Er ist kaum zu übersehen, der große blaue Truck, der von Montag bis Mittwoch mitten auf dem Schulhof des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums steht. Kein Wunder, schließlich muss er genug Platz für eine Klasse samt Lehrern bieten und noch dazu verschiedene Praxisstationen bereithalten. Monitore an den Wänden, ein 3D-Drucker, ein Roboter und ein Seminarraum sind auf knapp 100 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf zwei Stockwerken verteilt im „Discover Industry“-Truck zu finden.
Das Arbeiten in der Industrie ist monoton, öde und Ingenieure sind allesamt langweilige Nerds? Mit diesen Vorurteilen möchte der „Discover Industry“-Truck des Projektes „Coaching4future“ aufräumen. Gemeinsam mit Domenic Kratzer und Arion Tomaras von „Coaching4future“ tauchen die Schüler der neunten bis elften Klassen in die Welt der Industrie und Mint-Berufe, also der Berufe aus dem Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, ein.
Fünf Schritte einer Produktion
„Unser Ziel ist es, an unserem Gymnasium den Mint-Bereich zu stärken. Wir möchten Vorurteile abbauen und auch die Mädchen an das Thema Mint heranführen“, erklärt Lehrer Tobias Korn, der für die Berufsorientierung an der Schule zuständig ist. Wichtig sei dabei auch der praktische Teil: Nach einer kleinen Reise durch die Geschichte der Industrie – angefangen bei der Erfindung der Dampfmaschine über die zweite industrielle Revolution im 19. Jahrhundert und die Industrie 3.0 um 1960 bis hin zur Gegenwart und der Zukunft, die geprägt durch die Vernetzung von Mensch und Maschine und künstlicher Intelligenz sind – wird es direkt praktisch. In Kleingruppen beschäftigen sich die Schüler mit den fünf grundlegenden Schritten in einer Produktion.
„Machen wir ein Gedankenexperiment: Stellt euch vor, ihr möchtet ein Hoverboard herstellen. Was wäre da der erste Schritt?“, fragt Kratzer die Schüler der Jahrgangsstufe 1. Immer wieder bezieht er die Jugendlichen mit ein, stellt Fragen und animiert sie zum Mitmachen. Schnell sind sich die Schüler einig, dass für das Hoverboard, also ein schwebendes Skateboard, zunächst ein Plan erstellt werden müsse. Bei der Station „Konstruktion und Design“ scannen die Schüler gegenseitig ihre Köpfe und erstellen so ein dreidimensionales Bild davon am Computer – diese Art der Darstellung wäre auch einer der ersten Schritte für ein Hoverboard.
„Ich finde die Station lustig. Es macht mir Spaß, obwohl ich mich eher weniger für Mint-Fächer interessiere“, meint der 17-jährige Tobias aus der Jahrgangsstufe 1, während er gerade das Gesicht seines Klassenkameraden mit einem großen Handgeräte digitalisiert. Parallel testen Jan und Felix an der Station „Versuch und Optimierung“ mit ihrer Gruppe die Windschnittigkeit von Autos. In einem Glaskasten lassen sie dichten Rauch um das Objekt – ein kleines Holzauto – strömen.
So können sie sehen, wo sich der Rauch staut und eventuell Verbesserungen an der Form vorgenommen werden müssen – einen ähnlichen Versuch würde man beim Hoverboard machen und so feststellen, wie windschnittig das fliegende Skateboard wäre. „Wir interessieren uns für Technik – der Truck ist daher genau das Richtige für uns“, sagen Jan und Felix im Gespräch mit unserer Zeitung.
Prototyp testen und optimieren
Ist ein Prototyp erstellt, getestet und optimiert worden, beginnt die Massenproduktion. Mit einem Tablet steuern die Schüler selbst einen Roboter und bewegen ihn, indem sie die Koordinate eingeben, zu der er sich bewegen soll. Die Station „Logistik“ beschäftigt sich schließlich mit dem Ausliefern und Lagern von Bestellungen, denn auch hinter diesem Produktionsschritt steckt laut Domenic Kratzer und Arion Tomaras mehr Mint, als die Schüler vielleicht zunächst vermuten.
„Ich finde den Mint-Truck schon interessant. Vor allem, weil wir Bereiche kennenlernen, die uns im Alltag eher weniger begegnen“, zeigt sich die 16-jährige Maike begeistert. „Ich kann gar nicht sagen, welche Station mir am besten gefallen hat – ich fand alle interessant“, meint sie.
Der „Discover Industry“-Truck ist neben dem Truck zum Thema Digitalisierung, der laut Lehrer Tobias Korn im nächsten Schuljahr am Gauß-Gymnasium Station machen wird, einer von zwei begehbaren Fahrzeugen von „Coaching4future“. „Wir möchten damit Mint erlebbar machen“, betont Arion Tomaras. Die Jugendlichen erfahren außerdem, welche Berufe hinter den einzelnen Station stecken. Besonders auffällig: Ingenieure werden überall gebraucht.
Info: Weitere Infos gibt’s unter www.coaching4future.de
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