauline I. vom funkelnden Schwan ist auf Ahnen der Lieblichkeit zurückzuführen, die Swarovski hießen. hs
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