Hockenheim. Luftballons, Blumen, Spielzeug, Kuscheltiere und etliche brennende Lichter – der Gang vorbei an der Eingangstür der Hausnummer 46 in der Luisenstraße löst mehrere Gefühle aus: Hilflosigkeit, Trauer und Wut. Die Gedenkstätte bringt Mitgefühl, Anteilnahme und den Schmerz über einen unbegreiflichen Verlust zum Ausdruck. Der schreckliche Tod zweier Kinder im Alter von sieben und neun Jahren – nach bisherigem Kenntnisstand durch die Hand der eigenen Mutter – versetzt die Stadt Hockenheim seit drei Tagen in Schockstarre. Währenddessen laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Tathergang auf Hochtouren.
Es ist Ostersonntag, 9. April – während etliche Familien wohl gemeinsam den Feiertag begehen, geht beim Polizeirevier Hockenheim eine schriftliche Nachricht ein, die den Tag in eine absurde und unbegreiflich traurige Gegensätzlichkeit zum festlichen Anlass stürzen sollte. Sie stammt von einer 43-jährigen Anwohnerin der Luisenstraße, die laut einer Pressemitteilung der Polizei mitteilt, „etwas Schlimmes“ getan zu haben.
Zwei Kinder in Hockenheim tot: Tatverdächtige als Mutter identifiziert
Vor Ort angekommen, wird den Beamten und dem Sondereinsatzkommando die Tragweite dieser Nachricht in erschreckender Endlosigkeit bewusst. In der Wohnung finden sie die leblosen Körper zweier Kinder, einem Brüderpaar im Alter von sieben und neun Jahren – der hinzugerufene Notarzt kann nur noch deren Tod feststellen. Die 43-Jährige, die die Beamten verständigt hatte, wird als Mutter der beiden Opfer identifiziert und als dringend tatverdächtig festgenommen.
Der Großeinsatz der Polizei lenkt die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich, in den sozialen Medien entstehen erste Gerüchte. Schnell wird klar, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss. Das Polizeipräsidium bestätigt dann in einer ersten Meldung gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Mannheim das Unbegreifliche. Die Frage nach dem Warum legt sich wie ein Schleier der Ratlosigkeit über die Rennstadt. Die Antwort darauf ist von den aktuell laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abhängig. Die tatverdächtige Mutter wurde am Montag einer Haft- und Ermittlungsrichterin vorgeführt, welche den Haftbefehl gegen die 43-Jährige wegen Mordverdachts eröffnete. Anschließend wurde die Tatverdächtige in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert, so die Staatsanwaltschaft.
Entstehung solcher Bluttaten: Überlastung von Eltern
Der renommierte Kriminologe Professor Dr. Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen gibt gegenüber dem Radiosender RPR1 eine Einschätzung zur Entstehung von Fällen wie diesem: „Fast immer sind es Überlastungssituationen von Vater oder Mutter, die als Täter auftreten. Sie sind überfordert und manchmal ist es auch Wut: Man will den anderen, weil er sich getrennt hat und plötzlich mit einem neuen Partner lebt, massiv treffen und dann ist die Tötung eines Kindes, die schlimmste Rache, die man nehmen kann.“
Dass zwei Kinder plötzlich aus ihrem jungen Leben gerissen werden, vereint indes die Bewohner Hockenheims in Trauer und Fassungslosigkeit. Oberbürgermeister Marcus Zeitler bringt die allgegenwärtigen Gedanken auf den Punkt: „Der Tod der beiden Kinder hier in unserer Nachbarschaft macht mich nicht nur als Oberbürgermeister, sondern vor allem als Vater zutiefst betroffen. Wir alle stehen unter Schock. Meine Gedanken und Gebete sind bei den beiden jungen Seelen, die viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden, aber auch bei den Angehörigen, die mit diesem schrecklichen Verlust leben müssen.“
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Dem schließen sich die Bürger Hockenheims nicht nur mit zahlreichen Beileidsbekundungen in den sozialen Medien, sondern auch mit einer liebevoll eingerichteten Gedenkstätte am Tatort an. Auch die Freiwillige Feuerwehr hat auf die unsäglichen Ereignisse reagiert und ihren geplanten Ostermontagsausmarsch abgesagt. Wie Kommandant Daniel Ernst mitteilt, war die Hockenheimer Wehr teilweise am Einsatzgeschehen vergangenen Sonntag beteiligt. So seien Feuerwehrseelsorger für die Einsatzkräfte und die Familienangehörigen vor Ort gewesen und ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Oberbürgermeister, der Einsatzleitung und dem Feuerwehrkommando habe stattgefunden.
Nach dem Tod zweier Kinder in Hockenheim: Respekt vor den Opfern
Die Betroffenheit bei der Wehr sitzt ebenfalls tief, wie Ernst beschreibt: „Eben diese Betroffenheit führte noch am Sonntagabend zur Entscheidung, den Ausmarsch abzusagen. Innerhalb der Wehr waren sich alle einig, dass man nicht bei Marschmusik durch Hockenheim laufen kann, während sich nur wenige Meter vom Start- und Endpunkt entfernt, nicht mal 24 Stunden zuvor, eine solche Tragödie ereignet hat“. Ernst macht klar, dass diese Entscheidung alternativlos war: „Aus Respekt gegenüber der beiden noch so jungen Opfer und deren Angehörigen, aus Respekt gegenüber der Trauer und Betroffenheit aller Hockenheimer und um der Betroffenheit aus den eigenen Reihen einen Ausdruck zu verleihen, kam nur eine Absage in Frage.“
Auch die katholische und evangelische Kirchengemeinde Hockenheim reagiert mit Entsetzen und Trauer auf den gewaltsamen Tod der beiden Geschwisterkinder. Pfarrer Christian Müller und Pfarrer Michael Dahlinger, die sonntagvormittags in den jeweiligen Kirchen noch Ostergottesdienste gefeiert hatten, teilen mit, dass ihre Gedanken zuerst bei den Angehörigen, dem Vater und den Großeltern, die mit dieser Gewalttat grausam konfrontiert wurden – aber auch bei der Mutter – seien. „Diese Tat ist unfassbar und unbegreiflich. Es bleiben so viele Fragen offen. Wir werden diese Fragen im Gebet an Gott weitergeben und ihn um Frieden für die beiden Kinder bitten sowie um Trost für die Angehörigen“, heißt es weiter.
Sobald neue Informationen zum Tathergang sowie das Ergebnis der Obduktion der beiden Opfer verlässlich vorliegen, werden diese von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt.
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