Hockenheim. Marcus Zeitler ist sich darüber im Klaren, dass die Entscheidung, die der Gemeinderat an diesem Mittwochabend zu treffen hat, manchen Bürger irritieren wird: Die ganze Zeit ist die Rede vom Zwang zum Sparen und plötzlich will die Stadt rund 6,5 Millionen Euro ausgeben, um dem Rhein-Neckar-Kreis die ehemalige Geriatrische Rehaklinik in der Rathausstraße 8 abzukaufen. Der Oberbürgermeister ist gleichwohl davon überzeugt, dass der Vorschlag der Verwaltung an die Fraktionen die geeignetste Antwort auf die Herausforderung ist, vor der die Stadt steht: Sie muss im laufenden Jahr für rund 270 Geflüchtete in der Anschlussunterbringung eine Unterkunft finden.
Im Pressegespräch, an dem auch der städtische Integrationsbeauftragte Konrad Sommer teilnimmt, erläutert der OB, welche Vorteile die Rathausstraße bietet.
Wo kommt das Geld für den Kauf der Immobilie her?
Das Geld steht im Haushalt bereit: Sieben Millionen Euro sind vorgesehen. Doch bislang sollten dafür Container angeschafft werden. Für den OB ist das nicht die nachhaltigste Lösung: Die Genehmigungen für Container dauerten sechs bis zehn Monate und seien zeitlich begrenzt. Außerdem hätten sie eine beschränkte Lebensdauer, während die Immobilie in der Rathausstraße weiterverkauft werden und durch das Grundstück zwei bis drei Millionen Euro erlösen könne, auch wenn sie womöglich zehn bis 15 Prozent teuerer wäre als die Container.
Gibt es in Hockenheim Alternativen zur Rathausstraße 8 für die Unterbringung der 270 Geflüchteten?
Die Stadt sagt Nein: Für eine solche Anzahl könnte höchstens eine Containeranlage aufgestellt werden. Doch dafür brauche es Genehmigungen – und das Land habe eine Bauvoranfrage zur Errichtung von Unterkünften im Bereich „Viertes Gewann Biblis“ auf seinem dortigen Grundstück abgelehnt. Zumindest solange kein artenschutzrechtliches Gutachten vorliegt – es geht mal wieder um die Haubenlerche. Privat angemietete Wohnungen seien in der benötigten Zahl nicht zu finden. Außerdem müssen die ersten Geflüchteten bis 30. April untergebracht werden. Das hält der OB für möglich, da das Dachgeschoss in der Rathausstraße (für 70 bis 80 Personen) bereits leer steht. Die Nutzung von Sport- und Vereinshallen will er unbedingt vermeiden.
Welche weiteren Vorteile hätte der Kauf des Kreis-Gebäudes?
OB Marcus Zeitler und Konrad Sommer verweisen auf den sozialen Aspekt. Mit dem Gebäude in der Rathausstraße 8 könne gewährleistet werden, dass den Bewohnern mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestfläche von 4,5 Quadratmetern pro Person angeboten werden kann. Außerdem liegt es ideal für die Integration der Geflüchteten: mitten in der Stadt, in der Nähe von Schulen und Kindergärten. Gerade aus der Ukraine flüchteten meist Frauen mit Kindern.
Was muss die Stadt Hockenheim noch in die Rathausstraße 8 investieren?
Der OB geht davon aus, dass die Stadt in den kommenden zwei bis drei Jahren für den Unterhalt eine gute Million Euro investieren muss. Er betont, dass die aktuelle Nutzung des Gebäudes durch das Altenheim St. Elisabeth als Übergangsdomizil bis zur Neubaufertigstellung durch den Kauf nicht beeinträchtigt wird.
Kann die Stadt eine Reduzierung der aufzunehmenden Anzahl von Geflüchteten erreichen?
Die Unterbringung der Geflüchteten nach der Zuweisung durch den Kreis ist eine Pflichtaufgabe, die die Stadt zu erfüllen hat. Der Kreis rechnet mit 4000 auf die Kommunen zu verteilenden Menschen im Jahr 2023.
Wie will die Stadt die Anwohner rund um die ehemalige Geriatrische Rehaklinik informieren?
Marcus Zeitler kündigt eine Informationsveranstaltung im Vorfeld des Bezugs an, an der neben Mitarbeitern der Verwaltung auch Vertreter des Rhein-Neckar-Kreises teilnehmen werden. Die Lage mitten in der Stadt stelle natürlich auch höhere Anforderung an die Betreuung der Bewohner, um Konflikte zu vermeiden. Er betont, dass die Stadt das ohne den Einsatz von Ehrenamtlichen des Asylnetzwerks nicht schaffen würde.
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