Katholische Kirchengemeinde

Unternehmungslust ist keine Altersfrage

Die Gruppe „Ab 50 aktiv“ wartet sehnlichst darauf, wieder auf Exkursion zu Stadt- und Betriebsführungen und Ausstellungen gehen zu können.

Von 
Matthias Mühleisen
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Hockenheim. Ihr Name zeigt schon, dass die Gemeinschaft vom unseligen Virus in ihrem Wirken ins Mark betroffen ist: Wie soll man zusammen „Ab 50 aktiv“ sein, wenn genau das der Pandemie Vorschub leistet, wenn alle Zeichen auf Abstand und auf Reduzierung von Kontakten stehen? Es ist fast zwei Jahre her, dass die Gruppe der katholischen Pfarrgemeinde mit diesem Namen zu ihrer letzten „klassischen“ Unternehmung, einer Pfalzrundfahrt mit dem Bus. Doch nun stehen die Zeichen langsam auf Wiederaufnahme eines Programms, und darüber freuen sich Ortrud Weibel, Johanna Herr und Hermengilde Renz sowie Hannelore Fuhr sehr.

Vielleicht lässt sich dann auch die Feier des 20-jährigen Bestehens nachholen, die die Corona-Pandemie 2021 verhindert hat. Dabei wäre die Fülle der Veranstaltungen, die die Gruppe seit den Anfängen im Jahr 2001 gemeinsam absolviert hat, durchaus einen umfassenden Rückblick wert.

Bei Marc Chagall fing alles an

Die Initialzündung ist den Gründerinnen noch genau im Gedächtnis: Ortrud Weibel und Hermengilde Renz trafen sich damals zufällig im Schwetzinger Schloss in einer Chagall-Ausstellung. „Hermengilde Renz sagte, sie wäre gerne am Vortrag noch in eine andere Ausstellung gegangen, aber alleine wollte sich nicht hin. Da habe ich vorgeschlagen, dass wir uns zusammentun.“

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Von
Tatjana Junker
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Daraus sei das Leitwort der Gruppe entstanden: „Mir wolle wohin – wer will mit?“ Dieser Grundgedanke hat wohl dazu beigetragen, dass die Gruppe, die offen für die Ökumene und die gesamte Seelsorgeeinheit ist, so schnell zur festen Institution geworden ist, die innerhalb der Kirchengemeinde eine große Freiheit und Autonomie genoss. Die Kerngruppe, zu der bald Johanna Herr dazustieß, wählte nach ihren Interessen und Ideen Aktivitäten aus und ermöglichte Gleichgesinnten die Teilnahme.

Mit Hannelore Fuhr gewannen die Initiatorinnen später eine Mitstreiterin hinzu, deren EDV-Kenntnisse die Arbeit erleichterte. „Es funktioniert und harmoniert“, freut sich Ortrud Weibel über die Teamarbeit. Dem Kleeblatt läge eine Feier auch deshalb am Herzen, weil sie gerne in der Öffentlichkeit dargestellt sehen möchte, was sich in der Gemeinde alles tut – „denn es passiert viel“, verweist sie auch auf die rege Arbeit der Katholischen Frauengemeinschaft.

Die „aktiven Senioren“, wie sich die Gruppe auch bezeichnet, sei ein anderer Kreis als die ökumenischen Senioren, betonen die Damen. Hermengilde Renz erklärt: „Wer bei uns mitkommen möchte, muss noch einigermaßen mobil sein“ und meint damit sowohl körperliche als auch geistige Mobilität. So mache „Ab 50 aktiv“ keine Ausflüge, sondern Exkursionen. „In jeder Stadt, die wir besuchen, buchen wir örtliche Reiseleiter, wir fahren nicht einfach irgendwo hin, sondern haben vor Ort ein Programm, erfahren etwas über die Geschichte und die Besonderheiten“, berichtet Renz.

„In die Ferne fahren viele“

Einig waren sich die Organisatorinnen in der Beschränkung auf die nähere Heimat: „In die Ferne fahren viele, wir bleiben im Umkreis.“ Ortrud Weibel sagt dazu schmunzelnd: „Viele unserer Teilnehmer sind weit gereist in alle Welt. Aber ihre unmittelbare Umgebung kennen sie nicht.“ Daran habe die Gruppe einiges geändert. Wobei sie zugeben: „Nach 20 Jahren sind wir nun ziemlich überall gewesen.“ Nun könne man wieder von vorne anfangen.

Zur Heimatregion hat bei „Ab 50 aktiv“ von Anfang auch das Elsass gehört. Jedes Jahr stand ein Ziel jenseits der Grenze auf dem Programm, von Weißenburg bis Saverne, Straßburg und Le Petit Pierre, die Hohkönigsburg und der Odilienberg, auch um die Geschichte zu beleuchten. Angesichts dieses Anspruchs verwahrt sich das Team auch gegen Behauptungen, man gehe „auf Kaffeefahrt.“ „Darauf legen wir großen Wert, und das wird auch so bleiben“, sagt Ortrud Weibel, und Hermengilde Renz fügt hinzu, dass das auch der überwiegend weibliche Teilnehmerkreis so wünsche.

Die Gruppe bleibe auch immer zusammen, es sei nie vorgekommen, dass sich „Kaffeetrinker“ absetzen. Das heiße natürlich nicht, dass es nicht einen gemeinsamen Abschluss mit Essen gibt. Doch im Gegensatz zu den ökumenischen Seniorennachmittagen stehe das Kaffeetrinken nicht im Mittelpunkt.

Der Name der Gruppe ist im Lauf der zwei Jahrzehnte nicht „mitgewachsen“, auch wenn kein Teilnehmer mehr 50 ist. Wobei die Gründerinnen sogar ursprünglich die 60 in den Titel einbauen wollten, sich dann aber von einem Herrn umstimmen ließen, der mit 55 im Vorruhestand war und erfolgreich die „Altersabsenkung“ vorschlug. „Und dann war er bis heute nie einmal dabei“, erinnern sich Renz und Weibel. Inzwischen sei der Name etabliert und soll auch nicht mehr geändert werden.

Nach Konfession wird nicht gefragt

Mit einer Begrenzung hat der Titel ohnehin nichts zu tun: „Wir fragen überhaupt nicht nach dem Alter und nicht nach der Konfession“, bekräftigt Johanna Herr. Aktuell reicht das Altersspektrum von um die 65 bis 89. Da Herr selbst am oberen Rand dieses Spektrums liegt, hat sie ihren Abschied vom Planungskreis der Aktivgruppe ins Auge gefasst. „Dieses längere Laufen bei Städteführungen, das mir immer sehr gefallen hat, kann ich einfach nicht mehr – es kommt eben diese Zeit.“ Sie will sich aber weiter an Exkursionen beteiligen, an denen weniger weite Wege zu erwarten sind.

Das Bedürfnis zu gemeinsamen Unternehmungen hat durch Corona offensichtlich nicht abgenommen. Bei der Führung durchs Hochwasserschutz und Ökologieprojekt im Juli 2021 war das Interesse mit 48 Teilnehmern nach längerer Pause genauso groß wie in den Jahren zuvor – wegen Corona mussten drei Gruppen gebildet werden. Dabei mache die Gruppe nie Werbung, um den Bus zu füllen: „Die Leute haben unser Jahresprogramm und wir geben die einzelnen Termine an die Zeitung“, sagt Ortrud Weibel. Die Gründerinnen waren sich einig: „Es wird nicht herumtelefoniert und um Teilnahme gebeten.“

Nur in der Anfangszeit war der Kreis dann in Ausnahmefällen mal kleiner, ansonsten war der Bus immer voll. Zunächst habe man versucht, die Fahrten möglichst mit Privatautos zu absolvieren, erinnert sich Hermengilde Renz. Doch irgendwann seien die Fahrgemeinschaften so groß geworden, dass es schwierig war, beisammen zu bleiben, so dass man doch auf den Bus umgestiegen sei. „Der ist an den Anmeldetagen auch in spätestens zwei Stunden voll.“ Trotz des Ansturms sollte es aber immer bei einem Bus bleiben, das Risiko, dass ein zweiter nicht voll wird, wollte die Gruppe nicht eingehen. Da wären auch die Stadtführungen schwieriger zu organisieren gewesen.

In der kalten Jahreszeit verlegt man sich meist auf Vorträge, die in den vergangenen Jahren überwiegend Sieglinde Rieder mit der Vorstellung verschiedenster Persönlichkeiten gehalten hat, zuletzt das Malerehepaar Vollmoeller-Purrmann im Oktober 2021. Der Januar gehörte meist Führungen durch Ausstellungen. Eine solche lockte die Gruppe auch auf ihre weiteste Reise: 7000 Jahre persische Kunst in Bonn, gleich am Anfang.

Ein Erlebnis war auch die Exkursion mit der Schwarzwaldbahn an den Bodensee mit Stadtführung in Konstanz. Auch hierbei galt das Prinzip: Rückkehr noch am selben Tag. Die Pfalz steht regelmäßig auf dem Programm, gerne auch mit Verkostungen. Ein Schwerpunkt sind Betriebsbesichtigungen, um hinter die Kulissen zu schauen. Ziele waren unter anderem die SAP, Schaumaplast in Reilingen, Globus oder das Rigips-Werk Bad Rappenau. „Wir haben nie eine Absage gekriegt“, freut sich Ortrud Weibel.

Das Programm erstellt die Lenkungsgruppe in der Regel bei einem im Januar, weil alle Ideen mitbringen geht das sehr schnell. Dieses Jahr und das vorausgegangene bildeten eine Ausnahme – was bringt schon Planung ohne Gewissheit, dass sie umgesetzt werden kann . . . Doch im Optimismus, dass es bald wieder losgehen kann, sind sich die aktiven Damen mit viel Gemeindeerfahrung genauso einig wie über alles andere.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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