Verkehr

Lußhofknoten an der Speyerer Salierbrücke: Für Radfahrer gefährlich und unübersichtlich

Der Radweg an der umgestalteten Kreuzung von B 39 und L 722 nahe der Salierbrücke birgt gefährliche Stellen. Die Querungen beider Trassen zählen nach Probefahrten – auch mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club – dazu.

Von 
Marco Brückl
Lesedauer: 

Ketsch/Altlußheim. Wer beruflich oder privat von Speyer aus die Salierbrücke über den Rhein nimmt und Richtung Heidelberg fährt, ist entzückt, was ihm geboten wird: Brücke und folgender Lußhofknoten sind nagelneu und man möchte, dass die derart aufpolierte Infrastruktur nie mehr aufhört. Das gilt für die Autofahrer, die an besagtem Knoten, wo sich B 39 und L 722 treffen, nach der Flussquerung auch noch mit einer zweiten Fahrspur vor und hinter der neuen Kreuzung verwöhnt werden. Wie sieht es aber für die Fahrradfahrer aus, die bei der Verkehrswende auch eine Rolle spielen sollen? – Bis 2030 will Baden-Württemberg nämlich die Nachfrage im ÖPNV verdoppeln, den Kfz-Verkehr in den Städten um ein Drittel reduzieren und im Güterverkehr jede dritte Tonne klimaneutral befördern lassen. Jeden zweiten Weg sollen Verkehrsteilnehmer klimaneutral mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen.

Im Sinne des letztgenannten Aspekts schwingen wir uns in den Sattel unseres hochmodernen Fahrrads und probieren diesen zweiten Weg rund um den Lußhofknoten aus.

Die erste Ernüchterung kommt reichlich zügig, denn gleich nach der Salierbrücke erwartet den Radfahrer eine, nennen wir sie Spitzkehre, die runter zum weiteren Weg am ehemaligen Pendler-Parkplatz auf Altlußheimer Gemarkung (wird für eine Versickerungsanlage für das Niederschlagswasser der Rheinbrücke genutzt, wir berichteten) vorbei in Richtung Lußhof führt.

Derart ausgebremst erinnert sich der auf Geschwindigkeit getrimmte pendelnde Pedaleur an die Zeiten vor der Umgestaltung, als der Fahrradweg noch direkt parallel zur Bundesstraße verlief, Richtung Ketsch, Schwetzingen oder Hockenheim nach der Kreuzung auch entlang der L 722 führte. Das war vielleicht nach den Qualitätsstandards für das Radnetz Baden-Württemberg nicht mehr zeitgemäß – bei über 1200 Fahrzeugen pro Stunde, die mit mehr als 50 Stundenkilometern daherkommen (zweistreifige Straßen) ist das Trennen des Radwegs vom Kfz-Verkehr unerlässlich – doch der Radler konnte immerhin seinen Zeitplan einhalten – das rechtzeitige Erscheinen am Arbeitsplatz gehört hier freilich dazu.

Fahrrad trifft Landmaschine

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte indes längst eingeräumt, dass die Wegführung nach der Salierbrücke umständlich ist, weshalb ein neuer Radwegabschnitt an der Böschung gebaut werden soll, der direkt zum weiteren Radweg zum Lußhof führt. Die frisch erfolgte Rodung der Böschung weist tatsächlich auf die bald beginnenden Bauarbeiten hin.

Nun geht es in Richtung Hockenheim parallel zur B 39 über den Lußhof und es wird ein Zwitterweg befahren. Denn dass es sich um einen von Radlern genutzten Wirtschaftsweg handelt, deuten bereits die Schmutzreste auf dem Asphalt an. Das liegt in der Natur der Sache, denn links des Weges kümmert man sich um Pferde und Rinder. Auf der rechten Seite und auch noch anderswo werden Felder bestellt. Auf dem Hof der Familie Merz befinden sich selbstverständlich Landmaschinen im Einsatz.

Michael Merz bestätigt, dass er verpflichtet ist, den Weg sauber zu halten. Das ist auch nicht das Ding. Vielmehr: „Wenn wir zum Beispiel mit dem Traktor manövrieren, müssen wir höllisch aufpassen“, sagt Michael Merz und wünscht sich, dass sich so mancher Radler mit mehr Achtsamkeit quer über den Lußhof fortbewegt. Wo sich Landmaschinen und Fahrräder treffen können, fehlt sicher ein Hinweis, ein Schild, das vor allem für die Radler, die sich nicht auskennen, die Gefahrenstelle ankündigt – auch mit dem Rad kann man wahrlich zu schnell unterwegs sein. Wie Merz erklärt, befindet sich der Weg über den Lußhof im Eigentum des Landes. Er bedauert, dass sein Großvater es seinerzeit versäumt habe, die drei Meter breite Trasse nicht auch noch käuflich zu erwerben.

„Die Radwegeführung über den landwirtschaftlichen Betrieb verursacht bei mir ein mulmiges Gefühl. Kreuzender Traktor mit Anhänger, Rückwärtsfahren landwirtschaftlicher Maschinen, mit Mist verunreinigte Fahrbahn, unberechenbare Tiere, das alles sind potenzielle Unfallquellen“, sagt Peter Preis vom ADFC Ortsgruppe Rheinauen an dieser Stelle. Mit seinen Vereinskollegen Dorothee Preis und Dennis Lösch ist er zum Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung gekommen.
Auf den Lußhof folgt ein weiterer neuralgischer Punkt. Denn die Ausfahrt aus dem Wirtschaftsweg in Richtung Hockenheim erfolgt als direkte Überquerung der B 39. Wenn die Planer es lieber sähen, dass die Radfahrer hier den – zweifelsfrei viel sichereren – Umweg über die neu gestaltete Ampelanlage nehmen, werden sie eines Besseren belehrt. Den weiteren (Wirtschafts-)Weg in Richtung Hockenheim vor Augen biegt niemand links ab (umgekehrt Richtung Speyer nach rechts) und entscheidet sich für einen Umweg zur Ampelanlage – der Verkehr folgt vielmehr dem natürlichen Fluss. Die Folge ist, dass das Überqueren der B 39 vom Lußhof kommend ohne Querungshilfe viel größere Gefahren birgt. „Es wird viele ,illegale’ Straßenquerungen geben – hoffentlich nicht mit so vielen Toten“, sagt Dennis Lösch vom ADFC Ortsgruppe Rheinauen.

Probe aufs Exempel

Als Vierergruppe machen wir die Probe aufs Exempel und schauen, wie viel Zeit man verlöre, würde man vom Lußhofweg den Umweg über die neue Ampelanlage weiter in Richtung Hockenheim machen. Wir haben Glück – die drei Querungen (zweimal Abbiege- und einmal Hauptfahrspur) benötigten keine Minute, so ist der Zeitverlust insgesamt sogar okay.

Hier, an der Kreuzung von B 39 und L 722 wird sich derweil der künftige Radweg nach Ketsch (zur Seewaldsiedlung) anschließen. Die entsprechende Ampel ist noch abgedeckt. Der Bau des Radwegs in nordöstlicher Richtung soll in diesem Jahr starten, teilt das Regierungspräsidium Karlsruhe mit, wenngleich wegen eines in diesem Bereich vorkommenden Feldlerchen-Brutpaars noch eine entsprechende Ausgleichsfläche aufgetan werden muss (wir berichteten).

Solange es den neuen Weg noch nicht gibt, fahren wir nach Ketsch und Hockenheim auf dem Wirtschaftsweg parallel zur L 722 weiter. Bald geht es links ab. Und in Richtung Seewaldsiedlung und Enderlegemeinde müssen wir nun die L 722 überqueren – ohne Hilfe wie etwa eine Ampel. Das ist nicht ungefährlich, weil die Autolenker an dieser Stelle nicht durchgängig nur 100 Stundenkilometer fahren, wenn sie aus Richtung Hockenheim kommen. Aus Richtung Speyer sind die Autofahrer nach der Lußhofampel auch schon gut auf Tempo.

Was außerdem noch auffällt, ist die unzureichende Beschilderung. Salierbrücke mit Lußhofknoten sind immerhin seit Ende November für den Verkehr wieder freigegeben. „Im Verlauf von Speyer bis über den Knoten hinaus ist die Beschilderung inklusive Verkehrszeichen inkonsistent“, sagt Peter Preis vom ADFC Ortsgruppe Rheinauen. Extrem auffallend ist, dass rund 200 Meter nach der L 722-Querung, wenn man an der Radwegkreuzung auch gen Insultheimer Hof auf der Suche nach dem richtigen Weg nach Speyer ist, wieder in die entgegengesetzte Richtung zurückgeschickt wird. Ginge es um die Autofahrer, wäre eine solche unangepasste Beschilderung wohl undenkbar, sind sich die ADFC-Vertreter sicher.

„Planer wohl radunerfahren“

Dennis Lösch findet: „Ich kann die neue Wegeführung sehr gut verstehen: Sie ist das, was übrig bleibt, wenn man alle Raumressourcen freimütig für den Kfz-Verkehr verplant. Der Planer war zudem vermutlich radunerfahren und hielt das Konzept auch noch für gut, weil es weg von der Straße führt.“ Den ADFC-Experten stört, dass „das alles nur nötig wurde, weil die Straße vier-spurig wurde – was aber nichts anderes ist als ein vergrößerter Stauraum, denn die Brücke ist ja noch immer zweispurig“. Für einen kleinen Zugewinn an Autofahrerbequemlichkeit sei massiv die Fahrradfreundlichkeit beschnitten worden. Hier sei mit schiefer Messlatte gemessen worden. Und vermutlich sei die Radwegeführung einmal mehr den Autofahrern überlassen worden. „Genau aus diesem Grund versuchen wir vom ADFC, uns in der Verbandsgemeinde Rheinauen als Hilfe anzubieten, nicht als Meckerer. Denn wer anderes als die tatsächlich Radelnden weiß, wie es funktioniert?“

Dennis Löschs Fazit: „Es ist nicht nur eine schlechte Radwegeführung, sondern eine völlig aus der Zeit gefallene Hofierung der Autofahrer – und damit ein Schlag ins Gesicht der seit vielen Jahren stärker werdenden Fahrradbewegungen. Überall werden bei neuen Straßen die Belange der Radfahrer mit ins Auge genommen, diese Wegeführung hier aber gehört in die 1980er.“

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung