„Buch und Manufakturwaren“

Ein Abend für die Beatles: Werner Köhler bringt Liverpool nach Ketsch

Beatles-Experte Werner Köhler entführt das Publikum in Ketsch in die Anfänge, Erfolge und Geheimnisse von John, Paul, George und Ringo – inklusive Hamburg-Nostalgie und überraschender Details über Songs.

Von 
Henrik Feth
Lesedauer: 
Der renommierte Musikredakteur Werner Köhler berichtet bei "Heute Abend bei Michelfelders" in Ketsch über seine Leidenschaft: die Beatles. © Caroline Scholl

Ketsch. „You say ,Goodbye‘ and I say ,Hello, hello, hello‘“ - ertönt mit der unverwechselbaren Stimme von Paul McCartney in den Räumen von „Buch & Manufakturwaren“ bei der jüngsten Ausgabe von „Heute Abend bei Michelfelders“. Und dieser Abend ist ein ganz besonderer: Er stellt die erfolgreichste und bekannteste Musikformation aller Zeiten in den Mittelpunkt - John, Paul, George und Ringo, die vier Legenden aus Liverpool, besser bekannt als The Beatles.

Dafür hat Gastgeberin Gabriele Hönig den wohl renommiertesten deutschen Experten bezüglich der „Fab Four“ aus Mainz in die Enderlegemeinde eingeladen. Der ehemalige SWR-Musikredakteur Werner Köhler, der schon seit Beginn der Beatles über die Faszination der vier Liverpooler berichtet und persönlichen Kontakt zu den Bandmitgliedern hatte, berichtet an diesem Abend über die unterschiedlichen Charaktere des Quartetts, bringt einmalige Tonaufnahmen mit und gewährt einen Blick in die Hintergründe einiger der bekanntesten Songs der Beatles.

Der Beginn einer der größten Erfolgsgeschichten der Pop- und Rockmusik und des wohl talentiersten Songwriter-Duos aller Zeiten kann auf den 6. Juli 1957 datiert werden. „Es ist Dorffest an der St. Peter's Church im Liverpooler Stadtteil Woolton und der 16-jährige John Lennon darf mit seiner Band ‚The Quarrymen‘ auftreten. Im Publikum ist dabei der ein Jahr jüngere Paul McCartney, der von einem gemeinsamen Freund der beiden, Ivan Vaughan, eingeladen wurde“, berichtet Köhler.

Vortrag in Ketsch: So lernten sich Paul McCartney und John Lennon kennen

Nach dem Auftritt stellte Vaughan die beiden einander vor. Paul beeindruckte John, indem er ihm zeigte, wie man die Gitarrensaiten richtig stimmt und spielte Eddie Cochrans „Twenty Flight Rock“ – Lennon war so begeistert, dass er Paul unbedingt in seiner Band haben wollte – und so nahmen die Beatles langsam Formen an.

Doch noch bevor die vier Liverpooler ihre endgültige Bandbesetzung gefunden hatten und den Durchbruch schafften, absolvierten sie bekanntlich ab Sommer 1960 eine Art musikalisches Trainingslager in Deutschland - auf der Hamburger Reeperbahn. „Dort war der Rock 'n' Roll dank zahlreicher US-amerikanischer Seeleute angekommen und die Clubs auf St. Pauli suchten talentierte Bands, die dieses Genre beherrschten – zu den deutschen Musikern war der Rock schlichtweg noch nicht durchgekommen.“

"Hello Goodbye" ist das Motto beim Beatles-Abend in Ketsch. © Caroline Scholl

Jedem Beatles-Fan sind Begriffe wie der „Indra“-, der „Top Ten“- oder der „Star“-Club nicht fremd, denn dort traten die blutjungen Beatles – damals schon mit George Harrison, aber noch ohne Ringo Starr - bei fünf Aufenthalten bis 1962 in mehreren Hundert Stunden live auf. Aus dieser Zeit hat Köhler zwei Anekdoten mitgebracht: So musste sich der damals 17-jährige George Harrison bei den häufig durchgeführten Polizei-Razzien in den Clubs immer hinter dem Klavier verstecken, da er als Minderjähriger nicht anwesend sein durfte.

Außerdem verbrachten die jungen Beatles nach ihren Auftritten ihre Zeit in der noch heute bestehenden Kneipe „Gretel und Alfons“, die schnell zum Stammlokal der vier Liverpooler wurde. Da die Band zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihren Durchbruch feierte, ließ sie auch gerne mal „anschreiben“.

Beatles in Ketsch im Fokus: McCartney zahlt Zeche fast 30 Jahre später

„Und so kam es, dass nach der Hamburg-Zeit noch ein ,Deckel‘ bei ‚Gretel und Alfons‘ offen war“, so Köhler. Als Paul McCartney 1989, neun Jahre nach dem Tod von John Lennon, im Zuge seiner Welttournee in die Hansestadt zurückkam, gelang es dem Nachfolgebesitzer der Kneipe, bei der Pressekonferenz den ausstehenden Deckel anzusprechen.

„Ein paar Stunden danach betrat Paul McCartney das ,Gretel und Alfons‘, beglich den Deckel mit Zinsen und Zinseszinsen und übergab noch ein unterschriebenes Tourplakat, das bis heute noch in der Kneipe hängt“, stellt Köhler den Charakter hinter dem genialen Musiker heraus.

Wie stark die Beatles schon in jungen Jahren verbunden waren, zeigt auch ein Ritual, das John Lennon während der Hamburg-Zeit etablierte, wenn es nicht so gut für die Band lief. Mit Begeisterung berichtet Köhler davon: „Sie stellten sich im Kreis auf und John rief ,Wo geht es hin?‘ - die Antwort im Chor war dann immer ,An die Spitze‘. Das sollte dann ja auch funktionieren.“

Denn kurz nach ihrer Zeit in Deutschland ging es für die Beatles eben genau dahin: Mit dem Song „Love me do“ hatten sie 1962 ihren großen Durchbruch. Nicht dabei war hier jedoch Schlagzeuger Pete Best, der in Hamburg noch dabei war. „Er wurde bekanntlich durch Ringo Starr ersetzt. Nicht jedoch aus Gründen des Könnens, beide Schlagzeuger waren zu diesem Zeitpunkt ähnlich gut. John, Paul und George mochten Ringo einfach mehr“, berichtet Köhler.

Eben jene Beziehung untereinander war stets ein großer Teil des Erfolgsrezepts der „Fab Four“: Vor allem die enge Verbindung zwischen John und Paul war ausschlaggebend auf dem Weg zur berühmtesten Musikband der Geschichte. „Sie hatten beide früh ihre Mutter verloren: Bei Paul war es der Krebs, der ihm ,Mother Mary‘ entriss, was er später auch in ‚Let it be‘ verarbeitete und Johns Mutter Julia verstarb bei einem tragischen Verkehrsunfall. Das hat das Band der beiden stets geprägt“, lässt Köhler in die Beziehung zwischen McCartney und Lennon blicken.

Ringo Starr beschrieb einst treffend das Verhältnis der vier Bandmitglieder untereinander: „Ich bin zwar Einzelkind, hatte jedoch trotzdem drei Brüder.“ Dazu zählte auch der „stille“ Beatle George Harrison, zu dem Köhler ebenfalls eine Anekdote erzählt: „George war begeistert von chinesischer Mythologie, irgendwann hat er sich ein Buch genommen, aufgeschlagen und mit dem Zeigefinger blind ein Wort ausgesucht. Dieses war ‚gently weeps‘ und so entstand der Song ,Why my Guitar gently weeps‘.“

Wie Eric Clapton dem Beatle George Harrison half

Als ihn seine drei Bandkollegen bei der Aufnahme des Liedes nicht richtig ernst nahmen, entschloss sich Harrison, seinen Freund Eric Clapton mit ins Boot zu holen und hatte somit direkt die Aufmerksamkeit der restlichen Beatles – das Ergebnis beinhaltet ein grandioses Gitarrensolo Claptons.

Über die Beatles könnte man Stunden und Tage lang berichten, vor allem Werner Köhler, der sogar Führungen in Liverpool und Hamburg zu diesem Thema gibt. Zwei weitere Hintergrundgeschichten hat der Musikredakteur an diesem zeitlich begrenzten Abend bei „Buch und Manufakturwaren“ noch in petto.

Das Publikum bei "Buch und Manufakturwaren" in Ketsch lässt sich von der Beatles-Nostalgie mitreißen. © Caroline Scholl

Der berühmte Beatles-Song „Eleanor Rigby“ basiert beispielsweise instrumental auf der Titelmelodie des Hitchcock-Klassikers „Psycho“ und das eigentliche Vorbild des im Lied vorkommenden „Father McKenzie“ hieß tatsächlich „Father McCartney“. „Das hat Paul natürlich gefallen, doch das Veto seiner Bandkollegen führte dann zu der Umbennenung“, erklärt Köhler.

Er geht dann zum Abschluss nochmals auf die kreativen Eingaben von John Lennon beim Texteschreiben ein: „Yoko Ono spielte einst Beethovens Mondscheinsonate auf dem Piano, als John einen Einfall hatte. Er ließ sie die Melodie rückwärts spielen, vertauschte Töne und schuf somit das Instrumental des Beatles-Songs ,Because‘.“

Als sich die Beatles am 10. April 1970 trennten, war das zwar das Ende der „Fab Four“, doch praktisch die komplette Diskografie der Liverpooler zählt noch heute zum wertvollsten musikalischen Kulturerbe. Mit Werner Köhlers Vortrag in Ketsch bei „Heute Abend bei Michelfelders“ wurde eine wahre Liebeserklärung an diese legendären Musiker gesetzt und hinterließ pure Begeisterung bei den Gästen.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke