Ketsch. Die Mobile Jugendarbeit ist im Rhein-Neckar-Kreis an über zwölf Orten mit qualifizierten Mitarbeitern im Einsatz, um Jugendliche zu unterstützen, zu begleiten, zu beraten und als verlässliche Ansprechpartner nah an deren Lebenswelten erreichbar zu sein. „Im Zuge der Qualitätssicherung unserer Arbeit, haben wir die Jugendlichen dazu aufgerufen, bei einer anonymen Online-Befragung mitzumachen, um deren Lebenswelt, Zufriedenheit und Bedürfnisse zu beleuchten. Die Altersgruppe war zwischen zwölf und 28 Jahren definiert und die Befragung enthielt je nach Wohnort der Jugendlichen spezielle Fragen, gerade wenn es um Aufenthaltsorte oder Freizeiteinrichtungen ging“, erklärt Emanuel Kuderna von der Mobilen Jugendarbeit Brühl/Ketsch.
Insgesamt hätten sich 1385 Jugendliche an der Umfrage beteiligt, davon 110 Jugendliche aus Ketsch. „Dabei war das Verhältnis der Teilnahme von Jungen und Mädchen ausgeglichen und die meisten der Teilnehmer, etwa 75 Prozent, waren zwischen 13 und 16 Jahre alt und 86 Prozent waren Schüler“, sagt Emanuel Kuderna.
Die Online-Befragung unterteilte sich in die Bereiche Freizeit, technische Ausstattung und Social Media, schwierige Lebenslagen und Wohnort sowie Partizipation. Zum einen konnten die Befragten aus vorgegebenen Antworten auswählen, aber auch in Freifeldern eigene Ergänzungen durchführen. Grundsätzlich ließe sich sagen, dass die Angaben der Ketscher Jugendlichen im Wesentlichen das Ergebnis der Gesamtbefragung repäsentativ widerspiegeln.
Im Bereich Freizeitgestaltung gaben die Ketscher Jugendlichen größtenteils an, dass Chillen drinnen oder draußen ihnen wichtig ist und auch Musik hören lag in der Beliebheit der Freizeitgestaltung ganz vorne. Sport wurde noch vor dem Zocken am PC oder an der Spielkonsole genannt, sehr wenig Interesse gaben die Befragten beim Thema Skaten an. „Was auch interessant ist: Viele Jugendliche hören gerne Musik, jedoch gaben sehr wenige Jugendliche an, in der Freizeit selbst Musik zu machen. Die Zeiten der Schülerbands sind wohl vorbei“, resümiert Emanuel Kuderna.
Potenzial bei Vereinszugehörigkeit
Sehr interessant ist auch das Ergebnis der Vereinszugehörigkeit: 40,9 Prozent gaben an, in einem Verein zu sein, dagegen machten 52,3 Prozent die Angabe, keinem Verein anzugehören. Und wo halten sich die befragten Ketscher Jugendlichen in ihrer Freizeit am liebsten auf? Hier zeigt das Ergebnis der Befragung, dass der Marktplatz sehr beliebt ist, dicht gefolgt vom DFB-Feld am Sportplatz. „Viele Jugendliche gaben außerdem an, gerne im eigenen Zimmer daheim zu sein, diese Entwicklung ist möglicherweise auch der Pandemie geschuldet“, ergänzt Emanuel Kuderna. Während das Freibad für die Jugendlichen ein beliebter Freizeitort ist, bilden die Halfpipe im Bruch und das Hallenbad die Schlusslichter auf der Beliebtheitsskala.
Im Bereich technische Ausstattung und Social Media gaben 3,3 Prozent der Befragten an, weder über Laptop, PC oder Tablet noch über Internet zu verfügen. „12,2 Prozent haben keinen Zugang zu einem Drucker, was gerade im Bereich Homeschooling oder Bewerbungsverfahren zu beachten ist“, erläutert der Mobile Jugendarbeiter.
Whatsapp und Instagram
Doch wie erreicht man die Jugendlichen? Die meistgenutzte Kommunikationsplattform ist Whatsapp (98,9 Prozent) gefolgt von Instagram (83,5 Prozent). Immer mehr Jugendliche nutzen Youtube, Snapchat und TikTok. Bei den Jungen sind zudem Twitch und Discord verbreitet. Facebook indes nutzen gerade mal 6,6 Prozent. „Diese Infoformationen sind für uns von der Mobilen Jugendarbeit wichtig, denn wir wollen die Jugendlichen ja online dort erreichen, wo sie sich aufhalten“, sagt Emanuel Kuderna.
Gemessen an der Umfrage ist für Vereine, die Jugendliche erreichen möchten (mehr als die Hälfte der Befragten ist nicht in einem Verein) interessant, dass es nahezu keinen Sinn macht, in Facebook einen Aufruf zu starten oder einen Post abzusetzen – wie oben geschrieben sind die Jugendlichen nicht in Facebook aktiv und überlassen es den Erwachsenen.
„Im Fragebereich ‚Schwierige Lebenslagen’ waren die Jugendliche aufgefordert anzugeben, ob sie mit den genannten schwierigen Lebenslagen schon einmal etwas zu tun hatten, unabhängig ob selbst oder durch andere“, erläutert Emanuel Kuderna.
Am häufigsten wurden dabei Schulprobleme genannt, aber auch Stress mit der Familie/den Erziehungsberechtigten oder Stress zwischen den Familienmitgliedern/Erziehungsberechtigten. „Ein signifikanter Anstieg, und dies erleben wir in unserer Arbeit immer wieder, ist der Anstieg von psychischen Problemen und Erkrankungen bei Jugendlichen“, weiß Kuderna. Dies spiegle auch die Umfrage wider. Psychische Erkrankungen oder Mobbing werden weit vor Alkoholkonsum oder Drogenkonsum genannt. Mädchen geben häufiger Stress mit und zwischen den Eltern an und auch dreimal häufiger psychische Erkrankungen, während bei Jungs Spielsucht und Glücksspiel wesentlich häufiger genannt werden.
In der Altersgruppe ab 18 Jahren sei für 35 Prozent der Befragten die Suche nach bezahlbarem Wohnraum ein großes Thema. Immerhin 80,5 Prozent der Jugendlichen geben in der Umfrage an, gerne in Ketsch zu leben, und die Jugendlichen kreuzen mittlere Werte an, wenn es darum geht, wie sie sich von der Gemeinde ernst genommen fühlen.
Projektbezogene Beteiligung
33,8 Prozent geben an, Interesse an politischer Beteiligung zu haben, dem stehen 23 Prozent gegenüber, die keine Formen der politischen Beteiligung kennen. „Was jedoch auffällt: 21,7 Prozent der Befragten, die Interesse an einer politischen Beteiligung haben, könnten sich vorstellten, sich projektbezogen zu beteiligen. Bei jenen, die keine politsche Beteiligungsform kennen, könnten sich sogar 42,2 Prozent vorstellen, sich projektbezogen zu beteiligen. Hieraus schließt die Mobile Jugendarbeit, dass Jugendbeteiligung einen transparenten und konstanten Informationsfluss bedingt. Bei den offenen Fragen an die Jugendlichen wurden Wünsche genannt wie beispielsweise mehr Mülleimer, mehr Weihnachtsschmuck im Ort oder Renovierungen in Schulen und im Schwimmbad“, erklärt Kuderna.
„Wir haben die Ergebnisse der Umfrage bei der Gemeinde vorgestellt und planen außerdem in etwa zwei Jahren, erneut eine Umfrage durchzuführen“, ergänzt Emanuel Kuderna.
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