Landgericht - Auf "erheblich reduzierte Steuerungsfähigkeit" erkannt

Mörderin muss für zwölf Jahre ins Gefängnis

Von 
Volker Widdrat
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Der Mann wurde zum 19. Mal schuldig gesprochen. © dpa

Ketsch. Gestern Nachmittag fiel am Landgericht Mannheim das Urteil im Prozess gegen eine 51-Jährige aus Ketsch, der die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte, ihren 43-jährigen Ehemann mit 18 Messerstichen getötet zu haben (wir berichteten mehrfach). Die Erste Strafkammer unter Vorsitz von Richter Gerd Rackwitz schickte die Angeklagte wegen heimtückischen Mordes für zwölf Jahre ins Gefängnis.

Nach vier Jahren muss die alkoholkranke Frau zudem in den Maßregelvollzug, ordnete das Gericht die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Verteidigerin Miriam Weis hatte auf eine Verurteilung wegen Totschlags in einem minderschweren Fall plädiert und acht Jahre und sechs Monate beantragt. Die Mutter des Opfers hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe erwartet. Die Angeklagte habe vor Gericht gelogen, sagte die 66-jährige Ketscherin unserer Zeitung vor dem Urteil, ihr Sohn sei "nur manchmal aggressiv gewesen", vor allem aber, wenn er getrunken habe.

Mindestens elf Stiche von hinten

Vor den Schlussvorträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung wurden gestern noch zwei Gutachten vorgetragen. Gerichtsmedizinerin Dr. Anna Heger schilderte Tatortbesichtigung, Leichenschau und rechtsmedizinische Obduktion. Das 43-jährige Opfer sei im Schlafzimmer vorgefunden worden. Der genaue Todeszeitpunkt habe nicht bestimmt werden können. Von den festgestellten 18 Stichverletzungen seien mindestens elf von hinten durchgeführt worden.

Das Opfer habe keine Abwehrverletzungen und keine Kampfspuren aufgewiesen, so die Rechtsmedizinerin. Ein Stich sei in die Wirbelsäule eingedrungen und habe das Rückenmark verletzt. Weitere Stiche hätten Brüche der Halswirbel hervorgerufen. Die Verletzung der Schlagader unter dem rechten Schlüsselbein habe zum Tod durch Verbluten geführt. Die 51-Jährige habe versucht, einen Arm und einen Fuß abzutrennen. Der Fuß sei angebrannt gewesen. Die chemisch-toxikologische Untersuchung bei der Angeklagten sei auf einen Blutalkoholwert von 2,16 Promille gekommen. Zusätzlich sei Cannabis nachgewiesen worden. Die Frau habe auf dem Polizeirevier Schwetzingen "wach und orientiert" gewirkt und auf alle Fragen antworten können.

Nur Anpassungsstörungen

Der psychiatrische Gutachter Dr. Hartmut Pleines nahm Stellung zur Schuldfähigkeit. Seiner Einschätzung nach lägen keine großen psychiatrischen Erkrankungen oder Depressionen vor. Die "normal begabte" Frau habe einen IQ von 100 und zeige "nur Anpassungsstörungen". Die Lebensgeschichte der 51-Jährigen bekomme ab Mitte der 80er Jahre eine deutliche "Alkoholbiografie". Das Konsumverlangen sei "tagesprägend" geworden. Das habe zu einer Einschränkung ihres sozialen Leistungsvermögens geführt, die einst kompetente Geschäftsfrau sei immer mehr abgerutscht und aggressiver geworden, beschrieb der Gutachter die Wesensänderung.

In der Ehe hätten schließlich nur noch Demütigungen, Beleidigungen und Gewalt geherrscht. Die 51-Jährige habe vor der Tat keine inneren Hemmungen mehr aufbauen können, sprach sich der Psychiater für die Unterbringung im Maßregelvollzug aus. Danach müsse eine sinnvolle Anschlussbetreuung gefunden werden. Die Alkoholikerin zeige zwar keine Krankheitseinsicht, trotzdem könne eine Behandlung Erfolg haben. Eine Erinnerungsstörung zum Tatzeitpunkt sei nicht zu beweisen, könne aber nicht ausgeschlossen werden.

Die Kammer erkannte auf eine "erheblich reduzierte Steuerungsfähigkeit". Das wirkte sich strafmildernd aus, ebenso wie die Alkoholabhängigkeit. Unter Alkohol würde die 51-Jährige möglicherweise wieder eine solche "Symptom-Tat" begehen, deshalb ordnete das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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