Tag der Katze (mit Fotostrecke)

So läuft die Arbeit in der Katzenstation in Schwetzingen ab

Der Tierschutzverein will nach dem dramatischem Anwachsen der Katzenpopulation im Hockenheimer Industriegebiet mit Kastration für eine Lösung sorgen. Wir haben bei in der Katzenstation mitgeholfen.

Von 
Henrik Feth
Lesedauer: 
Bei der Arbeit darf auch das Streicheln der Kätzchen nicht zu kurz kommen. Volontär Henrik Feth übernimmt das gerne bei seinem Besuch. © Schwierz

Hockenheim/Schwetzingen. Es ist Freitagmorgen, 9 Uhr und ich betrete gemeinsam mit meiner Kollegin einen langgezogenen Hinterhof an der Stadtgrenze von Schwetzingen. Das Erste, was ins Auge fällt, sind die drei eingezäunten Bereiche zu unserer Linken. In einem davon ist ein etwas korpulentes, mit getigertem Fell bedecktes Tier zu erkennen, das in aller Seelenruhe auf einer Decke vor sich hin schlummert und nicht im Geringsten an unserer Ankunft interessiert ist. Es handelt sich um einen alten Kater, der seinen Lebensabend an unserem Zielort, der Katzenstation des Tierschutzvereins Schwetzingen, verbringt.

Wir betreten das angeschlossene Gebäude und werden von Barbara Schwalbe begrüßt, die sich als Leiterin der Station um die heimatlosen Fellnasen kümmert. Sofort erweckt der Ort gegensätzliche Gefühle: Freude und Trauer, Hoffnungslosigkeit und Zuversicht. Doch eines dominiert: die leidenschaftliche Liebe, mit der Schwalbe nun schon seit 27 Jahren verstoßene Katzen in der Region betreut.

Der Tag hat für die 70-Jährige bereits früher begonnen, die tägliche Routine ist schon abgearbeitet. Die Domizile sind ausgefegt und deren Bewohner haben ihr Frühstück bekommen und gehen ihrer Lieblingstätigkeit nach: schlafen.

Tag der Katze

Katzenstation Schwetzingen: So läuft die Arbeit ab

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
12
Mehr erfahren

Da der Tierschutzverein Schwetzingen auch für Hockenheim und Umgebung zuständig ist, schildert mir Schwalbe die dort herrschende Problematik: „Im Bereich Talhaus ist es momentan extrem. Die wilden Katzen vermehren sich ohne Unterlass und die Situation wird immer schwerer zu kontrollieren. Ein Wurf folgt dem nächsten“. Der Verein versorgt die Freiläufer aktuell mit zwei Futterstationen, die von ehrenamtlichen Helfern betreut werden. Doch auf Dauer müsse eine andere Lösung her, sagt Schwalbe voller Sorge.

Eingreifen nötig

Die vierbeinigen Charakterköpfe sollen mit Fallen eingefangen werden, um eine dringend benötigte veterinärmedizinische Versorgung samt Kastration durchzuführen. „Damit fangen wir dann hoffentlich im Spätsommer an, der Populationszuwachs im Talhaus muss dringend unterbunden werden“, blickt die Leiterin auf das zukünftige Vorhaben. Im Fokus stehen hierbei vor allem die Kater, die durchgehend am Decken sind und so eine unkontrollierbare Vermehrung auslösen.

Nachdem ich mir einen Überblick verschafft, habe wird es Zeit, die Katzen kennenzulernen. Insgesamt elf Kitten bewohnen momentan die Räumlichkeiten des Vereins. Die Kleinen, die nicht älter als drei Monate sind, benötigen besondere Pflege und Aufmerksamkeit. Im hintersten Raum sind acht davon untergebracht: Die vier Mädchen und vier Buben sind erst vor kurzer Zeit eingefangen worden und noch etwas scheu, entzücken aber mit ihrer tapsigen Art.

Die Katzen entspannen auf dem Kratzbaum. Beim Tierschutzverein können sie in Sicherheit aufwachsen, doch eine dauerhafte Unterkunft will er nicht sein. © Schwierz

Da gibt es schon mal ein kurzes Fauchen, doch den zukünftigen Mäusefängern kann ich nicht böse sein. Mit ihren treublickenden, etwas skeptischen, goldenen Augen gewinnen sie schnell die Herzen von meiner Kollegin und mir. Die Kleinen suchen ein festes Zuhause und sind in Zweiergruppen bereit zum Auszug, ob im Freigang oder als Stubenkater. „Das Umfeld muss stimmen, wir kontrollieren alles genau, um sicherzustellen, dass die Kleinen eine schöne und langfristige Heimat finden“, erklärt Schwalbe zum Ablauf einer Vermittlung.

Zurückhaltung ist schnell dahin

Die anfängliche Zurückhaltung ist bald dahin und nach ein paar Schmuseeinheiten, viel Geschnurre, Gemaunze und sogar einer Runde toben gehe ich zum eigentlichen Grund meines Besuchs über. Ich unterstütze das Team der Katzenstation bei den täglichen Arbeiten. Beim Säubern der Katzentoiletten bin ich überrascht: Die Knirpse können schon Häufchen machen wie die Großen.

Wer könnte diesen großen Augen widerstehen: Die Kitten schauen trotzdem etwas skeptisch aus ihrem Versteck in einer Box. © Schwierz

Für die süßen Wonneproppen stehen die Chancen recht gut, dass die aktuelle Unterbringung nur von kurzer Dauer ist. Bei meinem Gang durch die Station lerne ich jedoch auch einige der „Langzeitgäste“ kennen: ältere Katzen, die schon seit geraumer Zeit kein Glück mit einer Vermittlung haben und praktisch zum Inventar der Einrichtung gehören. Von Arthrose und einem harten Leben auf der Straße geplagt, genießen die Senioren trotzdem die Liebe der Pflegerinnen.

„Shady“ aus dem Keller gerettet

Diese benötigt der gerade erst angekommene Kater „Shady“ dringlich, denn seine Geschichte vermittelt die Tragik, die den ehrenamtlichen Helfern täglich begegnet. Der schon 14 Jahre alte Kater wurde von seinem Herrchen förmlich „rausgeschmissen“. Dessen neue Partnerin kam mit dem vierbeinigen Senior nicht klar, sodass er kurzerhand in den Keller gesperrt und schließlich zum Tierschutzverein gebracht wurde. Und so sitzt „Shady“ nun versteckt im Eck und versteht die Welt nicht mehr. Das nächste Gefühl übermannt mich: Zorn. Zu was sind manche Menschen nur imstande?

Doch das Gute ist nie fern, wie mir das Engagement von Barbara Schwalbe und ihrem Team zeigt. In Hockenheim hat sie mit Anja Hecker seit zwei Jahren eine Helferin, die ihr bei den Katzen in der Rennstadt kräftig unter die Arme greift: „Anja ist Gold wert, sie kümmert sich zu jeder Tages- und Nachtzeit um Fundtiere, liest Chips aus und sorgt für die Futterplätze im Talhaus“.

Seit Schwalbe den Tierschutzverein vor 27 Jahren mitgegründet hat, hat sie schon einiges erlebt und nennt ein Beispiel: „Nach dem Umzug der Containerunterkunft im Hockenheimer Hofweg wurden einige Katzen einfach zurückgelassen. Das kommt erschwerend zu der Situation im Talhaus hinzu. Wir suchen dringend Helfer für die Futterstationen. Es ist wirklich sehr schwierig in diesem Jahr.“

Treue Spender sorgen für Futter

Treue Hilfe erhält der Verein immerhin von langjährigen Spendern, die dafür sorgen, dass es den Fellnasen nie am Nötigsten fehlt. So kommen beispielsweise ab und zu ganze Paletten mit Katzenstreu von der „Pfotentafel“ und Futter von diversen Spendenboxen aus der Umgebung. Auch der Verband und private Tierfreunde greifen den Ehrenamtlichen unter die Arme.

Elf Kitten bewohnen momentan die Räumlichkeiten des Vereins. Die Welt jenseits der Gitter sollen sie bei fürsorglichen Besitzern kennenlernen. © Schwierz

Trotzdem fällt sehr viel Arbeit an und ich habe nur einen Teil davon gesehen. Freigehege und Katzentoiletten säubern sind das tägliche Brot der Helfer. Neuaufnahmen, Tierarztbesuche oder das oben erwähnte Einfangen von Wildkatzen zur Kastration erfordert nicht nur Zeit, sondern auch Personal.

Zwei Millionen Straßenkatzen

Ein Problem, mit dem die meisten Vereine zu kämpfen haben, schließlich gibt es laut Tierschutzbund bundesweit inzwischen geschätzte zwei Millionen Straßenkatzen, deren Leid zum Großteil durch nicht kastrierte Freigängerkater menschengemacht ist. Dass mit der Anschaffung eines Haustieres eine enorme Verantwortung mit einhergeht, ist vielen Besitzern entweder nicht bewusst oder einfach egal.

Bei der abschließenden Schmuserunde komme ich zu einem Fazit: Diese Tiere, die so viel Empathie und Liebe schenken können, haben es verdient, das Gleiche in einem dauerhaften Zuhause voller Geborgenheit zu erhalten. Der Arbeit des Vereins in Schwetzingen, Hockenheim und anderen umliegenden Gemeinden kann nicht genug Wertschätzung entgegengebracht werden. Und das nicht nur am Tag der Katze.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

Copyright © 2025 Hockenheimer Tageszeitung