Heimatgeschichte - Willi Keller hat Original-Festschrift zum Liedertafel-Jubiläum aus dem Jahr 1914 / Beitrag über Geschichte Hockenheims liefert neue Erkenntnisse

Stadt hatte um 1200 bereits einen Schenk

Von 
Hans Schuppel
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Historisches, vor allem über seine Heimatstadt Hockenheim, hat Willi Keller schon immer fasziniert. Er ist fast schon Dauergast in Bibliotheken und Archiven. Intensiv hat sich Keller mit Hockenheim und damit auch mit dem Lorscher Codex, in dem die Rennstadt 769 zum ersten Mal erwähnt wurde, beschäftigt. Jetzt präsentiert der Stadtrat einen neuen „Schatz“ in seiner Sammlung: eine originale Festschrift zum 40-jährigen Bestehen des Männergesangvereins Liedertafel aus dem Jahr 1914. Das Festbuch unter dem Motto „In Freud und Leid zum Lied bereit“ wurde zu der Jubiläumsveranstaltung mit „Gesangs-Wettstreit“ am 30. Mai, 1. und 2. Juni 1914 aufgelegt und kostete 50 Pfennige.

Doch wie kommt Keller zu dem Original-Exemplar des Festbuchs? „Ich habe es von einem Neulußheimer bekommen“, teilt Keller unserer Zeitung mit. Dieser sammelt alte Postkarten und hat die Festschrift in seinem Netzwerk angeboten bekommen. Der Neulußheimer wusste aus verschiedenen Veröffentlichungen, dass sich Keller intensiv der Heimatgeschichte widmet. Er nahm Kontakt mit ihm auf und Willi Keller ließ sich nicht zweimal bitten. Die Festschrift wanderte von Neulußheim nach Hockenheim.

Nachdrucke zu erwerben

Keller ließ 50 Exemplare nachdrucken. Wer sich für die Festschrift interessiert, kann den – übrigens sehr gelungenen – Nachdruck bei Willi Keller oder Jutta Riedel von der Liedertafel beziehen.

Für an der Heimatgeschichte Interessierte ist die Broschüre ein echtes Schmankerl. Nach Prolog und Fotos, unter anderem von Großherzog Friedrich II. von Baden, Hoheit Prinz Max von Baden, Bürgermeister Martin Schütz und des Vorsitzenden Johannes Keller folgt ein Beitrag zur Geschichte Hockenheims von Dr. Richard August Keller, mit dem Willie Keller übrigens nicht verwandt ist.

Der Autor liefert neue Erkenntnisse „von enormem inhaltlichen Wert“ über Hockenheims Geschichte, so Willi Keller. Diese würden die Ausführungen von Heimatforscher Ernst Brauch ergänzen: „Keller hat Dinge erwähnt, die bisher noch niemand beschrieben hat.“

Willi Keller weist besonders auf eine Passage über die Jahrhundertwende 1200 hin, aus der hervorgeht, dass Hockenheim bereits damals einen Schenk, so eine Art Bürgermeister oder Schultheiß hatte, der Verwaltungstätigkeiten übernahm.

Dr. Richard August Keller schreibt: „Es scheint, dass das ganze Mittelalter hindurch bis in die neueste Zeit Hockenheim ein kleines Dorf auf der rechten Seite der Kraich gewesen ist, dessen Bewohner, nicht gerade eben zahlreich, sich redlich mit Ackerbau beschäftigten. Von einem Reichtum der Einwohner kann kaum die Rede sein, wenn vielleicht auch einige Familien etwas mehr als das Mittel besaßen. So erfahren wir aus den Jahren 1198 und 1203 von einem Schenk von Hockenheim: Diese Schenke waren Leute, die in der politischen Verwaltung eine Beamtenstelle inne hatten und nach unseren heutigen Anschauungen zum niederen Adel gezählt würden. Hockenheim selbst war das ganze Mittelalter hindurch in einem bald engeren, bald loserem Abhängigkeitsverhältnis zu den benachbarten Rittern und Fürsten. Es ist möglich, dass es schon zu Ausgang des 11. Jahrhunderts dem Bischof von Speyer untertänig war, da der Sohn des Kraichgaugrafen Wolfram, Johannes I., der von Heinrich IV. zum Bischof von Speyer ernannt wurde, dem Bistum einen großen Teil seiner Besitzungen vermachte, worunter sich Hockenheim befunden haben soll. Sicher ist jedoch, dass im 13. Jahrhundert unsere Heimat unter speyerischer Oberhoheit war.“

Soweit die Ausführungen von Richard August Keller vor 104 Jahren. Sie ergänzen die bisherige Geschichtsschreibung über die Rennstadt, die im nächsten Jahr ihren 1250. Geburtstag feiert.

Die Liedertafel hatte im Jubiläumsjahr 1914 einen Männerchor mit 50 aktiven Sängern unter der musikalischen Leitung von Hauptlehrer Heugel und 111 passive Mitglieder. Heute hat die Liedertafel fünf Chöre: Männer-, Frauen-, CHORios, Teenie- und Kinderchor. Bei den Männern sind 40 Sänger aktiv, der Frauenchor umfasst 50 Sängerinnen. Passive Mitglieder gibt es 300.

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