Ketsch. Er wird weit mehr fehlen, als dass seine Widersacher – politische vielleicht – frohlocken werden: Gerhard Jungmann (SPD) wird den Gemeinderat zum 31. Januar verlassen. Seinem Antrag wurde in der öffentlichen Ratssitzung in der Rheinhalle am Montagabend entsprochen.
Gerhard Jungmann, der Fraktionssprecher der Sozialdemokraten, ist seit 20 Jahren im Gremium tätig. Damit liegt automatisch ein wichtiger Grund vor, den ein Ratsmitglied vorbringen kann, sofern es ausscheiden möchte. Denn die Gemeindeordnung sieht vor, dass sich ein Gemeindrat nach zehn Jahren einen solchen wichtigen Grund quasi erarbeitet hat. Dass der Gemeinderat darüber entscheidet, ist nicht mehr als eine Formalie.
Die Verabschiedung von Gerhard Jungmann ist dann im öffentlichen Teil der Ratssitzung im Januar 2021 vorgesehen. Aber schon jetzt schwang ein wenig Wehmut mit – zumal die Tagesordnung, neben den Punkten, die immer draufstehen, nicht mehr viel zu bieten hatte.
Im Gespräch mit unserer Zeitung meinte der 60-Jährige, dass er sich aus Zeitgründen nicht mehr derart dem Amt widmen könne, wie es dies eigentlich erfordere. Er werde dem Amt – dem eigenen Empfinden nach – nicht mehr gerecht. Jungmann hat mit seiner Frau Helga zwei Töchter, Jessica (29) und Jasmin (26), wobei Erstgenannte dieser Tage an ihrer Selbstständigkeit bastelt, die Gerhard Jungmann möglichst tatkräftig unterstützen möchte. „Sie ist Ökotrophologin“, sagte er mit Verweis auf die Jüngere, die Lehrerin sei.
„Hat immer Spaß gemacht“
Der Druckformhersteller fungierte als Rat aus Überzeugung: „Es war immer ein Anliegen, mitreden und mitentscheiden zu dürfen und mich einzubringen.“ Er gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es hat immer Spaß gemacht.“ Und als die Kinder noch klein gewesen waren, sei auch er noch jünger gewesen und habe die zusätzliche ehrenamtliche Arbeit „besser weggesteckt“.
Im Jahr 2001 ist er als Nachrücker in den Gemeinderat gekommen. Recht schnell 2004 sei er Fraktionssprecher geworden. Im Rückblick auf 20 Jahre Ratsmitgliedschaft war für ihn auffallend, dass die Arbeit am Anfang „sehr kollegial“ ausgestaltet gewesen war. Das habe sich im Laufe der Jahre etwas geändert. Der Ton sei rauer geworden.
Die Enderlegemeinde habe sich in den vergangenen 20 Jahren positiv entwickelt, findet Jungmann. Er nennt den Marktplatz und die Schwetzinger Straße, wobei man vieles auf den Weg gebracht habe, das viel weniger im Fokus gestanden habe. Gerne hätte er noch daran mitgewirkt, was mit der sanierungsbedürftigen Rheinhalle geschehen wird oder wie sich die Schulen und Kindergärten weiterentwickeln. In der Rückschau bedauert er, dass die Marion-Dönhoff-Realschule nicht Ganztagsschule geworden ist, sondern die Neurottschule („man hätte viel Kosten gespart“). Auch die Zusammenlegung der Feuerwehren in Brühl und Ketsch hätte Gerhard Jungmann lieber gesehen.
Er bleibe dem SPD-Ortsververein freilich noch erhalten, aber „nicht mehr in vorderster Front“. Das lasse nicht zuletzt Raum für Jüngere. Ein Beispiel, dass das seine Vorteile haben kann, nennt der Lokalpolitiker: „Mit den sozialen Medien bin ich nie warm geworden. Da wird schnell was geschrieben ohne nachzudenken.“
Gerhard Jungmann war selbst Nachrücker und für ihn wird es ebenfalls einen Nachrücker geben müssen. Das ist, wie Hauptamtsleiter Ulrich Knörzer auf Nachfrage sagt, laut Gemeindeordnung Hans-Peter Rist. Denn der Ex-Rat vereinte die meisten SPD-Stimmen auf sich, unter all jenen, die nicht ins Gremium einzogen.
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