Im Interview - Nelly Amiri moderiert Sun Day Movies im Central Kino / Mit elf Jahren kam sie aus dem Iran nach Deutschland / Videos zeigen Probleme zwischen Mann und Frau

„Ich musste erst verstehen, was Freiheit bedeutet“

Von 
Vanessa Schwierz
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Nelly Amiri kommt als Moderatorin zu Sun Day Movies. Mit Videos zu Problemen zwischen Frau und Mann hat sie bei Social Media viele Follower. © Wiebe

Ketsch. Mit elf Jahren zog Negah Amiri, Künstlername Nelly,mit ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland. Einen Namen machte sie sich als Moderatorin verschiedener Veranstaltungen im Rhein-Main-Gebiet. Auch als Comedienne ist sie unterwegs. Auf ihren Social-Media-Kanälen veröffentlicht sie Videos, die die Probleme zwischen Mann und Frau widerspiegeln. Am Sonntag, 7. Juli, moderiert sie Sun Day Movies im Central Kino. Im Interview spricht sie über die Ankunft und Freiheit in Deutschland und ihren Weg vom Radio zur Comedy.

Nelly oder Negah Amiri, was ist denn nun Ihr richtiger Name?

Nelly Amiri: (lacht) Das frage ich mich um ehrlich zu sein auch bis heute. Also mein richtiger Name ist Negah, das ist ein persischer Name, was aber in Deutschland sehr rassistisch klingt. Da kommen bei mir dann die ersten Gags mit den Namen. Ich glaube, wir haben uns eigentlich für Nelly Amiri entschieden, weil es dann doch zu Komplikationen kommen kann, wenn man den Namen zum ersten Mal hört – daher ist Nelly Amiri mein Künstlername.

Warum sind Sie mit Ihren Eltern nach Deutschland gekommen?

Amiri: Der Grund meiner Mutter war die Freiheit, die man hier hat. Im Iran müssen die Frauen ein Kopftuch tragen. Ich selbst musste ab der ersten Klasse schon verschleiert zur Schule gehen. Irgendwann hat meine Mutter mich dann nach der Schule Heim kommen sehen und gesagt, „so will ich meine Tochter nicht groß werden sehen, vor allem, wenn sie es nicht freiwillig macht“.

Mit der Religion haben Sie also nichts zu tun?

Amiri: Auf dem Papier sind wir noch Muslime, aber meine Eltern sind noch nie gläubig gewesen. Mit dem Islam hatten wir nie was zu tun, außer halt inländisch, weil wir es mussten. Aber jetzt hat es keinen besonderen Stellenwert mehr in unserem Leben.

War es für Sie eine Umstellung, als Sie nach Deutschland kamen?

Amiri: Total. Ich habe mir Deutschland damals so vorgestellt, dass wir da hinziehen, frei sind und alles anders sein wird. Ich habe aber mental noch immer zehn Jahre in einem Gefängnis gelebt. Man ist zwar in der Freiheit, aber irgendwo kann man sich doch nicht so ganz darauf einlassen. Wichtig war es zu verstehen, was diese Freiheit wirklich bedeutet und es schätzen zu lernen. Es hat ein bisschen gedauert, bis das bei mir ankam.

Wie hat es Sie dann zum Radio geführt?

Amiri: Bei mir war der Werdegang schon immer etwas für sich. Nach dem Abitur wusste ich nicht, was ich machen soll, aber ich war schon immer sehr kommunikativ und habe viel mit Menschen geredet. Auf der Straße wurde ich dann vom besten Freund des Senderchefs entdeckt. Er meinte, ich hätte eine gute Stimme. Dann habe ich mit einem Praktikum angefangen und habe dort gearbeitet.

Wie kam es dazu, dass Sie Videos auf den Social-Media-Kanälen gepostet haben?

Amiri: „Viva“ hatte eine Moderatorin gesucht und die wollten ein Video haben. Das habe ich gemacht und es auf Social Media gestellt. Die Reaktionen waren dann, wie man Negah heißen kann und warum ich so eine schiefe Nase hätte – na ja, die habe ich halt. Daraufhin habe ich eine Videoantwort über meinen Namen und die Nase gemacht. Das ist viral (etwas, das durch Kontakte in Social Media Verbreitung findet, Anm. d. Red.) gegangen. Das kam aus dem Nichts. Mach doch besser Comedy, als Moderation – dachte ich mir dann so.

Sie widmen sich in den Videos viel dem Frau-Mann-Problem.

Amiri: Ich habe in meinem Leben erlebt, dass egal wie stark eine Frau war, das Hauptproblem für Frauen dann doch irgendwie die Männer sind. Nicht die Männer an sich, sondern unser Verhältnis zu den Geschichten, die passieren. Ich habe es selbst erlebt, egal wie gut es bei mir funktioniert, da braucht man nur mal einen falschen Typen kennenzulernen, da war ich dann total aus der Fassung und konnte mich auf vieles nicht mehr konzentrieren. Nach einer schmerzhaften Trennung, die ich durchlebt habe, habe ich einen neutralen Blick auf die Dinge bekommen. Wir Frauen machen uns zu viele unnötige Sorgen in einer Beziehung. Dadurch versuche ich, wie mit einem Spiegelbild, zu zeigen, dass die Frauen nicht allein sind. So sehen viele ihr Verhalten und können es minimieren oder verändern.

Es gibt bestimmt viel Feedback.

Amiri: Auf jeden Fall. Es gibt manchmal tausende Kommentare. Ich bin immer wieder verwundert, wie viele sich mit diesen Verhaltensweisen identifizieren können. Das hätte ich vorher nicht gedacht.

Wollen Sie auch auf die Bühne oder bei Social Media bleiben?

Amiri: Ich habe vor, es zu mixen. Ich glaube die beiden Gebiete liegen mittlerweile sehr nah beieinander. Mein Ziel ist es, dann auch 2020 auf Tour zu gehen. Wie groß das wird, weiß ich natürlich noch nicht (lacht).

Wie kam es dazu, dass Sie als Moderatorin bei Sun Day Movies im Central Kino dabei sind?

Amiri: Die Anfrage kam über eine ehemalige Kommilitonin von der Uni. Sie hat mich über Instagram angeschrieben, ich habe direkt zugesagt. Ich kam ja auch spät nach Deutschland und habe einiges erlebt. Es ist schön, wenn ich meine Erfahrungen mit Zugezogenen teilen und auch einfach meine Meinung sagen kann.

Bereiten Sie sich darauf vor?

Amiri: Da es sich dabei auch um mein Leben handelt, weiß ich das ja auswendig. Ich mache das daher spontan. Das ist eigentlich meine Stärke. Immer wenn ich mich vorbereite, läuft alles schief (lacht).

Info: Amiris Kanäle im Internet: www.instagram.com/negah_amirii oder unter www. facebook.com/Negahamirii

Zur Person: Nelly Amiri

Negah Amiri, Künstlername Nelly, ist am 7. September 1993 im Iran geboren und mit elf Jahren nach Deutschland gezogen.

Amiri hat die Hauptschule besucht und dann ihr Abitur gemacht.

Sie studierte Angewandte Medien an der Hochschule Mittweida, arbeitete bei Antenne Bad Kreuznach und machte ein Volontariat bei Antenne Frankfurt.

Bei Antenne Bad Kreuznach moderierte sie unter anderem die Morning-Show „Antenne am Morgen“ sowie die Mittagssendung „Antenne bei der Arbeit“.

Anschließend begann sie mit Social Media und postete lustige Videos auf ihren Kanälen von Instagram und Facebook. vas

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