Ketsch/Mannheim. "Ich liebe ihn immer noch abgöttisch und vermisse ihn sehr." Als die 51-Jährige gestern vor dem Schwurgericht des Landgerichts Mannheim diesen Satz sagt, hat sie ein paar Minuten vorher zugegeben, ihren Ehemann mit zahlreichen Messerstichen getötet zu haben. Im Saal ist kein Platz mehr frei, als die Strafkammer 1 den Prozess wegen heimtückischen Mordes gegen die Ketscherin eröffnet. Die Frau räumt - wie schon bei den polizeilichen Vernehmungen - alles ein. Fast drei Stunden lang antwortet sie zu ihrer Lebensgeschichte und spricht über die Bluttat am späten Abend des 2. Februar dieses Jahres.
Als ihr Mann im Bett liegt und schläft, holt sie nach eigener Aussage ein Küchenmesser und fügt ihm mindestens 18 Messerstiche zu. Sein Gesicht bedeckt sie mit einem Tuch. "Warum tust du das, ich liebe dich doch", ruft der 43-Jährige ihrer Aussage zufolge noch nach dem ersten Stich. Eine Schlagader ist verletzt, ein Halswirbel durchtrennt, das Schulterblatt gebrochen.
Am nächsten Tag kauft die 51-Jährige ein elektrisches Messer, auch Brennspiritus besorgt sie. Sie beginnt, den Leichnam zu zerstückeln. Es gelingt ihr nicht, einen Arm abzutrennen. Einen Fuß, der noch am Körper hängt, versucht sie in einem Wok zu verbrennen. "Ich bin eigentlich der friedlichste Mensch der Welt", sagt sie ein paar Minuten später, als sie von ihrem bisherigen Leben erzählt.
Die gebürtige Mannheimerin wächst in Schwetzingen auf, geht dort zur Schule und macht die Mittlere Reife. Ihre Eltern betreiben über viele Jahre eine Konditorei mit Café. Eigentlich will sie Krankenschwester werden, lernt aber auf Wunsch des Vaters Konditorin. Das Geschäft geht in die Insolvenz. Es bleiben hohe Schulden. Sie lernt einen Mann kennen, mit dem sie später eine Tochter bekommt. Sie überschreibt ihrem Lebensgefährten das elterliche Haus, er übernimmt dafür die Schulden auf dem Café. Nach und nach geht alles den Bach runter, auch der Pralinenladen, den sie ein paar Monate betreibt.
Gewaltspirale beginnt
Zu dieser Zeit trinkt sie "quartalsmäßig viel Alkohol". Manchmal eine Flasche Cognac am Tag. Es folgt die erste Therapie, dann die Einlieferung in die Psychiatrie. Danach hat sie verschiedene Jobs, als Kassiererin im Supermarkt, Helferin auf dem Friedhof und Zimmermädchen im Hotel. Nach der Trennung vom Vater ihrer Tochter wohnt sie für einige Zeit in einer Notunterkunft in Ketsch. Dort lässt sie sich mit einem Mitbewohner ein. Die Gewaltspirale beginnt. Der Mann zieht ihr eine Flasche über den Kopf, drückt ihr eine Glasscherbe in den Rücken, sagt sie vor Gericht. Wenig später zieht sie mit ihrem späteren Ehemann zusammen, zunächst in der alten Obdachlosenunterkunft in der Walldorfer Straße.
Der Tagesablauf des Paares wird von Alkohol und Cannabis bestimmt. Sie selbst schätzt sich nie als Alkoholikerin ein. Einmal wird sie mit weit über drei Promille ins Krankenhaus eingeliefert, ein anderes Mal kommt sie nach einer Tablettenvergiftung gerade so mit dem Leben davon. Im November 2014 heiraten die beiden. "Am Anfang war alles super, ich war richtig verliebt. Dann fingen die Schläge an", sagt die 51-Jährige und beschreibt ihre lange Tortur. Der 43-Jährige ist ihrer Aussage nach unberechenbar, wirft Mobiliar aus dem Container und randaliert. Sie zeigt ihn nie an: "Ich wollte ihm nicht schaden." Sie wehrt sich, sticht ihn mit dem Messer, verletzt ihm die Leber. Er erstattet ebenfalls keine Anzeige. "Einmal war er lieb, ein anderes Mal war er der Teufel", sagt sie. Er schlägt ihr die Vorderzähne aus, dann haut er ihr die neue Prothese kaputt. Er drückt Zigaretten auf ihrer Haut aus. Sie attackiert ihn erneut mit dem Messer.
"Froh, alles hinter mir zu haben"
Am Tatabend zwingt er sie, wie schon öfters, seinen Urin zu trinken, sagt sie vor Gericht. Er beschimpft sie als "blöde Sau". Dann geht er zu Bett. Am nächsten Morgen muss er beim Arbeitsamt in Heidelberg vorsprechen. Die 51-Jährige trinkt eine Flasche Kräuterlikör und raucht einen Joint. Dann schnappt sie sich wie in Trance ein Küchenmesser.
Am nächsten Morgen kann sie sich nicht erklären, was eigentlich passiert ist. Der 43-Jährige liegt vor dem Bett auf dem Boden. Irgendwann fängt sie an, ihn zu zerteilen. Sie will ihn verbrennen, Stück für Stück, sagt sie. Bald sitzt sie nur noch da. Es macht ihr nichts aus, als am übernächsten Tag die Polizei kommt. Eigentlich will sie noch Geldbeutel, Ausweis und Handy des 43-Jährigen in Heidelberg entsorgen. Damit es so aussieht, als ob er spurlos verschwunden sei.
"Ich hatte es mir so leicht vorgestellt", sagt die 51-Jährige gestern vor dem Schwurgericht: "Jetzt bin ich aber froh, dass ich alles hinter mir habe." Durch das letzte halbe Jahr im Gefängnis sei sie endlich zur Ruhe gekommen. Ihre Zelle sei sauber, das Essen gut, sie habe sogar einen eigenen Fernseher: "Ich fühle mich sehr wohl dort."
Der Prozess wird am Montag, 28. August, um 9.30 Uhr am Landgericht Mannheim fortgesetzt.
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