Ketsch. Wenn sich am 13. August in diesem Jahr die Türen der Traditionsmetzgerei in der Schwetzinger Straße in Ketsch schließen, dann geht es zwar zunächst in den Jahresurlaub, aber danach geht es nicht so weiter wie bisher - das steht für Metzgermeister Thomas Alt fest: „Ja, es ist richtig. Die Metzgerei wird geschlossen, das habe ich vor ein paar Wochen beschlossen“, erklärt der 59-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.
Gründe, die ihn zu diesem Schritt bewegen, gäbe es viele, letztendlich sei es das Zusammenkommen vieler Faktoren, die nun dazu führen, dass Alt den seit 110 Jahren bestehenden Betrieb, den er in der vierten Generation seit 1990 führt in der Form wie er jetzt besteht aufgeben wird.
„Ein große Rolle spielt der dramatische Personalmangel. Metzger werden immer weniger ausgebildet, was bereits dazu führte, dass die Berufsschule in Mannheim und Sinsheim geschlossen wurden. Das Verkaufspersonal wird einem durch die Headhunter der großen Supermarktketten quasi von hinter der eigenen Theke abgeworben, so geht es mir und die Kollegen aus dem Umkreis berichten das Gleiche“, sagt Alt.
Stromuhr läuft unerbittlich
„Viele Fachkräfte sind nun im Rentenalter und es kommt niemand nach. Ich war in der Innungsvorstandschaft mit sechs Kollegen, davon hat keiner Nachwuchs aus den eigenen Reihen für das Metzgereihandwerk. Die Bürokratie für die Betriebe wird immer aufwendiger und die Auflagen höher. Teure Kassensysteme mussten angeschafft werden und nun steigen die Kosten in vielen Bereichen derart. Diese lassen sich nicht einfach auf die Kundenpreise umlegen“, fasst der Geschäftsmann zusammen.
Metzger, das stehe für ihn außer Frage, sei für ihn immer noch der Beruf, den er ausüben möchte, und war jeher sein Wunschberuf, seit er denken kann. Auch wenn dies bedeute, oft mehr als zwölf Stunden am Tag zu arbeiten inklusive Wochenende, wenn Partyservice und Cateringaufträge anstehen, was auch zulasten der Gesundheit gehe, wie der Metzgermeister selbst erfahren musste.
„Ich kenne viele Kollegen aus der Branche, die bereits ihre Betriebe geschlossen haben. Ich dachte damals, als der Umbau der Schwetzinger Straße anstand, dies sei eine schwere Zeit, aber was nun kam und noch kommt, ist viel gravierender. Durch Corona fiel nahezu ein Drittel des Geschäfts weg, da es kein Catering und keine Vereinsfeste gab, auch die Gastronomie war ja lange geschlossen“, erinnert sich Thomas Alt, der seit jeher dafür sorgt, dass Feste in der Umgebung mit guter Ware versorgt werden und auch zahlreiche Gastronomen beliefert.
„Selbst als es wieder losging, waren auf einmal Öl und Frittierfett nicht in gewohnten Mengen und schon gar nicht zu gewohnten Preisen erhältlich. Auch sind die Preise beispielsweise für Lammfleisch drastisch gestiegen. Der Verbraucher überlegt sich dann an der Fleischtheke sehr genau, was er einkauft, und mit steigenden Kosten, die alle betreffen, ist hier keine Entspannung in Sicht - im Gegenteil.“
Gleichwohl: „Was läuft, ist die Stromuhr am Kühlhaus“, scherzt Alt zwar, macht jedoch deutlich, wie prekär die Situation für die Einzelbetriebe und Mittelständler in der Branche ist - und auch den Bäckern, denen gehe es durch hohe Material- und Stromkosten ähnlich.
Große Auswahl muss sein
„Aktuell ziehe ich vor jedem Betrieb den Hut, der hier noch durchhält“, so der Ketscher. Gleichzeitig sei über die Jahre der Druck in der Metzgerei gestiegen, noch mehr Varianten und Auswahl bieten zu müssen. Wo es früher Wurst und Fleisch gab, läge nun zusätzlich Fisch, Käse und Salate in der Theke, so manche Metzgerei sei fast eine kleiner Gemischtwarenladen. All dies sei sehr kostenintensiv und berge mehr Risiko, wenn nicht entsprechend abverkauft werde. Ebenso sei es für die Metzger außerdem immer herausfordender geworden, gutes Fleisch zu bekommen
„Viele Landwirte geben ihre Betriebe auf oder haben schon geschlossen. Beispielsweise der Biohof Schwab war ein Lieferant von mir, diesen gibt es schon drei Jahre nicht mehr“, erklärt Alt weiter.
Dass die Verbraucher durch die hohen Preise und die Inflation vielleicht sogar in Richtung Einkauf von billiger Ware gedrängt werden, halte er für sehr bedenklich. „Wenn ich daran denke, was bei den großen Fleischproduzenten los ist, kann ich nur abwinken, das möchte keiner“, so der Traditionsmetzger.
Wurstshop vielleicht eine Option
Doch eine gute Nachricht hat Thomas Alt trotzdem: „Ich prüfe aktuell mehrere Optionen, wie es für mich weitergehen kann, denn Metzger bin ich von ganzem Herzen gern. Eine der viele Möglichkeiten und Ideen ist es, dass ich vielleicht mit einem kleinen Wurstshop weitermache, in dem es Dosenwurst und ein überschaubares Sortiment gibt. So viel, wie ich gerade selbst schaffen kann, ohne den Druck mit Personalmangel zu haben auf dem gewohnen hohen Niveau und mit den bewährten Familienrezepten“, überlegt Thomas Alt.
Doch jetzt gelte es für ihn, erst mal ein Kapitel zu schließen, auch wenn ein neues möglicherweise schon gedanklich entstehe.
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