Schlagerabend - Das Schlosskirchentrio aus Gerd Winter, Romy Bauer und Daniel Fieß entführt auf die Große Freiheit in Hamburg

Sündige Meile bei Michelfelders

Von 
Svenja Fischer
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Moderator Gerd Winter, Sängerin Romy Bauer und Keyboarder Daniel Fieß entführen in die Welt der Ufa-Schlager.

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Ketsch. Sie muss schon recht groß sein, die künstlerische Freiheit, wenn ein Programm über Hamburgs berühmteste Straße auch auf kurpfälzisch funktioniert. Das Schlosskirchentrio bewies mit eigenen Texten zu Schlagern der 20er, 30er und 40er Jahre, dass es allen Unkenrufen zum Trotz gut funktionieren kann.

Seit 2013 verwandelt sich der hintere Teil des Buch- und Manufakturwaren-Lädchens einmal im Monat in eine kleine Bühne. "Wichtig ist uns dabei die Abwechslung im Programm", betonte Inhaberin Gabriele Hönig. "Wir versuchen, von allem etwas dabeizuhaben".

Und so freut sie sich besonders, dass sie dieses Vorhaben erneut erreicht hat und ihre Freunde aus der Schlosskirche in Mannheim, ihre "Große Freiheit" zum ersten Mal in ihrem Laden vor Publikum präsentierten. Die Schlagerfreunde nahmen Moderator Gerd Winter, Sängerin Romy Bauer und Keyboarder Daniel Fieß mit auf eine Reise durch die Gassenhauer der ersten Hälfte 20. Jahrhunderts und die Geschichte der Großen Freiheit, der Amüsiermeile Hamburgs.

Wenn die Bürger schlafen geh'n ...

Etwas grummelig noch zu Beginn des Abends zeigte sich Winter. Glatt hatte er doch den Beginn des Programms verschlafen und stand dann in Schlumpf-Nachthemd, Kuschelsocken und Zipfelmütze auf der Bühne. Über "Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da" konnte er nur den Kopf schütteln. Und auch, dass der Mensch in der Nacht nicht gern alleine sei, wie Maria Rökk einst sang, konnte er gar nicht nachvollziehen: "Entweder es liegt ein Schnarchaffe neben einem oder man hat kalte Füße im Rücken."

Leidenschaftlicher Seufzerchor

Später jedoch besserte sich Winters Stimmung, was sicherlich auch an den Ketschern lag, deren Temperament bis nach Mannheim bekannt sei. "Wenn euch der Dreivierteltakt erst einmal packt, gibt's kein Halten mehr", sagte Winter. Zu "Komm auf die Schaukel Luise" schunkelte das Publikum dann auch leidenschaftlich mit.

Bei "Das ist die Liebe der Matrosen" gab es sich so viel Mühe, dass Winter schließlich verkündete: "Der Ketscher Seufzerchor ist für unseren nächsten Auftritt engagiert." Die vielen fröhlichen Lieder von Sängern wie Hans Albers und Lale Andersen, die Romy Bauer und Daniel Fieß lebendig werden ließen, verband Winter mit spaßigen, aber auch informativen Texten.

So erfuhren die Gäste, dass die Große Freiheit im 17. Jahrhundert noch in Altona zu finden war. Dort hatten unzünftige Handwerker und Glaubensgemeinschaften in Freiheit leben können. Erst zur Nazizeit wurde die Große Freiheit ein Teil St. Paulis. "Freiheit gab es schon immer", sagte Winter, "man muss sie nur manchmal suchen".

Verwirbelt und verändert

"Die Große Freiheit" ist das dritte Programm des Trios. Steht das Thema einmal - in diesem Falle See, Hafen und Mitmachlieder - wählen Bauer und Fieß passende Lieder aus. "Ich würfle diese dann durcheinander und verbinde sie mit selbstgeschriebenen Texten", erklärte Winter. "Oft kann man die Lieder so in etwas ganz Anderes verwandeln."

Tolle Atmosphäre für den Auftritt

Die intime Atmosphäre in dem Buchladen trage dazu bei, dass das Ketscher Publikum sehr vital und engagiert mitmache. "Davon leben unsere Auftritte." Seit fünf Jahren sind sie bereits in der Region mit ihrer Kleinkunst unterwegs. "Das Team von Michelbergers gibt sich immer sehr viel Mühe", erzählte Besucherin Vera Götz in der Pause. Die Sonderveranstaltungen besuche sie regelmäßig. "Es ist jedes Mal toll."

Auch vom Schlosskirchentrio fühlte sie sich wirklich gut unterhalten. "Die Stimmung ist locker und lustig", sagte die Ketscherin begeistert. "Die Lieder sind klasse und bringen Erinnerungen an die Jugend zurück."

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