Wirtschaft - Jochen Oehler und Kerstin Schlenter schließen Gastronomiebetrieb in „Brauerei zum Stadtpark“ nach 17 Jahren Mitte April / Besitzer Fritz Rösch sucht Nachfolger

Traum vom Hockenheimer Bier ist aus

Von 
Matthias Mühleisen
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Seit weit über 100 Jahren Gastronomiestandort: der „Stadtpark“ in der Parkstraße gegenüber der evangelischen Kirche, der seit 2002 als „Brauerei zum Stadtpark“ firmiert. Nun endet das Brauerei-Kapitel in zweieinhalb Wochen. © Lenhardt

„Es war mein Traum, seit ich Brauer gelernt habe, dass Hockenheim eine eigene Brauerei haben sollte. Schon dass die ,Fortuna‘ zugemacht hatte, war mir ein Dorn im Auge.“ Jetzt ist der Traum von Jochen Oehler ausgeträumt. Der Braumeister schließt den Gastronomiebetrieb der „Brauerei zum Stadtpark“ zum 14. April und stellt das Bierbrauen Ende Juni ein. Das bestätigte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Besitzer der Immobilie, Fritz Rösch, will sich dafür einsetzen, dass in dem traditionsreichen Haus auch künftig gutbürgerliche Küche und Raum für die Vereine angeboten werden.

Es seien verschiedene Gründe, die ihn zu der Entscheidung veranlassten, einen Schlussstrich zu ziehen unter das Kapitel „Stadtpark“ – Insolvenz sei allerdings keiner, betont Jochen Oehler zu kursierenden Gerüchten: „Wir sind niemandem etwas schuldig.“ Seine Gesundheit und die seiner Frau Kerstin Schlenter sei dagegen ein entscheidender Faktor gewesen: „Irgendwann kommt man an den Punkt, wo man sagt: Jetzt hat es körperliche Auswirkungen“, sagt er – „17 Jahre Gastronomie bleiben nicht in den Kleidern stecken.“

Als weitere Faktoren nennt er die „explodierenden“ Kosten, die der Gesetzgeber unter anderem durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auferlegt habe. Die Brauerei als lebensmittelproduzierendes Gewerbe sei davon extrem betroffen: „In heißen Monaten haben wir allein 800 Euro monatlich als EEG-Umlage gezahlt, weil wir so stark kühlen mussten“, berichtet der Brau- und Malzmeister.

Dazu komme der hohe zeitliche, bürokratische und finanzielle Aufwand bei der Lebensmittelüberwachung oder auch das neue Kassensystem, das der Gesetzgeber den Gastronomen „aufs Auge gedrückt“ habe, damit die Finanzämter leichter an die Daten kommen, habe viel Geld verschlungen.

Zu ruhig in Ring-losen Monaten

In den Wintermonaten sei darüber dazu noch die Gästefrequenz zu gering gewesen. „Die Monate, in denen auf dem Ring nichts los ist, sind schwierig.“ Dazu kämen die hohen Heizkosten für das große Gebäude, und es werde immer schwieriger, Personal zu finden. Seit zwei Jahren hatten Oehler und seine Frau die Küche selbst übernommen.

„Natürlich haben wir auch Fehler gemacht“, räumt Oehler auf der Facebookseite seines Lokals ein, es sei auch mal in Küche oder Service etwas „verrutscht“. Dass es keine groben Verfehlungen waren, habe ihm auch Sternekoch Christian Rach attestiert, der als „Restaurant-Tester“ beim Fernsehsender RTL 2007 dem damals schon schwächelnden Betrieb unter die Arme griff. Das Problem sei der Standort, habe Rach ihm erklärt.

Im April 2011 wurde trotz der Umstellungen das Insolvenzverfahren gegen Jochen Oehler eröffnet. Dass es trotzdem bis 2019 weiterging, ermöglichte Fritz Rösch, der das unter Denkmalschutz stehende Haus in der Parkstraße kaufte, weil er den „Stadtpark“ als Traditionsgaststätte, als Kommunikationstreff für die Hockenheimer und als Lokal für die Vereine erhalten wollte, wie Rösch damals erklärte.

Es soll gutbürgerlich weitergehen

Und das will der CDU-Stadtrat und OB-Stellvertreter auch weiterhin: „Ich suche einen potenziellen Nachmieter, damit das einzige Lokal mit einer Bühne weiter besteht“, erklärte Rösch gestern auf Anfrage. Nachdem Jochen Oehler die Brautechnik und das Inventar nach eigenen Angaben an einen Investor verkauft hat, der mehrere kleinere Brauereien betreibt und sich auch gleich die Rezeptur für das Hockenheimer Geburtstagsbier „Anno 769“ gesichert hat, hält Rösch es für unwahrscheinlich, dass der vor rund 110 Jahren eröffnete „Stadtpark“ weiterhin als Brauerei firmiert. Doch er wünscht sich, dass er der Stadt eine Gaststätte mit gutbürgerlicher Küche zu bezahlbaren Preisen erhalten kann.

Für die beiden Vereine, die das Lokal regelmäßig für ihre Übungsstunden nutzen, MGV Liedertafel und Fanfarenzug der Rennstadt, haben weder Oehler noch Rösch eine kurzfristige Lösung. Wenn Ende April der Ausbau der Technik beginnt, könne er aus Sicherheitsgründen keine Räume mehr anbieten, bedauert Oehler.

Sein Bier wird auf dem Ochinheimer Mittelaltermarkt von 20. bis 23. Juni zum letzten Mal ausgeschenkt.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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