Hockenheim/Ketsch. Wenn Dr. Thomas Soballa auf sein Fahrrad steigt, ist er glücklich, ist für sich, entspannt und genießt die Zeit, in der er nicht nur die Region sondern auch viele Ecken Deutschlands mit dem Fahrrad entdeckt. Mit 50 Jahren hat der 56-Jährige, der in Ketsch lebt und in Hockenheim arbeitet, eine Löffelliste erstellt (100 Dinge die man erlebt haben will, bevor man stirbt, Anm. d. Red.). So ist er mit seinem Fahrrad innerhalb von drei Tagen nach Zürich zu einem Freund gefahren und hat seine Kinder an ihren Studienorten besucht – zu Fuß.
Sohn und Tochter hat es nach Augsburg, beziehungsweise Trier verschlagen ein Grund für den Allgemeinmediziner sich auf den Weg zu machen. Drei Tage brauchte er, bis er in Trier ankam, nach Augsburg waren es fünf Tage. Wenn Soballa von diesen Erfahrungen erzählt, lächelt er, wirkt zufrieden und stolz.
Am Sonntag, 16. August, startet er seine neueste Herausforderung – von Flensburg geht es knapp 1100 Kilometer innerhalb von einer Woche in den Süden Deutschlands – bis nach Weil am Rhein. Einmal quer durch den Westen Deutschlands. Eine Tour, die bereits für den Juni geplant war, die wegen eines schweren Skiunfalls ausfallen musste. Doch Soballa kämpfte sich zurück auf das Fahrrad, gab nicht so einfach auf.
Drei Schrauben im Körper
Anfang März war der 56-Jährige mit seiner Frau im Kleinwalsertal Ski fahren. Freitags, zwei Tage vor der Heimreise, rutschten ihm auf einer Eisplatte die Skier weg, er stürzte, landete auf der Hüfte. „Ich dachte sofort, da muss ich mir aber extrem was gezerrt haben“, erzählt der Arzt von den ersten Momenten. Er stand auf, hatte zwar Schmerzen und humpelte, aber es ging. Er machte einen MRT-Termin für den Montag, da war er wieder in der Heimat. Noch am selben Tag ging es Soballa aber immer schlechter, er bekam Probleme mit dem Kreislauf, „die ich sonst nie habe“. Das Paar fuhr nach Oberstdorf, Soballa wurde geröntgt – Diagnose Schenkelhalsfraktur. „Obwohl ich Arzt bin, hätte ich nicht gedacht, dass was gebrochen ist“, sagt Soballa, der noch allein in den Röntgenraum lief – hinaus wurde er auf einem Bett liegend geschoben. Er lacht, als er das erzählt. Am Freitagabend wurde der Arzt operiert, bekam drei Schrauben eingesetzt, entließ sich gegen ärztlichen Rat bereits am Sonntag und fuhr mit seiner Frau zurück in die Heimat. Zu Beginn war sein Bein kaum beweglich, er machte viele Liegestütze, um den Rest seines Körpers fit zu halten. „Ich habe meine eigene Reha gemacht. Ich war nie bei einer Physio“, sagt der Arzt, der auch Sportmediziner ist und weiß, was er wie tun muss.
Doch dieser Bruch, der für Soballa der erste seines Lebens war, hatte auch etwas Gutes, wie er im Gespräch berichtet. Er könne sich nun besser in seine Patienten hineinversetzten und sie motivieren. Denn es sei nicht nur mit zweimal die Woche Physiotherapie getan – „man muss auch selbst etwas tun“.
Im Mai zurück ins Training
Für Soballa hieß es bis Mitte Mai nicht belasten, arbeiten ging er trotzdem Ende März wieder – mit Gehhilfen. Doch das Training, um für die Tour fit zu sein, fiel aus. Das Ziel, Ende Juni loszufahren, wurde zwei Monate nach hinten verschoben. Im Mai stieg der 56-Jährige dann wieder auf sein Fahrrad, genoss die kleinen Touren, die er machte. „Rad fahren war viel besser als laufen. Die filigrane Haltungsmuskulatur am Becken war weg, die bekommt man auch nichts so schnell wieder“, erklärt der Arzt, dass man beim Radfahren die dicken Muskeln in den Beinen braucht und die Haltungsmuskulatur auf dem Rad keine Rolle spiele.
Und so startet Soballa am Wochenende in das Abenteuer, das einen guten Zweck verfolgt. Mit Rennrad und Gepäck geht es am Samstag, 15. August, mit dem Zug nach Flensburg. Am Sonntag, 16. August, steigt er auf sein Fahrrad und beginnt mit der ersten Etappe – von Flensburg nach Stade.
Etwa 170 Kilometer muss er täglich bewältigen, um die Strecke von Flensburg über Stade, Cloppenburg, Dortmund, Koblenz, Hockenheim und Freiburg nach Weil am Rhein in der vorgegeben Zeit zu schaffen. Dabei gilt es insgesamt rund 4000 Höhenmeter zu bewältigen. Die genaue Route hat der 56-Jährige mit der Routenplaner und Navigations-App „Komoot“ geplant. Ein kleiner Fahrradcomputer, der am Lenker angebracht wird, lotst ihn damit über die Strecke von Nord- nach Süddeutschland. „In vielen Trainingsfahrten habe ich dieses Konzept schon ausprobiert und es funktionierte bisher sehr gut“, zeigt sich Soballa überzeugt, dass auch bei seiner Spendenfahrt alles gut funktionieren sollte.
Wegen Covid-19 fehlt Geld
Doch Dr. Thomas Soballa macht die fast 1100 Kilometer lange Tour durch Deutschland nicht, um sich selbst etwas zu beweisen, sondern um Spenden zu sammeln – gibt aber auch zu, dass „der sportliche Aspekt natürlich auch eine Rolle spielt“. Für jeden gefahrenen Kilometer geht 1 Euro an das Endulen Hospital in Tansania. Aufgrund von Covid-19 fehlen monatlich 15 000 Euro für Patientenessen, Medikamente und Gehälter. Das Krankenhaus liegt im Norden Tansanias in der Ngorongoro Conservation Area und ist für die Versorgung von über 90 000 Menschen im entlegenen Massai-Steppenland zuständig. „Die Regierung interessiert sich nicht für die Massai, die dort leben, sie wollen dort Tiere, damit die Touristen diese sehen können“, erklärt Soballa, dass er und seine Frau Mitglied im Verein Endulen sind, der Entwicklungshilfe in Tansania betreibt.
So wenig Gepäck wie möglich, nimmt Soballa auf seine Tour durch den Westen Deutschlands mit. Die Kleidung wäscht er abends im Hotel, die Wasserflasche wird an Tankstellen während der Etappen gefüllt, Essen hat er nicht dabei. Wegen der Corona-Krise hat er die Hotels in den Städten bereits gebucht. „Ohne Corona hätte ich das nicht gemacht. Zusätzlich musste ich ja auch abklären, ob es die Möglichkeit gibt, mein Fahrrad unterzustellen“, erklärt er, dass er in diesen Zeiten lieber auf Nummer sicher geht.
Die Route durch Westdeutschland hat der Arzt deshalb gewählt, da er so die Mittelgebirge umgehen kann. „Ich war mir unsicher, ob ich das nach der Verletzung schaffen würde. Ursprünglich wollte ich eigentlich gerade runterfahren“, erklärt Dr. Thomas Soballa, dass er durch den Bruch großen Trainingsrückstand hatte – aber unterkriegen ließ sich der 56-Jährige nicht und zeigt den Menschen, dass Motivation, Ehrgeiz und ein Ziel vor Augen haben, einen aufbauen und voranbringen kann.
Info: Unter www.betterplace.org/f35548 gibt es mehr Informationen zum Projekt und die Möglichkeit, zu spenden.
Zur Person: Dr. Thomas Soballa
Dr. Thomas Soballa ist 56 Jahre alt. Er wurde in Ludwigsburg geboren und ist dort aufgewachsen. Er lebt in Ketsch, arbeitet in Hockenheim.
Er ist mit Petra verheiratet und hat zwei Kinder, Philipp (25) und Paula (23).
Soballa studierte an der Universität Heidelberg Medizin und hat 1994/95 in den USA gearbeitet.
Für kurze Zeit war der Allgemeinmediziner selbstständig. 2001 ließ er sich als Arzt in den Synia Hausarztpraxen im Med-Center in Hockenheim nieder. Er ist außerdem spezialisiert auf Naturheilverfahren und Sportmedizin. vas
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim_artikel,-hockenheim-soballa-faehrt-fast-1100-kilometer-fuer-tansania-_arid,1674882.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/ketsch.html
[2] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim.html