Hockenheim. Im Grunde genommen sei dieses das eigentlich wichtigste Thema, mit dem sich der Gemeinderat in naher Zukunft zu beschäftigen hätte – wäre da nicht die finanzielle Frage, ist FWV-Fraktionsvorsitzende Gabi Horn überzeugt.
„Die Erneuerung der Realschule ist ein Thema, das wir immer wieder in die Zukunft verschieben, weil es anderen Vorhaben immer wieder weichen muss. Es geht um die Bildung unseres Nachwuchses – die muss auch zukünftig für uns höchste Priorität haben. Unsere Kinder mussten die schwierige Corona-Zeit mit Schulschließungen, Kontaktverboten und Isolation ertragen und haben darunter gelitten“, so Horn.
Die Realschule sei eine wichtige Schulart „und es ist unsere Aufgabe, sie anzubieten. Eine große Kreisstadt wie Hockenheim muss alle Schularten haben“, sagt Horn.
Freie Wähler Vereinigung Hockenheim: Kosten sind so nicht leistbar
Ursprünglich sei es die Idee der FWV gewesen – noch und zusammen mit Herrn OB Dieter Gummer – eine Gesamtschule aus der Realschule zu entwickeln. „Aber dieses Vorhaben scheiterte am Lehrerkollegium, auch an den baulichen Voraussetzungen, die für diese neue Schulart nicht gegeben waren. Ein Umbau und Neubau wäre Voraussetzung gewesen, war aber auch damals schon aus finanziellen Gesichtspunkten nicht möglich“, sagt Gabi Horn.
Mittlerweile sei die Realschule zum einen Realschule geblieben, aber sie habe auch Werkrealschüler aufgenommen. Es befänden sich eigentlich drei Gruppen Kinder in der Schule – Realschüler, Werkrealschüler und Schüler mit Potenzial für eine weiterführende Schule, sprich Gymnasium. Der Schulraum für eine gute und sinnvolle Unterrichtung ist aus Sicht der FWV nicht ausreichend, deshalb wurden im Schulhof Container gestellt. Das sei aber auch kein Dauerzustand.
„Wir haben dieses Thema einer Weiterentwicklung der Theodor-Heuss-Realschule schon häufig diskutiert, aber wir wissen nicht, wie es generell künftig weitergeht mit der Wirtschaft, was für uns als Kommune noch alles an Aufgaben zukommt, die das Land oder der Bund uns zuweisen und für die wir auch finanziell in der Regel aufzukommen haben – oft nach einer Anschubfinanzierung am Ende für Alles“, so Horn.
Wobei wir beim Thema „Belastung der Kommunen“ wären. Es stünden Ganztagesbetreuung, Flüchtlingsunterbringung und Integrationsmanagement sowie verkehrspolitische Fragen auf der Agenda. Wie allerdings die Umsetzung aussehe in Sachen Fachpersonal und räumliche Voraussetzungen, bleibe den Kommunen überlassen.
Gerne hätten die Freien Wähler lieber heute als morgen einen Neubau oder Umbau der Realschule, „aber zunächst können wir nicht an die Umsetzung denken, weshalb wir Renovierungen und Verbesserungen im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten vornehmen. Ich denke, ich kann behaupten, dass wir alles tun, was in unserer Macht steht, um ein gutes Unterrichten zu ermöglichen“, so Horn. Das Fachklassengebäude werde in seiner Nutzung ganz der Realschule zugewiesen, ebenfalls Container.
Es seien Kosten in Höhe von 40 Millionen Euro aufgerufen – „ein Betrag, der uns doch sehr hoch erscheint. Schaut man auf andere Kommunen und deren Kosten für ähnliche Vorhaben, liest man da ganz andere Zahlen. Wir können nicht eine Schule für diese Summe planen und einen Kindergarten mit 15 Millionen Euro – das erscheint uns in beiden Fällen zu hoch und für nicht leistbar. Denn am Ende zahlt all dies der Bürger“, so die FWV-Fraktionsvorsitzende Gabi Horn.
CDU Hockenheim: Land muss unterstützen
Was wie selbstverständlich klinge, ist aus Sicht der CDU in Wirklichkeit eine Herkulesaufgabe. Denn die anvisierten 40 bis 50 Millionen Euro seien für die Große Kreisstadt äußerst schwer finanzierbar. Und dennoch ist ein Erhalt der Realschule für die Hockenheimer Christdemokraten alternativlos – einen Schulstandort ohne Realschule will man sich gar nicht vorstellen.
Aus Sicht der CDU-Verantwortlichen gibt es zwei Möglichkeiten: einen Neubau oder eine sukzessive Erneuerung im Bestand (analog zum Gauß-Gymnasium). Auch wenn man einen Neubau favorisiert, so wird das letzte Wort das Regierungspräsidium haben, das nicht nur die vermutlich hohe Neuverschuldung, sondern auch den Abriss der Bestandsgebäude genehmigen muss. Dennoch gibt sich Fraktionssprecher Markus Fuchs leicht optimistisch: „Seit 2019 hat Hockenheim seine Schulden um fast 50 Prozent reduziert. Das reicht bei Weitem nicht, zeigt aber, dass wir es ernst meinen mit der finanzpolitischen Konsolidierung“.
Klar sei, dass man auch eine Unterstützung des Landes Baden-Württemberg erwarte. In diesem Zusammenhang sei man auch seit geraumer Zeit mit dem Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) in Kontakt. Sturm, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, habe die Hockenheimer Christdemokraten über die Möglichkeiten der Schulbauförderung detailliert informiert.
Abschließend verweist man von CDU-Seite darauf, dass auch die Schule am Kraichbach neue Räumlichkeiten benötige. Die Hoffnung ist hier, dass sich diese an eine neue Realschule anschließen könnten zur Nutzung von Synergieeffekten (wie beispielsweise eine gemeinsame Aula). Dennoch werde man beide Schulen noch um Geduld bitten müssen. Denn der Neubau des Parkkindergartens werde noch auf geraume Zeit nahezu alle finanziellen und organisatorischen Mittel der Stadt binden.
SPD Hockenheim: Umfassende Lösung finden
Für die SPD-Fraktion ist es dringend an der Zeit, die Situation rund um das Thema Theodor-Heuss-Realschule konkreter anzugehen, unterstreicht Ortsvereinsvorsitzender und Stadtrat Jakob Breunig: „Wir können uns nicht weiter auf der Aussage ausruhen, dass keine finanziellen Mittel verfügbar sind, sondern es müssen Möglichkeiten erarbeitet werden, wie Veränderungen sinnvoll herbeigeführt und finanzielle Mittel in den Haushalt eingeplant werden können.“
Denn seit langem sei klar, dass ein Neubau her müsse. Hierfür müsste der Abriss der Riegelgebäude weiterhin priorisiert und vorangetrieben werden. Notwendige Sanierungsbereiche und Kosten müssten erfasst werden, wobei die SPD-Fraktion eine gesamte und umfassende Verbesserung der baulichen, räumlichen und infrastrukturellen Lage der Theodor-Heuss-Realschule vorzieht, anstatt auf vielfältige Kleinprojekte einzugehen.
„Ein für uns wichtiger und nächster Baustein in der Konkretisierung weiterer Planungen stellt die Überprüfung der Machbarkeit eines baldigen Neubaus mit der Ermittlung realistischer Kosten auch im Hinblick auf mögliche Fördermittel von Bund und Land dar. Was außerdem im Blick behalten werden sollte, sind die Schülerzahlen und in welchem Maße diese eine Raumnot verschärfen könnten. Auch solche Überlegungen müssen bei Planungen berücksichtigt werden“, so Richard Zwick für die SPD. Alle diese Überlegungen und Maßnahmen müssten in engster Abstimmung von Bauamt, Verwaltung, Schulleitung und Gemeinderat geschehen.
Die Grünen Hockenheim: An Klimaschutz denken
Alle Schulen in Hockenheim zeichnen sich durch ein gutes Bildungsangebot und engagierte Lehrerkollegien aus, hält Grünen-Fraktionsvorsitzende Elke Dörflinger fest. Ein Schulzentrum mit einem heterogenen Bildungsangebot biete einen Standortvorteil für jede Stadt – auch für Hockenheim. „Gemeinderat und Stadtverwaltung haben sich über einen langen Zeitraum in verschiedenen Gremien und im Austausch mit den Schulleitungen intensiv mit der Frage der baulichen Weiterentwicklung beschäftigt, Maßnahmen wie auch innovative Ideen wurden diskutiert. Konkrete Maßnahmen und ein Zeitplan wurde im Februar 2023 mit Blick auf das Schulzentrum beschlossen, geknüpft an Abhängigkeiten“, fasst Dörflinger zusammen.
So sei im Vorfeld grundsätzlich zu prüfen, ob mit einem Neubau oder einer Grundsanierung bestehender Gebäude geplant werden könne. Nach der Landesbauordnung müssten Abrisse im Rahmen umfassender Verfahren genehmigt werden. Dabei seien laut Deutscher Umwelthilfe nicht nur die ökonomischen, sondern auch die ökologischen Langzeitfolgen zu berücksichtigen. Jährlich würden deutschlandweit etwa 14 000 Gebäude abgerissen, ohne die Langzeitfolgen fürs Klima zu prüfen. Bei einem Abriss entstünden tonnenweise CO2 und Müll.
Dass eine zeitgemäße und nachhaltige Sanierung erfolgreich umgesetzt werden könne, hätten die Planer der Hartmann-Baumann-Schule gezeigt und dafür den Staatspreis „Baukultur 2024“ erhalten. „Das gibt schon einen Anstoß zum Nachdenken“, äußert Stadtrat Adolf Härdle. „Aber unabhängig davon, wie die Umsetzung am Ende aussehen mag: Die notwendigen Haushaltsmittel sind für den Planungs- und Umsetzungszeitraum rechtzeitig und in entsprechender Höhe im Haushalt einzustellen und vorzuhalten“, fordert er.
„Bei der Entscheidung über die weitere bauliche Entwicklung des Schulzentrums werde neben den Genehmigungs- und Prüfverfahren auch die Höhe der vom Land bewilligten Fördermittel eine nicht unwesentliche Rolle spielen. „Wir gehen davon aus, dass die Förderanträge entsprechend vorbereitet und gestellt werden“, ergänzt Stadtrat Christian Keller. „Die THRS und die Schule am Kraichbach benötigen aus unserer Sicht zeitnah Planungssicherheit, um die schulspezifischen Entwicklungen voranzubringen und die Bildungspläne in geeigneten Räumlichkeiten umsetzen zu können“, so Stadträtin Elke Dörflinger. Die Schulleitungen müssten in den Austausch einbezogen werden und wenn es nach den Grünen ginge, würden sie lieber gestern als morgen mit der Weiterentwicklung beginnen. Für eine endgültige Entscheidung brauche es aber noch mehr Informationen, heißt es von den Grünen abschließend.
Die FDP Hockenheim: Neue Wege gehen
„Wir können nicht abwarten. Wir brauchen eine realistische und zeitnahe Planung. Und wir müssen Mittel und Wege finden, die Finanzierung frühzeitig zu sichern, und diese finanziellen Mittel sollten klug und zukunftsorientiert eingesetzt werden“, heißt es vonseiten der FDP. Es brauche außerdem Flexibilität in der Umsetzung.
Wenn das bedeute, andere Wege zu gehen, dann sollte der Gemeinderat zumindest darüber reden. Eine Möglichkeit wäre, die Horan-Gemeinden an der Finanzierung zu beteiligen. „Wir sehen aber das Problem, dass zum Beispiel Reilingen mit seiner Gemeinschaftsschule genau so argumentieren könnte“, gibt die FDP zu bedenken. Eine andere Möglichkeit wäre, eine Privatschule zu etablieren. Privatschulen finanzieren sich durch staatliche Finanzhilfe, durch das Schulgeld der Eltern sowie auch durch Fördervereine und Spenden.
In jedem Fall brauche es eine zeitnahe Realisierung des Projekts. Die Stadt Hockenheim müsse hier die entsprechende Priorität setzen und die benötigten Mittel bereitstellen. Fünf bis zehn Jahre seien ein passendes Zeitfenster, da eine Modernisierung der Bildungsinfrastruktur essenziell für die Qualität des Unterrichts sei.
Gezielte Instandhaltungsmaßnahmen müssten durchgeführt werden, um die Unterrichtsqualität nicht zu gefährden. Der laufende Schulbetrieb müsse gesichert sein und ein gewisser Mindeststandard gewährleistet werden, um die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Gebäudes zu erhalten.
„Wir sind offen für alle Alternativen. Wir müssen alle Optionen prüfen, um die beste und kosteneffizienteste Lösung zu finden. Wenn das Gelände der Hartmann-Baumann-Schule geeignete Voraussetzungen bietet, könnten wir uns diese Option auch vorstellen. Fakt ist, wir müssen eine Strategie finden, die eine klare Planung und Priorisierung der Bildungsausgabe beinhaltet. Wir dürfen unseren Schulstandort nicht einfach so aufgeben“, betont die FDP-Fraktion abschließend.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim_artikel,-hockenheim-theodor-heuss-schule-gemeinderat-hockenheim-sieht-sich-vor-einem-haufen-arbeit-_arid,2235259.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim.html