Hockenheim. Kann ein Verein eigentlich ins Rentenalter kommen? Eine ebenso unnötige wie uninteressante Frage, zumal ein Verein ja eh keinen Rentenanspruch hätte. Und der Verein, um den es hier geht, längst nicht mehr besteht. Grund: Vereinsziel erreicht.
Auf jeden Fall ist es 65 Jahre her, dass in Hockenheim der legendäre Schwimmbadverein gegründet wurde. Mit dem Ziel: ein Schwimmbad für Hockenheim. Und das konnte schließlich 1961 eröffnet werden. Das Beeindruckende daran ist natürlich, dass das Schwimmbad hauptsächlich durch die freiwilligen Spenden der Bevölkerung realisiert werden konnte.
1958 verspricht Hockenheims Bürgermeister den Bau eines Schwimmbades
Im Sommer 1958 wurde der Schwimmbadverein gegründet, Bürgermeister Kurt Buchter hatte bereits in seinem Wahlkampf versprochen, alles zusammen mit der Bevölkerung zu tun, damit Hockenheim ein Schwimmbad bekommen kann. Wie erwähnt, zusammen mit der Bevölkerung, denn für die Ausgaben der Stadtkasse gab es noch andere notwendigen Pläne.
Ein Schwimmbad für Hockenheim, das waren keine spontanen Ideen. Bereits 1927 legte der Gemeinderat Geld dafür zurück, erarbeitete Pläne, aber die Weltwirtschaftskrise mit ihrer Massenarbeitslosigkeit – jeder zweite Hockenheimer soll damals arbeitslos gewesen sein – machte einen dicken Strich durch diese Rechnung.
Ein Jahrzehnt später hatte man wieder konkrete Pläne, Gelder wurden zurückgelegt, ein Drittel der Kosten war schon, wie man hoffte, „auf der sicheren Seite“. Doch nach 1937 drehte sich wieder der Wind, Baumaterial wurde für kriegswichtige Zwecke gebraucht. Schwimmbadbaupläne waren wieder futsch. Das 1950 gegründete Komitee für den Schwimmbadbau konnte zu jenem Zeitpunkt auch wenig bewirken – dringend notwendig war der Bau einer Friedhofshalle und der Umbau der ehemaligen Wanderherberge zum Städtischen Krankenhaus.
Andere Bademöglichkeiten wie der Rhein wurden zu gefährlich oder schlitchtweg unattraktiv
Schwimmen konnte man also wieder nur im Rhein, wo es grade für weniger Erfahrene immer gefährlicher wurde. Blieb noch der „Gaulsbach“ an der Seitz‘schen Mühle, die Bademöglichkeit an der Bachstraße oder „an der Schließ“, allesamt nicht mehr attraktiv und zeitgemäß.
Wenn die gesamte Bevölkerung mithilft, müsste es doch möglich sein, einen solchen Schwimmbadbau zu ermöglichen. Bürgermeister Buchter versuchte erfolgreich, wie vor der Wahl versprochen, dafür zu begeistern und in der Tat zählte der Schwimmbadverein bald über zweieinhalb Tausend Mitglieder.
Und wie war das Ganze möglich? Die Herren Gemeinderäte (Damen waren zu jener Zeit noch nicht im Rat vertreten) hatten sich die Stadt flächenmäßig aufgeteilt und gingen höchstpersönlich von Haus zu Haus. Und welche Hockenheimerin und welcher Hockenheimer wollten nicht ihr Scherflein für den Schwimmbadbau beitragen. Manchmal gab es einen einmaligen Barbetrag, aber viel öfter erklärte man sich bereit, dass mit der monatlichen Stromrechnung auch ein kleiner Betrag für das Schwimmbad mit einbezogen wird, ganz gleich, ob es sich um 50 Pfennige oder 25 Mark handelte.
Hockenheimer Bürger und Firmen sorgen mit Spenden für die Umsetzung
Erfreulicherweise, wie Bürgermeister Kurt Buchter später oft gerne erzählt, kam der Spendenfluss in Gange und Buchter machte auch vielen Firmen, die damals nach Hockenheim kamen, die Vorzüge der Stadt und ihres (geplanten) Schwimmbades deutlich. So wurden seitens mancher Firmen mancher Geldbetrag überwiesen oder mitunter auch einige Arbeiten für das Schwimmbad „nebenbei“ unentgeltlich ausgeführt oder oft auch notwendiges Baumaterial gespendet.
Ein besonderer Gag war die große Schwimmbadtombola, der erste Preis war immerhin ein Automobil. Gut, ein eher bescheidener Kleinwagen, aber immerhin. Wenn der Losverkauf mal wieder etwas stockte, machte Buchter, wie ältere ehemalige Rathausmitarbeiter zurückblicken, einen Rundgang im Rathaus, um eine Reihe von Losen an die Frau und an den Mann zu bringen.
Schließlich gab es Gewinne mit „unterschiedlichem Notwendigkeits-Charakter“, vom Schlankheitspulver bis zum französischen Parfüm. Noch heute weiß man nicht, wo die vielen Handtücher herkamen, die verlost wurden. Fest stand nur, dass die Zahl der Handtücher umgekehrt proportional zu ihrer Qualität waren, aber auch das ist schon längst Geschichte.
Voller Stolz wird das neue Schwimbad 1961 eingeweiht
Fest steht, dass innerhalb von drei Jahren 400 000 Mark zusammenkamen, 50 000 steuerte der Staat bei, 65 000 Mark der Landkreis und 350 000 Mark der Stadthaushalt. Stolz war Bürgermeister Buchter zeitlebens zusammen mit allen Hockenheimerinnen und Hockenheimern, dass für den Bau des Schwimmbades keine Schulden gemacht werden mussten. Und stolz und gut gelaunt war man schließlich, als am 3. Juni 1961 das Schwimmbad offiziell eröffnet wurde.
Wer störte sich daran, dass mit knapp mal 14 Grad nicht gerade „Schwimmbadwetter“ war, als die damalige Deutsche Meisterin im Turmspringen, die Mannheimerin Bärbel Urban, mit ihrem Sprung vom Fünf-Meter-Turm Hockenheim zu einer Schwimmbad-Stadt machte.
Es versteht sich natürlich von selbst, dass Schwimmbadbau, Schwimmbadverein und die vielen sonstigen Aktivitäten immer wieder Gesprächsthema in Hockenheim waren. Auch in den Büttenreden in der Prunksitzung der Karnevalisten. Dort traten ja die „Hospach Fränz‘“ (Franziska Hospach) und die „Kneise Marie“ (Maria Kneis) als legendäre Putzfrauen vom Rathaus auf und betrachteten humorvoll und augenzwinkernd lokalpolitische Ereignisse: „Bei mir ware zwee Stadträt´unn henn gfrogt, ob isch aa ebbes gebb für unser Schwimmba, selbstverständlich haawwich gsagt, ich gebb aa zwee Äämer Wasser.....“
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