Stechmückenplage

Der Kampf gegen die Tigermücke geht in Ketsch weiter

Trotz erfolgreicher Bekämpfung der Stechmücken, darunter die aggressive Asiatische Tigermücke, sind weitere Maßnahmen nötig. Hochwasser und lokale Verbreitung erhöhen die Herausforderungen.

Von 
Volker Widdrat
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Die Asiatische Tigermücke zeichnet sich durch ihre spezielle Musterung aus. Der Exot ist inzwischen an vielen Orten in der Region heimisch geworden. © Ennio Leanza/KEYSTONE/dpa

Ketsch. Der Kampf geht noch weiter. Das ist dringend notwendig. Denn die Populationen der Asiatischen Tigermücke nehmen immer noch zu. Und die Rheinschnaken machen nach dem Sommer auch noch einmal richtig Ärger. Die Saison war für die Bekämpfer der Stechmücken eigentlich schon gelaufen, da kam im August noch eine Hochwasserwelle den Rhein runter. Starke Regenfälle in der Schweiz, am Bodensee und im Schwarzwald ließen die Auwälder an den Seitenarmen noch einmal volllaufen. Deshalb mussten die Gebiete mit den Brutstätten der Schnaken erneut behandelt werden, auch durch den Einsatz von zwei Hubschraubern.

Es waren wieder extrem viele Larven geschlüpft. Bis Ende September könnte die Bekämpfung, die bisher sehr gut funktioniert hat, noch weitergehen, vielleicht auch noch in den Oktober hinein, sagen Direktor Dirk Reichle und Diplom-Biologe Hans Jerrentrup von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmücken (Kabs), als unsere Redaktion die beiden, wie schon im Mai, auf der Brücke zur Rheininsel in Ketsch trifft.

Regenwassertonnen in einem Garten in Ketsch: Ein engmaschiges Netz verhindert, dass Tigermückenweibchen zur Eiablage kommen. © Volker Widdrat

Asiatische Tigermücken und andere Stechmücken werden in Ketsch und der Region bekämpft

Zurück zur Asiatischen Tigermücke: In der Enderlegemeinde ist die größte Population von allen zuhause. Die beiden Spezialisten haben die aktuellen Zahlen dabei. In diesem Jahr wurden hier 16 749 Grundstücksbegehungen gemacht, dabei wurden 57 496 Brutstätten behandelt, durchschnittlich also 3,4 Brutstätten pro Grundstück. Auf einem Grundstück wurden maximal 260 Brutstätten behandelt. Es gibt gerade 189 aktive Fallenstandorte in der Gemeinde, erläutert Jerrentrup die Maßnahme gegen die Tigermücken-Populationen.

Gegen Brutstätten: Eine Regentonne ist durch einen Deckel geschützt. © Volker Widdrat

In einer sogenannten Ovitrap-Eiablagefalle legen die Weibchen auf einem Stäbchen etwa einen Zentimeter oberhalb der Wasserlinie die Eier ab, die dann vierzehntägig abgesammelt und ausgewertet werden. Bis zu 1023 Eier wurden auf so einem Stäbchen schon gefunden. Mit einer sogenannten GAT-Falle (Gravid Aedes Trap) dagegen werden „schwangere“ Weibchen an der Eiablage gehindert und sterben, wenn sie in die Falle fliegen. Sie bleiben dann an einem Klebestreifen hängen. Über dem Wasser ist dazu eine engmaschige Gaze gespannt, so dass keine Eiablage stattfinden kann. Mehr als 12600 Eier der Asiatischen Tigermücke wurden so über die gesamte Saison schon bestimmt. Über 32 Mitarbeiter seien ständig in Ketsch unterwegs gewesen, so Jerrentrup. Und das auf einer Fläche von über 200 Hektar.

In diesem Jahr fand die Bekämpfung der exotischen Stechmücke bereits in mehr als 20 Mitgliedsgemeinden der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) statt. Die Kabs ist ein eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein mit dem Ziel, die Schnakenplage mit ökologisch vertretbaren Maßnahmen einzudämmen. Der verwendete Wirkstoff für die Stechmücken ist ein Eiweißkristall, das aus dem bodenlebendem „Bacillus thuringiensis israelensis“ (Bti) gewonnen wird. Er wird mit Eisgranulat, Sand oder Öl mit dem Hubschrauber auf die entsprechenden Wasserflächen und Überschwemmungsgebiete ausgebracht. Die Kristallproteine werden als Nahrung aufgenommen und im Darm der Mücke in einzelne Toxine aufgespalten.

Die Falle simuliert eine Brutstätte, ehe die Weibchen kleben bleiben. © Volker Widdrat

Die Tigermücke wird in Ketsch weiter bekämpft: „Sie ist sehr aggressiv“

Die Tigermücke, deren Brutstätten nur im Wohngebiet von Ketsch liegen und nicht am Altrhein, kann Krankheiten wie Dengue- oder Chikungunya-Fieber, West-Nil-Fieber und Gelbfieber-Viren oder das Zika-Virus, das für Schwangere gefährlich ist, übertragen. Die weltweit wichtigste invasive Stechmückenart stammt ursprünglich aus Südostasien. Dabei ist es immer wieder erstaunlich, wie lokal die Quälgeister bei uns vorgehen und angreifen. „Sie ist sehr aggressiv und sticht um die Mittagszeit, auch bei 30 Grad Hitze“, erklärt Reichle. Das tue sie nur in einem Umkreis von 100 bis 120 Metern rund um ihren Schlupfort; „Das sind sehr träge Flieger.“

Für die Behandlung aller Brutstätten mit dem biologischen Wirkstoff sei das Einverständnis der Grundstückseigentümer erforderlich, meint Reichle. Es gebe aber immer weniger Verweigerer: „Die Leute haben inzwischen reagiert und machen gut mit“. Viele hätten ihre Regentonnen und Wassertanks, die häufigsten und wichtigsten Massenbrutstätten, abgedeckt. Die Eier der exotischen Stechmücke, die kleiner als eine Ein-Cent-Münze ist und als Erkennungsmerkmal einen Streifen silberweißer Schuppen hat, können auch Frostphasen überstehen und den Winter überdauern. Versteckte Brutstätten sind überall, wo sich Regenwasser sammelt: Sonnenschirmständer, Kinderspielzeug, Untersetzer, Blumentöpfe, Regenrinnen und Hofgullys.

Wissenschaftlicher Direktor Dirk Reichle (r.) und Diplom-Biologe Hans Jerrentrup von der Kabs auf der Brücke zur Rheininsel in Ketsch. © Widdrat

Die Wahrscheinlichkeit, dass es durch die Asiatische Tigermücke zu Krankheitsübertragungen kommt, nehme immer mehr zu, warnt Reichle. Vor zwei Wochen habe es in Schwetzingen einen Fall von Dengue-Fieber gegeben. Je früher eine Population entdeckt wird, „desto schneller können wir vorgehen“. Die Bekämpfung der Tigermücke sei vor allem auch Gesundheitsprophylaxe: „Wir verringern das Risiko.“

Eine Eiablagefalle, in der die Weibchen die Eier ablegen, die dann alle zwei Wochen eingesammelt und ausgewertet werden. © Kabs

Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde sei von Anfang an hervorragend gewesen, lobt Jerrentrup. Ein Problem bleibt aber: Falls in dieser Saison Populationen noch in weiteren Mitgliedsgemeinden auftauchen sollten, dürften die Mitarbeiter bald nicht mehr ausreichen. Das hohe Gefahrenpotenzial der Tigermücke ist inzwischen auch von der Politik und den Gesundheitsämtern erkannt worden. Bis Mitte Juli wurden in 22 der 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs Tigermücken nachgewiesen. In 16 der Kreise gibt es etablierte Populationen, teilweise an mehreren Standorten. So wie in Ketsch. Mit einem Vertrag mit dem Sozialministerium sei der Verein nun im August um eine Mitgliedschaft erweitert worden, freut sich Reichle.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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