Lebensgefühl

Ralf Fischer – kreativer Ketscher mit Liebe für Klappräder

Der 57-jährige Ralf Fischer tüftelt für sein Leben gerne. Vor allem praktische Fahrräder haben es ihm angetan. Was mit den Unikaten passiert.

Von 
Jörg Runde
Lesedauer: 
Ralf Fischer auf seinem Lieblingsklapprad mit einem besonderen Korb und einem Spiegel aus den 70er-Jahren. © Jörg Runde

Ketsch. Wer sich mit Ralf Fischer unterhält, spürt sofort, mit wem er es zu tun hat: Einem kreativen Tüftler mit einem ganz großen Herzen. Der 57-jährige, der als Hausmeister bei der Gemeinde Ketsch arbeitet, sprudelt geradezu vor Begeisterung, wenn er von seinen Projekten erzählt. Im Moment kümmert sich der Bastler vor allem um Klappräder. „Einfach praktisch“, nennt er seine Lieblinge. „Und sie machen richtig Spaß.“ Klappräder sind für ihn weit mehr als nur ein Hobby. Sie verkörpern seinen Sinn für Nachhaltigkeit, seine Begeisterung für Technik und – nicht zu vergessen – sein das Leben in Gemeinschaft.

Aus Urlaubsnotlösung wird ein nachhaltiges Hobby mit Herz

Im Altmühltal nimmt Fischers Liebe zu den Klapprädern ihren Anfang. „Im Urlaub hatten wir keine Fahrräder dabei. „Wir haben uns einfach welche geliehen“, berichtet Fischer. Aber das Hin- und Herschleppen sowie das Verstauen der großen Drahtesel im Auto – das war störend. „Irgendwann habe ich gesagt: Warum nicht auf Klappräder setzen?“ Und da Fischer ein Mann der Tat ist, legte er direkt los.

„Wie er es versprochen hat, so wurde es auch umgesetzt“, sagt Fischers Frau Ilona und ergänzt: „Er war dann auf Flohmärkten auf der Suche nach alten, aber stabilen Modellen.“ Mit Erfolg.

Es ist die Vergangenheit, nicht die Gegenwart, die Fischer fasziniert. „Die Qualität von früher, das ist noch ein Thema!“, sagt er. Und so baute er nach und nach eine kleine Flotte aus stabilen Klapprädern auf, indem er sie restauriert, Teile austauscht und alles repariert, was repariert werden musste. „Darauf hab ich immer schon geachtet: kein Geld zum Fenster rauszuwerfen. Nachhaltigkeit war mir wichtig, lange bevor es zum Trendwort wurde.“

Klappräder verbinden Funktionalität, Kreativität und Gemeinschaft

In den vergangenen Jahren haben Klappräder eine erstaunliche Renaissance erfahren. Nicht nur bei Retro-Liebhabern, sondern auch bei Campern, Städtern und Pendlern. Fischer weiß genau, was die Vorteile sind. „Du fährst in den Urlaub, wirfst das Rad in den Kofferraum, und schwupps, am Ziel hast du ein Fahrrad“, sagt er und lacht. „Oder du bist in der Stadt, fährst kurz zum Bäcker – das Rad ist sofort einsatzbereit.“ Falls es nicht gebraucht wird, wartet es zusammengefaltet und platzsparend auf seinen nächsten Einsatz.

Ein Würfel als Ventilkappe ist eines der Details, auf das Ralf Fischer bei seinen Klapprädern achtet. © Jörg Runde

Für Fischer ist es mehr als nur Bequemlichkeit. „Es hat mir immer Freude bereitet, Dinge wieder in Stand zu setzen. Schauen, was man aus gebrauchten Sachen zaubern kann – das ist doch viel nachhaltiger, als ständig Neues zu kaufen.“

Viele seiner Räder sind Einzelanfertigungen, mit besonderem Zubehör oder einer ausgefallenen Lackierung. Hier wird Fischers Liebe zum Detail sichtbar. Ein Würfel als Ventilkappe sieht einfach drollig aus, der Spiegel aus den 70ern ist ein Original. Oder der ausgemusterte Korb, der eigentlich zum einem Leihfahrrad aus Mannheim gehört, wird so angepasst, dass es passt. „Und so entsteht ein Unikat“, sagt Fischer.

Fischers Leidenschaft inspiriert eine wachsende Klapprad-Szene

Was einst als Notlösung angesehen wurde, ist mittlerweile ein Kultobjekt. „Ich habe vor einigen Jahren erfahren, dass es am ersten Septemberwochenende in der Pfalz ein Klappradrennen gibt – den Kalmit-Klapprad-Cup“, erzählt Fischer. Was einst als lokale Kuriosität begann, hat sich jetzt zu einem Spektakel mit mehr als 1.000 Teilnehmern entwickelt. Die Vorgaben: Mit einem alten, ungefederten Klapprad, ohne Gangschaltung, 5,7 Kilometer und 540 Höhenmeter steil bergauf. Wer will, verkleidetet sich. Während die einen also ein echtes Rennen fahren, schieben die anderen nach einigen Weinschorlen mit den Zuschauern ihr Rad den Berg hoch. „Es dreht sich um Freude, um das Miteinander und um das Erlebnis, das alle teilen“, sagt Fischer.

Er war auch schon persönlich auch schon vor Ort, aber nur als Zuschauer: „Das ist ein Event, da ist von allem etwas dabei. Einige bauen ihre Räder um, aber eine Schaltung kommt nicht dran. Das ist verboten. Einige nehmen es ganz sportlich – der Rekord liegt bei 19 Minuten. Aber für die meisten ist es das Dabeisein, das zählt. „Wir sind die Strecke mit dem E-Bike hochgefahren. Das war schon schwierig“, sagt Fischer.

Soziale Verbindung durch Klappräder

Fischers Begeisterung für Klappräder scheint ansteckend zu sein. „Die Nachfrage nach Klapprädern wird derweil immer größer; immer mehr Leute fragen mich danach.“ Obwohl die Preise gestiegen sind, betont Fischer: „Ich mach das nicht wegen des Geldes. Mir geht es um die Sache, um die Freude daran. Und um die Weiternutzung von altem Material.“

Ein Klapprad als Geschenk sorgt garantiert dafür, dass es nicht im Müll landet. „Ich zerlege sie und verwende die brauchbaren Teile. Manchmal ist es schon genug, einen Sattel zu wechseln oder neue Reifen draufzumachen.“

Fischer wünscht sich noch mehr verbindende Events für die Klapprad-Comunity. „Ein Klapprad-Treffen in Ketsch wäre doch mal eine Idee!“, sagt er und fügt an: „Nichts Aufwendiges, einfach alle auf den Marktplatz, eine Runde drehen und zusammen sitzen.“ Hier seien weder das Alter noch das Geld wichtig. „Das bringt zusammen.“

Fischer sieht sich weniger als Internet-Mensch, er bevorzugt das persönliche Gespräch. Und die Räder sind doch ein perfektes Thema: „Klein, aber oho: Klappräder sind für alle geeignet! Für den Nostalgiker, den Camper, den Alltagsfahrer und den Bastler. Und sie haben Kultstatus.“

Ein Klapprad, das wird an diesem Termin klar, ist weit mehr als eine technische Spielerei oder ein modischer Retro-Trend. Es repräsentiert Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Lebensfreude. Und Ralf Fischer steht stellvertretend dafür.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke