Mannheim. „Kriege gehören ins Museum“, sagt Dirk Schulz. Als der gebürtige Ketscher vor zehn Jahren das Zeitgeschichtliche Museum Mannheim gründet, arbeitet er im Norden der Quadratestadt als Fluglotse auf dem Coleman-Militärflugplatz: „Damals habe ich über den ehemaligen Fliegerhorst Sandhofen geschrieben, und im Zuge dessen auch über die Ortsgeschichte in Sandhofen recherchiert. Der Bunker stand damals leer, und ich habe vor 13 Jahren einen Vertrag mit der Stadt Mannheim geschlossen, dann zwei Jahre lang immer morgens vor der Arbeit hier alles aufgebaut.“
Dirk Schulz weiß, dass er mit seinen Exponaten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg nicht immer offene Türen einrennt: „Das ist ein Teil unserer Geschichte, die man nicht so gerne in den Vordergrund stellt“, sagt er zur Rolle Mannheims im Ersten und Zweiten Weltkrieg. „Man wird gleich in eine Richtung gerückt, aber es geht mir nur um die Geschichte“, stellt er klar.
Alarmanlage und Kameras
Wer den Bunker - einen von über 50 in der Quadratestadt - durch die Eingangstür betritt, sieht zunächst zahlreiche Schilder, die einst auf der Coleman-Kaserne standen: „Die durfte ich alle mitnehmen, um auch weiterhin die Militärgeschichte in Mannheim zu zeigen. Immerhin waren die Amerikaner ja unsere Befreier“. Er verweist ausdrücklich darauf, dass „alle gezeigten geschichtlichen und militärgeschichtlichen Exponate und Darstellungen ausschließlich dem Zweck der staatsbürgerlichen Aufklärung und der Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen dienen“. Das Museum ist mit Alarmanlage und Kameras gesichert.
Zeitgeschichtliches Museum Mannheim
- Das Zeitgeschichtliche Museum Mannheim ist eine Abteilung des Heimatmuseums Sandhofen.
- Die Dauerausstellung umfasst die Zeit der Luftschifffahrt, die Kaiserzeit und den Ersten Weltkrieg bis hin zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Ergänzend gibt es eine Ausstellung zur Bundeswehr und zur Militärgeschichte und Garnisonszeit der US Army in Mannheim von 1945 bis 2015.
- Museumsleiter Dirk Schulz (Jahrgang 1967) wohnt in Neulußheim und befasst sich schon seit über 20 Jahren mit der Militärhistorie im Raum Mannheim. Er hat viele Jahre als Fluglotse auf dem Coleman-Militärflugplatz in Sandhofen gearbeitet und mehrere Bücher – über den Nationalsozialismus oder den Coleman-Flugplatz – verfasst. Viele Exponate stammen aus seiner eigenen Sammlung, weitere sind Spenden, beispielsweise eine Flugabwehrkanone Flak 28, die Johann Graf von Zeppelin dem Museum 2015 stiftete.
- Die Öffnungszeiten sind jeden ersten und dritten Sonntag im Monat (14 bis 17 Uhr), während der Schulferien ist das Museum geschlossen. Führungen sind nach Absprache jederzeit möglich. Der Eintritt kostet fünf Euro, für Familien und Gruppen gelten gesonderte Tarife. Das Zeitgeschichtliche Museum ist im Bunker in der Birnbaumstraße 29-31 in Sandhofen zu finden.
- Hier geht es zur Internetseite des Museum.
Der Rundgang durch das Museum startet im ersten Stock: „Den Teil des Ersten Weltkriegs betreut Harald Emig, meine Hauptgebiete sind das Dritte Reich und die Amerikaner“, erklärt Schulz. Aus der Zeit des Ersten Weltkriegs haben die Verantwortlichen von der Pickelhaube über Schnürstiefel und Waffen bis zu persönlichen Briefen von Mannheimer Bürgern, die ihren Lieben von der Front schreiben, einiges zusammengetragen. Auch die deutsch-türkische Waffenbrüderschaft im Ersten Weltkrieg ist hier ein Thema.
Im Bunker in der Birnbaumstraße sind auch die „fliegenden Zigarren“ präsent, schließlich entstand der Stadtteil Schönau durch die Ansiedlung der Schütte-Lanz-Werft im Jahr 1913 - und an der Stelle des heutigen Johanna-Geissmar-Gymnasiums stand eine Luftschifferkaserne mit Werfthalle. „Die Friesenheimer Insel war Landeplatz für Großzeppeline“, sagt Schulz und zeigt auf das Steuerrad eines Luftschiffs des Modells LS 5, das im Museum zu sehen ist.
Detaillierte Ansicht der Mannheimer Kasernenanlagen
Aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gibt es neben Uniformen, Fahnen oder Büchern auch Schulhefte oder Malarbeiten aus einer dritten Klasse, die zeigen, wie Kinder während des Nationalsozialismus unterrichtet wurden. Wehrmachtskonserven sind ebenso zu sehen wie Munitionskisten: „Diese hier wurde bei der Kläranlage gefunden“, sagt Schulz und zeigt auf ein Exponat. Auch einzelnen Personen werden an Infowänden beschrieben, beispielsweise Gauleiter Robert Wagner, „ein bitterböser Mann“, so Schulz. Briefe aus Auschwitz zeigen „die ungeschönte Wahrheit“. Ein Teil der Ausstellung beleuchtet die Zeit der US Army in Mannheim von 1945 bis 2015: „Wir haben viele Amerikaner, die uns besuchen, um über ihre Eltern zu recherchieren“, sagt Schulz.
Zu sehen ist auch eine detaillierte Ansicht der verschiedenen Kasernenanlagen in Mannheim. In einem separaten Raum befindet sich eine Ausstellung über die Coleman Barracks - mit Uniformen, Schildern oder Abzeichen. Die US-amerikanische Kaserne mit Militärflugplatz gehörte zur nun aufgelösten US-Garnison Mannheim (inzwischen US-Garnison Rheinland-Pfalz) und ist die letzte Liegenschaft, die von den US-Streitkräften in der Quadratestadt genutzt wird. „Viele Dinge stammen von ehemaligen Kollegen“, sagt Schulz.
Material zum Bund Deutscher Mädel gesucht
Besonders stolz ist der Museumsleiter auf seinen Bühnenscheinwerfer Super Trouper: „Fred Astaire wurde bei seinem Auftritt in den Mannheimer Kasernen unter anderem mit diesem Gerät ausgeleuchtet“, so Schulz zur Europatournee des Sängers im Auftrag der United Service Organizations, einer gemeinnützigen Organisation, die sich um das Wohlergehen der US-amerikanischen Streitkräfte kümmert. Auch Uniformen der Coleman-Feuerwehr oder des letzten Kommandeurs von Coleman sind zu sehen, ebenso ein Präzisionsanflugradar AN/FPN 40 (GCA): „Es ist das letzte, das in Deutschland in Betrieb war, ich habe noch vor zwei Jahren damit gearbeitet“, so Schulz.
Das Museum, das zum Heimatmuseum Sandhofen gehört, lebt von Spenden. Derzeit suchen die Verantwortlichen für eine weitere Ausstellung im Bunker Zeitzeugen sowie Material zur Hitlerjugend und zum Bund Deutscher Mädel in Mannheim, besonders in Sandhofen. „Gerade mit der schlimmen Situation in der Ukraine ist es wichtig, jungen Menschen zu zeigen, was damals war“, so Schulz.
Dirk Schulz, Tel. 0179/5034429, Internet: www.zgma.de
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