Ketsch. Als am Sonntagabend Kirsten Pavel, Leiterin der Gemeindebücherei Ketsch, die Bühne im Ferdinand-Schmid-Haus betritt, braucht sie nur ein Wort zu sagen: „Ausverkauft!“ – sofort brandet stürmischer Applaus auf. Kein Wunder, denn das Folklore-Trio „Other Roads“ hat sich angekündigt. Die drei Musiker aus Großbritannien sind nicht zum ersten Mal da und haben längst eine treue Fanbase.
Dave Walmisley, Sänger, Komponist und Multiinstrumentalist, hat mehrere Saiteninstrumente im Gepäck. Gregory Borland, stilecht im Schottenrock, spielt hauptsächlich Geige, greift aber auch virtuos zur Gitarre und zum E-Bass, den er besonders liebe, wie er berichtet. Als Pete Abbot, Sänger, Gitarrist und Frontmann, die Bühne betritt, begrüßt er spontan den ehemaligen Bürgermeister Jürgen Kappenstein – man kennt sich!
Mit dem Song „Fisherman’s Knife“ eröffnen die drei den Abend. Abbot, der die meisten Stücke ansagt, gesteht freimütig, ein Romantiker zu sein – eine charmante Beichte, die vor allem die Damenwelt erobert. Mit dem gefühlvollen Lied „Language of the Heart“ untermauert er sein Bekenntnis. Natürlich darf auch der britische Humor nicht fehlen. Abbot erzählt von alten Grenzstreitigkeiten zwischen England und Schottland – einer gefährlichen Zeit, in der Clans einander Schafe stehlen. Davon handelt das Lied „The Raiders“. (Man bedenke, dass ein Schotte, Greg, zum Trio gehört!)
Warme Mutmach-Geschichten und schöne Botschaften
Auch die leisen Töne kommen nicht zu kurz. „A Precious Thing“ ist ein Mutmach-Lied, das Abbot für seine Enkelin schrieb. Die Botschaft lautet, dass das Wichtigste im Leben oft einfach ist – und man bekommt es umsonst. Dazu gehören eine schöne Landschaft und die Natur. Er ermutigt sie, dass sie immer einen Grund finden möge, freundlich zu sein. Weise Worte, die großen Anklang im Publikum finden.
Dave Walmisley erzählt, dass er viel mit Kindern mit Handicaps arbeitete und ihnen stets Mut zusprach. „Go for it, Baby“, sagt er oft – ein Satz, der sich auch in seinem Lied „Green Light“ wiederfindet. Abbot animiert das Publikum, den eingängigen Refrain mitzusingen – was wunderbar klappt. Großer Applaus – und dann Pause.
Danach präsentiert das Trio „Night Train to Munich“, eine Thriller-Parodie des Singer-Songwriters Al Stewart. Und dann wird es persönlich: Greg Borland, der Fiedler der Gruppe, berichtet, dass er eines Tages traurig ist, weil seine Beziehung in die Brüche geht. Er behauptet, er habe „pockets of peace“, aber in Wirklichkeit trägt er „a suitcase full of sorrows“ mit sich. Dies inspiriert Abbot zu der schönen, traurigen Ballade „Pockets of Peace“. Borland lässt auch wissen, dass es ein Happy End gibt – er ist wieder glücklich liiert.
Eine berührende Geschichte hat auch Walmisley zu erzählen. Er wuchs in Zimbabwe auf, zog später nach England, und als er später nach zurückkehrte, war seine Mutter längst tot – aber die Rosen, die sie liebevoll gepflanzt hat, wachsen weiter im afrikanischen Gras. Er schreibt für sie das Lied „Rosemary’s Garden“.
Mit solchen Geschichten und ihrem mitreißenden Spiel begeistern die drei Briten ihr Publikum bis zum Schluss. Die Erwartungen wurden mehr als erfüllt – und die Hoffnung ist groß, dass „Other Roads“ bald wieder nach Ketsch kommt. Der Applaus will nicht enden, und das Trio dankt mit zwei Zugaben.
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