Gewann Entenpfuhl - Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz warnt vor einem Abbau von Sand und Kies / Schutzgebiet vorläufig ausgewiesen

Kleinevoß: Das Risiko ist zu groß

Von 
Marco Brückl
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Diplom-Ingenieurin Kathrin Böttcher und Technischer Geschäftsführer Bodo Kleinevoß vor dem Modell des Wasserwerks Schwetzinger Hardt: Für die Wasserexperten birgt ein Kies- und Sandabbau im Entenpfuhl ein zu großes Risiko. © Brückl

Ketsch/Schwetzingen. Die Angst um das Wasser treibt die Menschen um, wenn es um den geplanten Sand- und Kiesabbau im Gewann Entenpfuhl geht. Der Zweckverband Wasserversorgung Kurpfalz (ZWK) verweist nicht ohne Stolz darauf, dass das ZWK-Wasser beispielsweise Mannheim und Heidelberg diente, um die erhöhten Werte an Trifluoracetat (TFA), die der Neckar ab Mitte 2016 verstärkt mit sich brachte, auszugleichen. Und: „Man sollte sich sehr gut überlegen, ob ein Sand- und Kiesabbau in einem Wasserschutzgebiet liegen muss. Das Risiko ist schlicht zu groß“, sagt Bodo Kleinevoß, Technischer Geschäftsführer beim ZWK.

Da zum ZWK neben Ketsch und Schwetzingen auch die Großstädte Mannheim und Heidelberg gehören, kommt das Schwetzinger Hardt-Wasser bis zu 300 000 Menschen zugute. Der ZWK hat 2000 vom Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Wasserrechtsbehörde das Recht erhalten, bis zu 16 Millionen Kubikmeter Grundwasser zu entnehmen. „Wir erhielten damit auch den Auftrag, eine Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets zu beantragen. Das Land hat mit uns zeitgleich ein Grundwasserströmungsmodell aufgestellt“, sagt Kathrin Böttcher, Referentin Ressourcenschutz, Wasserwirtschaft und Wasserlabor.

2003 hat der ZWK die neuen Grenzen des Wasserschutzgebiets auf Basis seines Modells beim Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises beantragt. Doch erst 2016 lag dort ein Gutachten des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) vor, um das Verfahren zur Neuabgrenzung des Wasserschutzgebiets rund um das Wasserwerk Schwetzinger Hardt endlich voranzutreiben.

Als der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) als zuständige Raumordnungsbehörde den einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar 2014 fortschrieb, war er zwar über die bevorstehende Erweiterung des Wasserschutzgebiets unterrichtet – nicht aber über die räumliche Ausdehnung. Der Entenpfuhl wurde abermals als Vorranggebiet für den Rohstoffabbau ausgewiesen, zumal dort leicht zugänglich Sand und Kies schlummern.

Mittlerweile ist es Fakt: Der Entenpfuhl befindet sich im Wasserschutzgebiet, wenn auch zunächst nur vorläufig. Das vom ZWK angestrengte Zielabweichungsverfahren – im Regionalplan ist der Entenpfuhl ja Rohstoffabbaugebiet – wurde vom Regierungspräsidium Karlsruhe im November 2017 zugelassen; und als „Anordnung der sofortigen Vollziehung“ vom Landratsamt in Heidelberg im März 2018 in Kraft gesetzt, wie im Internet nachzulesen ist.

Klage beim Verwaltungsgericht

Gleichwohl hat die Firma Heinrich Krieger KG, die den Kies und Sand im Entenpfuhl über 35 Jahre hinweg abbauen möchte, gegen die Zielabweichungsentscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Auch sonst zeigte sich die Firma Krieger um rechtliche Schritte nicht verlegen – auch ein Widerspruch bringt nicht zuletzt Zeit.

Wie Bodo Kleinevoß und Kathrin Böttcher erklären, hat auch die vorläufige erweiterte Ausweisung des Wasserschutzgebiets ihren Sinn. Denn die Versorgung mit sauberem Wasser sei auch gegen andere Vorhaben zu sichern und biete mehr Handlungsspielraum für den Wasserschutz. Die vorläufige Ausweisung des Wasserschutzgebiets reiche über drei Jahre und könne um ein Jahr verlängert werden.

Beim jüngsten Scoping-Termin im August beim Landratsamt Heidelberg wurde darauf hingewiesen, dass sich hier zwei Interessen entgegen stehen – eben Wasserschutz, worauf der ZWK drängt, versus Kiesabbau, was das Unternehmen Krieger anstrebt – und dass zwei Gutachten die jeweiligen Vorhaben untermauern und zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

"Man hat uns vorgeworfen, dass unser Modell alt sei“, sagt Kathrin Böttcher. Von „alt“ könne aber nicht die Rede sein. Einerseits veränderten sich die Verhältnisse in den Schichten unter dem Boden nicht so schnell, andererseits seien die neuesten Erkenntnisse aktueller Bohrungen eingeflossen und vor allem hätten sich die im eigenen Modell angenommenen Durchlässigkeiten der Schichten bei Pumpversuchen als richtig herausgestellt. Das ZWK-Modell bilde die Realität sehr gut ab und sei ja auch auf den Vorgaben des Landes erstellt worden.

Moderne Förderanlage

Das Wasserwerk Schwetzinger Hardt im Wald nahe der B 39 ist ein modernes Grundwasserwerk auf dem neuesten Stand von Forschung und Technik. Es arbeitet vollautomatisch und wird im Verbund mit den Mannheimer Wasserwerken über eine Fernwirkanlage überwacht. Aus drei verschiedenen Stockwerken wird Wasser entnommen. Für die Abgrenzung eines Schutzgebiets sind die Durchlässigkeiten zwischen und in den wasserführenden Schichten bedeutsam. Wenn man nur einen Parameter verändere, ändere sich das Modell und damit die Ausdehnung des zu schützenden Gebiets, erklärt Böttcher.

Der ZWK hat den Vorschlag gemacht, ein drittes Gutachten anzufertigen. Es soll von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) ausgearbeitet werden – als neutrale Stelle. Beim Scoping-Termin wurde überdies vereinbart, dass sich die Experten beider Seiten treffen, auch um über ihre Modellannahmen zu sprechen. Das soll Anfang kommenden Jahres sein. Kleinevoß und Böttcher bestätigten im Gespräch nochmals, das dritte, neutrale Gutachten als bindend anzuerkennen. Ob es jedoch jemals erstellt wird? Zumal: Wer bezahlt es?

Sicher ist: Wenn der Entenpfuhl im sogenannten III A-Gebiet („Weiteres Schutzgebiet“) bleibt, wird es schwieriger, dort Sand und Kies abzubauen. Denn das ist in einem so bezeichneten Gebiet dann eigentlich nicht erlaubt. Dann braucht es schon eine Sondergenehmigung.

Aber die Menschen sind sich ihrer Verantwortung ja auch bewusst, wie der gemeinsame Standpunkt „Sand- und Kiesgewinnung in Trinkwassergewinnungsgebieten durch Nassabbau“ des Bundesverbands der Deutschen Kies und Sandindustrie (BKS), des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe (MIRO), der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfachs (DVGW) und der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) verdeutlicht – dort heißt es: „Im Arbeitsblatt W 101 des DVGW: Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser (Juni 2006) wird der Gewinnung von Rohstoffen und sonstigen Abgrabungen mit Freilegungen des Grundwassers in der Schutzzone III A wegen der Entfernung der grundwasserüberdeckenden Schichten ein sehr hohes Gefährdungspotenzial, in der Schutzzone III B ein hohes Gefährdungspotenzial zugeordnet.“

Quasi eine Monopolstellung

Doch noch liegt der Entenpfuhl nicht abschließend festgelegt in der Schutzzone III A. Und es geht um viel Geld. In der Rhein-Neckar-Region gibt es keinen nennenswerten Abbau von Sand und Kies mehr. Würde die Heinrich Krieger KG den Zuschlag für den Entenpfuhl erhalten, hätte sie für die nächsten 35 Jahre ausgesorgt. Krieger müsste gar nicht exportieren, was dem Unternehmen schon vorgeworfen wurde. Im nahen Umkreis würde man sich nach dem Sand und Kies des Entenpfuhls verzehren – der aus Entenpfuhl-Rohstoffen hergestellte Beton würde auf Baustellen in der Metropolregion verbaut. Krieger hätte eine Quasi-Monopolstellung.

„Wir wollen die Wasserversorgung nicht nur über die nächsten 35 Jahre gewährleisten. Zu unseren Aufgaben gehört es, die Qualität des Trinkwassers dauerhaft sicherzustellen“, sagen Kleinevoß und Böttcher.

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