Ketsch. Dem Kegeln sagt man eine enorme Historie nach: Kegeln ist wohl eine der ältesten Sportarten überhaupt. Denn die ältesten gefundenen Überreste von Kegelspielen lassen sich bis ins Jahr 3500 v. Chr. zurückdatierten. Seinen Durchbruch erlebt das Kegeln jedoch erst knapp 5000 Jahre später im Mittelalter, heißt es. Der älteste deutsche Kegelverein wurde dann 1822 gegründet und der älteste Kegelclub in Ketsch zog 1923 nach – die 15 Gündungsmitglieder fanden sich am 28. August im „Wilden Mann“ ein. Ihre Nachfolger sind sechs gestandene Ketscher, die nun das 100-Jährige feiern.
„Solange wir noch die Haxen dazu haben ...“, sagt Heinz Faltermann (76) werde die Kugel jeden Donnerstag gen Kegel befördert. Donnerstag um 19.30 Uhr ist fester Termin für die Gut-Holz-Mitglieder – wie schon die Gründungsväter wird am Donnerstag gekegelt, die Bahnen der Sportvereinigung 06 aufgesucht.
Kegeln als Traditionssport in Ketsch: Gut Holz 1923 feiert Jubiläum
„Die Jugend macht eher Bowling“, weiß man beim Gut Holz 1923 oder „die Leute wollen sich nicht mehr verpflichten irgendwie“. Tatsächlich haben die Ketscher Kegler Nachwuchsprobleme wie die vielen anderen Clubs ihres Genres auch, wenn es sie überhaupt noch gibt. Die fünf Männer um Vorsitzenden Harald Müller (61) sind derweil sehr froh, dass es ihren Verein noch gibt – der Geselligkeit wegen, auch die Bewegung tut gut und ein wenig Ehrgeiz will auch noch auf die Bahn gebracht werden.
Dabei wurde beim Kegelabend richtig Kohle umgesetzt: „In den Annalen steht, dass Gut Holz am ersten Kegelabend Einnahmen von 2 650 000 Mark hatte und für den Kegeljungen 300 000 Mark bezahlt wurden“, berichtet Harald Müller. Freilich waren 1923 andere Geldzeiten, die Hyperinflation ließ grüßen. Der Kegeljunge war übrigens mit der vertrauensvollen Aufgabe betraut, die Kegel wieder aufzustellen. Erst Mitte der 1950er Jahre wurden die Bahnen mechanisch und die Kegeljungen sukzessive ihren Job los.
Adam Brenner Ehrenmitglied bei Gut Holz 1923 in Ketsch
Auch Harald Müller fing als Kegeljunge an, ehe er als Nachfolger seines Schwiegervaters Erwin Schwab, der zu den prägenden Figuren von Gut Holz zählt, avancierte. Schwab etwa war von 1990 bis 2005 Vorsitzender, dann folgte Müller bis heute. Schwab war von 1956 bis 2015 Mitglied des Clubs, der in Adam Brenner sein einziges Ehrenmitglied findet. Zu den langjährigen Mitgliedern zählen auch Gerhard Schwab (48 Jahre) und Hubert Maurer (54 Jahre).
1930 kam ein Wechsel auf die Bahn in der „Kurpfalz“, wie anlässlich des 60. Jubiläums zu lesen ist, und vom 25. Januar 1940 bis zum 27. April 1947 ruhte der Kegelbetrieb wegen des Zweiten Weltkriegs, der zwei Gut-Holz-Mitgliedern das Leben kostete.
Obwohl die Gründungsanzahl von 15 eigentlich nicht überschritten werden sollte, hatte der Club 1936 mal 25 Mitglieder – so viele waren es danach nie mehr. 1967 wechselte der Club sein Vereinslokal, ging fortan zur TSG. 1974 gab es abermals einen Lokalwechsel und die Gut-Holz-Kegler verdingten sich fortan bei der Sportvereinigung 06.
Gut Holz 1923 Ketsch: Titel "Ortsmeister" wurde neunmal erkegelt
Gut Holz gewann 1950 zum ersten Mal die Ortsmeisterschaft, neunmal sei der Titel erkegelt worden, frohlockt man anlässlich des 60. Geburtstags. Auch seien Einzelmeister und Bahnsieger unter den Gut Holzlern gewesen. Die erinnern sich noch gerne an die Feiern im Anschluss an die Ortsmeisterschaften, die in der Rheinhalle im November abgehalten wurden. Die erste Ortsmeisterschaft datiert aus dem Jahr 1947.
Heute pflegen Müller und Co. nicht zuletzt beim Kegelausflug die Geselligkeit. Meist würden vier Tage in Angriff genommen, doch heuer war es eine ganze Woche. In Leiwen an der Mosel habe man es sich gut gehen lassen. Freilich mit den Frauen, die sich ebenfalls gut verstünden, erzählen die Ketscher Kegler. Das Frauen-Pendant auf den Bahnen namens „Zufallstreffer“ sei vor sechs Jahren, zum 50. Geburtstag, eingestellt worden. Doch ans Aufhören denken die Männer noch nicht und feiern beim Schäferhundeverein.
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