Wohnen

Sozialer Wohnraum in Hockenheim: „Der Rohbau könnte schon stehen“

Von 
Matthias Mühleisen
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Auf dem Stadtwerke-Grundstück Hubäckerring/Max-Planck-Straße soll bezahlbarer Wohnraum durch einen Investor entstehen. Der Gemeinderat legt Kriterien für die Vergabe fest – das erfordert eine europaweite Ausschreibung, sagt die Stadt. © Lenhardt

Hockenheim. Wenn Siegfried Bleul in unserer Berichterstattung über das Thema sozialer Wohnraum liest, dass die Fraktionen eine zügige Umsetzung anmahnen, legt sich seine Stirn in Falten. Denn der Geschäftsführer der Bauträgerfirma Grund-Idee mit Sitz in Hockenheim und 30 Jahren Erfahrung in der Branche hat der Stadt bereits im August 2020 ein Angebot für die Errichtung von Mietwohnungen auf dem Grundstück an der Ecke Hubäckerring/Max-Planck-Straße gemacht und ist überzeugt, dass der Rohbau inzwischen stehen könnte.

Das Projekt hat allerdings mittlerweile eine andere Richtung eingeschlagen, die Siegfried Bleul nicht mitgehen kann und will. Weil der Gemeinderat die Vergabe des Grundstücks, das im Besitz der Stadtwerke ist, an eine Reihe von Kriterien knüpfen möchte, ist dessen anfechtungsfreie Veräußerung nur nach einer europaweiten Ausschreibung möglich, hat ihm die Stadtverwaltung mitgeteilt.

Zusatzgrundstück angeboten

Das bedeutet für Bleul allerdings, dass er umfangreiche Unterlagen einreichen müsste, deren Erstellung mit hohem Aufwand verbunden ist – finanziell und personell. Darüber hinaus dauert ihm das Verfahren zu lang. Denn der Bauträger hat in unmittelbarer Nähe des Standorts für den sozialen Wohnungsbau ein weiteres, knapp 1000 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem er seit geraumer Zeit ein Mehrfamilienhaus möchte.

Die Verbindung der beiden Objekte wäre aus seiner Sicht ein großer Vorteil für beide Seiten gewesen. Er hätte durch das größere Volumen günstiger bauen können und der Stadt für beide Gebäude das Belegungsrecht eingeräumt. So wären acht weitere Mietwohnungen für die Kommune verfügbar gewesen, die er in gleicher Art und Weise bauen wollte wie auf dem Stadtwerkeareal.

Dass das nur im Interesse der Verwaltung liegen kann, schließt Siegfried Bleul aus der Bedarfsberechnung der Stadt, nach der in Hockenheim bis 2035 weitere 500 Wohnungen benötigt werden (wir berichteten am 31. Dezember 2021). Den Vorschlag hat er am 30. November 2020 im Technischen Ausschuss vorgestellt. Dabei habe er das Angebot ausführlich erläutert, mit der Stadt eine verbindliche Vereinbarung zu treffen, alle neu entstehenden Wohnungen als bezahlbaren Wohnraum zur Miete anzubieten. Als Orientierung, was als vertretbares Mietzinsniveau betrachtet werden könnte, schlug er die Satzung der Stadt Hockenheim über die Höhe der zulässigen Miete für geförderte Wohnungen vom 30. Juli 2020 vor.

Auf die Vorstellung traf das Gremium allerdings keine Entscheidung. Auf Nachfrage erfuhr Bleul, dass das Bebauungsplanverfahren noch nicht abgeschlossen sei und gegebenenfalls der Verkauf des Grundstücks ausgeschrieben werden solle. Im Januar 2022 wandte sich der Unternehmer erneut an Oberbürgermeister Marcus Zeitler, erinnerte an die Vorteile seines Vorschlags und stellte einen unverzüglichen Baubeginn in Aussicht.

Der verwies auf die Rücksprache mit dem städtischen Anwalt, wonach die Vorgaben des Gemeinderats, die schärfer seien als die Vorschriften des Bebauungsplans, zwingend eine europaweite Ausschreibung erforderten. Auf Nachfrage unserer Zeitung nennt der OB beispielsweise Mietpreisbindung oder ein Mitspracherecht bei der Vergabe, die ins Leistungsverzeichnis einfließen müssten. Dafür sei eigens ein Gremium gebildet worden aus Vertretern von Fraktionen, Verwaltung und eines spezialisierten Planungsbüros, das die Kriterien festlegt.

OB mit Preisvorschlag d’accord

Marcus Zeitler sagt, er wäre gerne auf das Angebot Bleuls eingegangen, dessen Vorteile auf der Hand lägen und auch preislich den Vorstellungen der Stadt entsprochen hätte. Immerhin sei der Verkaufserlös von 800 000 Euro bereits im Stadtwerkehaushalt eingeplant gewesen. Er gibt zu bedenken, dass sich die Bodenrichtwerte auf 600 bis 700 Euro pro Quadratmeter zubewegten, da dürften die Auflagen nicht zu hoch werden, wenn die Stadt einen Investor finden wolle. Doch entscheidend sei, was der Gemeinderat festlegt.

Siegfried Bleul hat sich entschieden, die Angelegenheit nicht weiter- zuverfolgen und das benachbarte Grundstück in der Heinrich-von-Kleist-Straße unabhängig vom Projekt sozialer Wohnraum zu bebauen. Nur versteht er nicht ganz, dass einerseits Dringlichkeit signalisiert und andererseits noch immer über Kriterien diskutiert wird, die längst feststehen könnten.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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