Gemeinderat

Straßenschäden in Hockenheim: Kaiserstraße ist am marodesten

Gefühlt hatten es die Hockenheimer schon lange, nun hat der Algorithmus das Gefühl zur Gewissheit erhoben: Die Kaiserstraße hat eine Sanierung am dringendsten nötig.

Von 
Matthias Mühleisen
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Die Kaiserstraße hat in Hockenheim eine Sanierung am dringendsten nötig. © Lenhardt

Hockenheim. Gefühlt hatten es die Hockenheimer schon lange, nun hat der Algorithmus das Gefühl zur Gewissheit erhoben: Die Kaiserstraße hat eine Sanierung am dringendsten nötig. Die reichlich marode Verbindung zwischen Lussheimer Straße und Unterer Hauptstraße diente in der Sitzung des Gemeinderats als illustres Beispiel für die Zusammenarbeit der Stadtverwaltung mit der Stuttgarter Firma Vialytics. Das Start-up-Unternehmen ist mit der digitalen Erfassung des baulichen Zustandes von Straßen, Rad-, Feld- und Wirtschaftswegen beauftragt, und Stefan Götze zeigte mit einer Präsentation, wie das funktioniert.

Das Land Baden-Württemberg hat der Stadt 250 000 Euro aus dem Förderprogramm „InKoMo 4.0“ zur Verfügung gestellt, vor gut zwei Jahren präsentierte Oberbürgermeister Marcus Zeitler mit Firmenvertretern die Vorgehensweise, die die Stadt mit möglichst objektiven Daten zum Zustand ihrer Straßen versorgen soll. Schließlich ist die Verwaltung für die Verkehrssicherheit der öffentlichen Verkehrsflächen verantwortlich – und für deren Gewährleistung steht nur ein begrenztes Budget zur Verfügung.

Das beschränkt sich nicht nur auf die Straßen im Stadtgebiet, betonte der OB: „Mittlerweile geht es auch an Radwege, Feld- und Wirtschaftswege, wir arbeiten an der Digitalisierung von Straßenschildern – und das Ganze auch datenschutzkonform.“

Straßenschäden in Hockenheim: Mit weniger Aufwand zu Sicherheit

„Mit weniger Aufwand zu sicheren Straßen“ – das soll das Programm ermöglichen, eröffnete Stefan Götze seinen Vortrag. Automatisch und objektiv werde deren Zustand erfasst, während die städtischen Fahrzeuge in ihrem regulären Einsatz sind, etwa zur Straßenreinigung. Nötig sei dafür nur ein Smartphone, das an der Windschutzscheibe befestigt wird, und die Vialytics-App.

Steht auf der Prioritätenliste für die Sanierung ganz oben: Der schlechte Zustand der Kaiserstraße ist im Gemeinderat schon häufig angesprochen worden. © Lenhardt

Alle vier Meter wird ein Bild aufgenommen von der Straße, das das Programm nach 16 Kategorien analysiert, erklärte Götze. Die Schäden werden sowohl aufgezeichnet als auch bewertet. Personenbezogene Daten werden sofort anonymisiert, betonte er. Das Programm ermögliche auch eine digitale Streckenkontrolle: Mittels eines Lenkradknopfs können während einer Fahrt georeferenziert Markierungen gesetzt werden von Stellen und Objekten, an denen die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist, sei es durch eine Hecke oder Baum, die zu weit in den Verkehrsraum hineingewachsen sind, oder durch ein nicht mehr gut erkennbares Schild. „Das funktioniert auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß“, bemerkte Götze.

Die Zahl der Partnerkommunen sei inzwischen auf fast 250 gestiegen, überwiegend in Baden-Württemberg. Zehn Prozent der Städte und Gemeinden im Land kooperieren mit dem Unternehmen, Hockenheim sei eine der ersten gewesen.

Die Auswertung lässt sich in Noten und grafisch in Farben darstellen: Je nach Zustand erhalten die Straßen Farben, wobei die besten in Grün und die schlechtesten in Rot erscheinen. „So sehen Sie sofort auf einen Blick und objektiv vergleichbar, wie sich die Straßenzustände zueinander verhalten. Jeder Punkt auf der Karte markiert einen Vier-Meter-Abschnitt mit einer bestimmten Note. Die Durchschnittsnote des befahrenen Streckennetzes liegt laut Götze in Hockenheim bei 2,56.

Straßenschäden in Hockenheim: Mittel zur Diskussionsvermeidung

Viel interessanter als der Durchschnitt sei aber die Betrachtung der schlechten Straßen. Mit dem Programm lassen sie sich in der Darstellung herausfiltern, demonstrierte Stefan Götze. Darüber hinaus erlaube es die Darstellung der Entwicklung des Zustands, indem die Aufnahmen aus verschiedenen Jahren verglichen werden. So sah der Gemeinderat, wie sich die Straße Hinter den Bergen binnen eines Jahres verschlechtert hat.

Die Software mache auch Sanierungsvorschläge: Sie zeige Abschnitte auf, in denen sich bestimmte Methoden anbieten, zum Beispiel Nahtverguss. So könnten Aufträge gebündelt werden. An der sichtbaren Oberfläche machen Schäden aber nicht halt: „Unter der Straße ist noch viel mehr los: Kanäle, Rohre, Verkabelungen, Glasfaser.“ Ein ganzheitlicher Blick sei nur durch die Kombination mit Kanalbefahrungen oder Brückenkontrollen möglich. Diese Daten seien in die Vialytics-Daten integrierbar.

Für Oberbürgermeister Marcus Zeitler ist die Technologie vor allem ein Mittel zur Vermeidung langer Diskussionen: „Der Algorithmus lügt nicht“, ist sein Credo, die Prioritätenliste, die sich aus der umfassenden Datenauswertung ergibt, könne als objektiv betrachtet werden. Wenn Untersuchungen sowohl Straßenoberfläche als auch Kanal einen schlechten Zustand bescheinigen, rücke die betroffene Straße ganz nach oben. Das sei auch den Bürgern klarer und transparenter zu vermitteln in Zeiten knapper Mittel. Nach Götzes Schätzungen gibt es bereits weit über 100 000 Bilder im Bestand.

So werden Mittel für die Kaiserstraße im Haushalt 2023 aufgenommen. Laut Christian Engel vom Fachbereich Bauen und Wohnen zahlt die Stadt 25 000 Euro für die Laufzeit von drei Jahren für die Nutzung der Software, deren Fehlerquote „verschwindend gering“ sei.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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