Hockenheim. Ein solches Angebot hätte sich Ljiljanka Cika gewünscht, als sie als Mutter eines Sohns mit Autismus vor zehn Jahren aus Kroatien nach Deutschland kam und keinen Ansprechpartner fand. Doch es brauchte erst die richtigen Partner und Konzepte. Nun hat sie vor vier Monaten die Betreuungsgruppe und den Gesprächskreis mit dem bezeichnenden Titel „Garten“ gegründet, wo sich Kinder mit Autismus und AD(H)S und deren Angehörige wohlfühlen und sich gegenseitig stützen und fördern.
Dafür nutzt die Gruppe die Räume der Kirchlichen Sozialstation Hockenheim im Liliane-Juchli-Haus. Pflegedienstleiter Micha Böbel ist jedes Mal fasziniert, wie schnell Kinder, Eltern und Betreuer die sonst nüchternen Büro- und Besprechungsräume mit quirligem Leben füllen. Das hatte sich ganz am Beginn nicht abgezeichnet: „Die Idee war ursprünglich, einen Gesprächskreis anzubieten.“
Die Gesprächskreise stehen jedes Mal unter einem Thema
Dank der Erfahrung der Sozialstation mit Demenzcafés kam dazu schnell die Betreuungsgruppe für die Kinder dazu. Der Rhein-Neckar-Kreis war sofort begeistert, weil es ein solches Angebot in der Region nicht gibt und erteilte sofort eine Förderzusage. Die Gesprächskreise stehen bei jedem der monatlichen Treffen unter einem Thema, das Ljiljanka Cika vorab mit den Eltern festlegt. So war beispielsweise ein Psychologe zu Gast, zum nächsten Treffen erwartet sie eine Ärztin der Neuropädatrie. So können die Eltern Informationen sammeln, da die Wartezeiten für die Untersuchungen vor der Therapie sehr lang seien. Wertvoll seien aber auch die Tipps anderer Eltern, wie diese im Alltag besser klarkommen, bevor die Kinder ihre Diagnose erhalten.
Der Betreuungsgruppe für die Kinder verleiht die Initiatorin den Titel „Unser fantastisches Team mit Herz“. In letzter Zeit seien einige Ehrenamtliche hinzugekommen, auch Kolleginnen aus der Sozialstation und Sonderpädagogen. Die Kinder, das sei wichtig, haben bei den Treffen immer einen Ablaufplan, die Kommunikation wird mit Metacom-Symbolen unterstützt, die die Verständigung von Menschen aller Altersgruppen jenseits der Sprache ermöglichen. Mitarbeitende des Pflegedienstes kennen sie auch aus dem Kontakt zu älteren Menschen, die nicht mehr verbal kommunizieren können.
„Wir haben immer Party, wenn wir uns treffen“
„Wir haben immer Party, wenn wir uns treffen“, berichtet Ljiljanka Cika lächelnd. Für Kinder mit Autismus sei es schwierig, Freunde zu finden, daher sei es ihr wichtig, dass alle Beteiligten bei den Zusammenkünften eine gute Zeit haben und alle einander kennenlernen. „Denn das ist ein Projekt mit Liebe und Herz für Kinder, Eltern und alle Menschen, die mitmachen.“ Ausflüge, Nikolaus- und Fasnachtspartys sorgen bei den Kindern für Freude.
Aus ihrer eigenen Erfahrung ist es ihr wichtig, dass in Gesprächskreis und Betreuungsgruppe mehrere Sprachen gesprochen werden, neben Deutsch auch Englisch, Kroatisch und Italienisch. Wenn die Verständigung für die Eltern gewährleistet sei, könnten sie sich schneller um Hilfe für ihre Kinder wie Frühförderung kümmern. „Das erleichtert auch die Integration“, sagt Cika. Daher bietet sie auch Eins-zu-Eins-Gespräche an, denn nicht alle Themen ließen sich bei den Gruppentreffen ansprechen. Auch eine Betreuung der Kinder zu Hause könne dank der Betreuer angeboten werden.
Geschwisterkinder willkommen – denn sie werden sonst oft vergessen
Die Gruppe ist rasch gewachsen. Für die Gesprächskreise gebe es eine Obergrenze von 14 Teilnehmern, elf seien es immer. Die Anzahl der Kinder zwischen drei und 14 Jahren hänge vom individuellen Betreuungsbedarf ab. Maximal zwölf können pro Treffen teilnehmen, wobei Geschwisterkinder explizit willkommen sind - „denn die werden oft vergessen“, ist Ljiljanka Cikas Erfahrung. Teilweise bringen auch die Betreuer ihre Kinder mit. „Die Integration von unseren Kindern und Regelkindern kann klappen, wenn auf allen Seiten der Wille da ist“, sagt sie. So verzichte der 13-jährige Sohn einer Kollegin auf andere Angebote, um sich in der Gruppe einzubringen - und genieße die Wertschätzung dafür.
„Man merkt auch als nicht direkt Beteiligter, wie gut das Miteinander ist und welche Entlastung die Eltern untereinander erfahren“, schildert Pflegedienstleiter Micha Böbel seine Eindrücke von der Ernsthaftigkeit der Eltern bei der Beschäftigung mit wichtigen Themen und der Fröhlichkeit der Kinder. Diese basteln viel, zum Beispiel Kürbisse zu Halloween, Kugeln zu Weihnachten und Masken zu Fasnacht. Dabei helfen auch manche Papas mit, die nicht am Gesprächskreis teilnehmen wollen.
Im Garten warten dieses Jahr neue Projekte auf die Kinder
Pause- und Ruheecken sind auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten, die verschiedene Formen des Autismus mitbringen. Nach dem Basteln wird gemeinsam gegessen, für die Küche der Sozialstation mit Geschäftsführer Ulrich Beer ist Ljiljanka Cika sehr dankbar, ebenso wie für den Garten, in dem gespielt werden kann. Vogelhäuschen oder neue Pflanzen könnten das Gelände um das Gartenhäuschen der Sozialstation verschönern – und so seinem Arbeitstitel noch besser gerecht werden. „Es ist so schwer, einen Platz zu finden, an dem die Kinder sich wohlfühlen“, weiß die als Pflegefachkraft arbeitende Cika die Sozialstation und ihr Team zu schätzen.
Die Treffen finden jeden dritten Freitag im Monat von 16 bis 18 Uhr statt. Wer an einer Teilnahme interessiert ist, sollte sich spätestens eine Woche vorm Termin anmelden per E-Mail an BG-Garten@sozialstation-hockenheim.de. Unter der Adresse beantwortet sie auch Fragen zur Gruppe.
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