Raummangel - Leerstehende Gaststätte könnte als Probe- und Auftrittsort dienen / Hoher Investitionsbedarf schreckt Stadt und Fraktionen ab / Onlinepetition läuft

„Stadtpark“ als Haus für Vereine zu kostspielig?

Von 
Matthias Mühleisen
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Seit Mitte April 2019 geschlossen: Die „Brauerei zum Stadtpark“ bietet räumlich gute Voraussetzungen für Vereine. © Lenhardt

Auf der einen Seite ein denkmalgeschütztes, geräumiges und leerstehendes Gebäude in bester Lage, auf der anderen Vereine, denen Probe-, Auftritts- und Aufbewahrungsmöglichkeiten fehlen. Da läge es doch nahe, die „Brauerei zum Stadtpark“ für eben diese Zwecke umzubauen und langfristig zu nutzen? Grundsätzlich widerspricht diesem Gedanken niemand – und doch scheint es aktuell sehr fraglich, ob die Wunschlösung vieler Ehrenämtler – für die es auch eine Onlinepetition gibt – umgesetzt werden kann. Denn sie ist teuer, und die Stadt steht vor enormen Aufgaben im Schul- und Kindergartenbereich.

Der Petitionsaufruf mit dem Titel „Umbau der Brauerei ‚Zum Stadtpark‘ in ein Vereinshaus“ kursiert seit Mitte Januar online. „Es gibt Pläne, die ehemalige Brauerei ‚Zum Stadtpark‘ in ein Haus für Vereine umzuwandeln, um die Raumnot zu bekämpfen und die Fläche für die Hockenheimer Bevölkerung zu erhalten“, heißt es im Erläuterungstext der Petition. Über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram teilten Bürger den Aufruf. Insgesamt 460 Unterschriften aus Hockenheim muss die Aktion zusammenbringen, um ihr Anliegen beim Gemeinderat einzureichen. Zum aktuellen Zeitpunkt sind es knapp 400 Unterschriften, 243 direkt aus Hockenheim.

„Einmalige Chance für uns“

Beteiligt sind die Vereine AGV Belcanto, Stadtkapelle, Fanfarenzug, MGV Eintracht, HCG, Faschingsfreunde, die Blasmusikkapelle „Hermann’s Musikanten“, das Hockenheimer Kammerorchester und die Tanzgruppe I Danzatori Palatini.

Initiatoren der Petition sind Dr. Ole Jakubik, Vorsitzender des Fanfarenzugs, und Gabriele Christ Vorsitzende der Stadtkapelle. „Es gibt in Hockenheim nicht viele Räume und der ehemalige ,Stadtpark’ ist eine einmalige Chance für uns“, sagt Gabriele Christ. Die Vereine könnten die Kosten für den Umbau der Brauerei nicht selbst tragen. Daher seien sie auf die Unterstützung der Stadt angewiesen. „Ich bin mir aber sicher, dass die Vereine hier unterstützen, wo sie können – sei es mit Benefizkonzerten oder Crowdfunding-Projekten. Möglichkeiten gibt es einige. Aber dafür müssen wir uns erst noch zusammensetzen und auch mit den Fraktionsvorsitzenden sprechen“, sagt Christ.

OB: Nutzung „räumlich denkbar“

„Die Vereine sind der Stadt und mir sehr wichtig. Die Nutzung der ,Brauerei zum Stadtpark’ für Vereine ist räumlich denkbar. Dieser Vorschlag könnte eine Lösung sein. Sie muss aber auch finanzierbar sein. Diesen Punkt müssen die möglichen Interessenten mit dem Eigentümer des ,Stadtparks’ klären, der nicht die Stadt ist“, teilt Oberbürgermeister Marcus Zeitler auf Anfrage unserer Zeitung mit. Das Gebäude gehört Fritz Rösch, CDU-Gemeinderat und OB-Stellvertreter. Rösch hatte nach der Aufgabe von Braumeister Jochen Oehler im vergangenen März erklärt, das Haus als Raum für die Vereine erhalten zu wollen.

Die Zukunft der gut 110 Jahre alten Gaststätte sei im Gemeinderat und in der Stadtverwaltung immer mal wieder Thema gewesen. Bisher habe sich für alle Betroffenen noch keine Lösung abgezeichnet, die vor allem finanziell umsetzbar ist. „Das wäre aber die Grundlage für ein intensiveres Engagement der Stadt bei der Immobilie. Daher kommt derzeit für mich kein Kauf und kein Mietvertrag in Betracht, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden“, stellt der OB klar und gibt sich zugleich offen.

Man befasse sich seit längerem mit der Frage eines Vereinshauses, antwortet CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Fuchs. Die Union könne sich sowohl den Stadtpark als auch die ehemalige Vereinsgaststätte des Schäferhundevereins im Mörsch, die mit der Auflösung des Vereins an die Stadt Hockenheim zurückgefallen sei, als Lösungsmöglichkeiten vorstellen. „Insgesamt ist es für uns auch eine Frage, wie wir es schaffen, die vielfältigen Vereinsinteressen ausgeglichen unter einen Hut zu bringen“, ergänzt Fuchs und bittet um die Zeit, die „benötigt wird, um konkrete Zahlen und Alternativen auszuarbeiten und eine Entscheidung vorzubereiten.“

Grüne: Unterlagen liefern

Die Grünen hatten im November 2019 im Zusammenhang mit der Erstellung des Gesamtstädtischen Entwicklungskonzepts (GEK) beantragt, die Nutzung des Gaststättengebäudes für Vereine zu prüfen. Adolf Härdle sieht Besitzer Fritz Rösch in der Verantwortung, die noch fehlenden Unterlagen (Statik und Nutzungs- und Raumkonzept) zu liefern, um eine seriöse endgültigen Bewertung der Machbarkeit zu ermöglichen. Der Umbau müsse „zu vertretbaren Kosten“ möglich sein. Ein Kauf des Gebäudes durch die Stadt sei für die Grünen-Fraktion nicht verantwortbar. Das Thema Schaffung von Vereinsräumen solle in großer Runde zwischen Vereinen und Fraktionen besprochen werden, schlagen die Grünen vor.

FWV: Vereine sollen verhandeln

Der „Stadtpark“ sei ein schönes, denkmalgeschütztes Gebäude, das sicherlich erhaltungswürdig sei und sich mit seiner zentralen Lage und seinen Räumen für eine Vereinsnutzung an, bekräftigt Gabi Horn im Namen der Freien Wähler. Allerdings müsse es für einen mittleren einstelligen Millionenbetrag saniert werden. „Weder diese Kosten noch eine entsprechend hohe Miete lässt der städtische Haushalt zu. Wir sehen zurzeit die Prioritäten bei zu finanzierenden Objekten wie Kindergärten und Schulen“, schränkt die FWV-Fraktionsvorsitzende ein.

Sie empfiehlt, dass die Vereine mit dem Eigentümer direkt über eine Nutzung verhandeln. Nur wenn der Stadt das Gebäude zum Kauf angeboten würde, habe der Gemeinderat aus ihrer Sicht in dieser Angelegenheit zu entscheiden.

Unbestreitbar gebe es Engpässe für die Vereine, allerdings habe die Stadt noch weit größere Probleme zu lösen, wie Sanierung oder Neubauten der Schulgebäude, Neubau von Kindergärten, Sanierung zahlreicher Straßen oder Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, antworten Ingrid von Trümbach-Zofka und Marina Nottbohm für die SPD auf unsere Anfrage. Ein Ankauf des „Stadtparks“ und anschließender Umbau des Hauses würde Kosten in Millionenhöhe verursachen und werde von der SPD-Fraktion sehr kritisch gesehen. Die Zustimmung zu einem langfristigen Nutzungsvertrag mit dem Eigentümer hänge vom Konzept des Eigentürmers und von den Kosten für die Stadt ab.

„Wir sind sehr verwundert, dass diese Diskussion gerade jetzt in der Öffentlichkeit ausgetragen wird“, macht Frank Köcher-Hohn für die FDP deutlich. Die zuständigen Ausschüsse würden sich mit dem Thema auseinandersetzen. „Man muss klar sagen, dass die Stadt erst ihre Pflichtaufgaben erfüllen muss“, ergänzt er und nennt bei aller Wertschätzung für die Arbeit der Vereine als Priorität die „maroden Schulen“ und die Infrastruktur.

Info: Die Petition läuft noch drei Wochen unter www.openpetition.de.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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