Serie Ex-Tollitäten der Narrhalla (Teil 5) - Christa II. wird über Nacht Regentin / Nicole III. macht noch eine Kampagne / Sanjas Nachfolgerin steht schon in Startlöchern

Unverhofft kommt bei Ketscher Prinzessinnen oft

Von 
Caroline Scholl
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Christa II. aus dem Hause Montag (r.) neben Präsident Alfons Gund und ihrer Vorgän-gerin Ingrid I. aus dem Hause Hess beim Silvesterball 1972/1973. © Narrhalla

Ketsch. Für manche Prinzessin erfüllt sich ein lange gehegter Traum, wenn sie in ihrer wunderschönen Robe inthronisiert wird, andere kommen sehr unverhofft zu dieser Ehre. Manche Prinzessinnen verreisten zunächst, um später in maßgeschneiderten wunderschönen Kleidern optisch zu brillieren und manche brauchten mindestens so viele Cabrios wie Kleider – in der Vereinsgeschichte der Narrhalla gibt es viel Interssantes zu erfahren, wenn die berühmten „Nähkästchen“ sich erst einmal geöffnet haben.

Als Christa aus dem Hause Montag am Silverstermorgen des Jahreswechsels 1972/1973 aufstand, hatte sie nicht im Traum daran gedacht, was an diesem Tag alles noch passieren würde: „Ich war 17 Jahre alt und mit der Narrhalla hatte ich nich wirklich etwas zu tun. An diesem Silvestermorgen schmückte die Narrhalla die Rheinhalle für den Silvesterball und ging anschließend in die Gaststätte ,Zum wilden Mann’. Dort war ebenso mein Vater August Gund. Die Abordnung der Narrhalla war wohl traurig, denn sie hatten für die nächste Kampagne noch keine Prinzessin. Die hätte ja eigentlich am Abend inthronisiert werden sollen. Da sagte einer zu meinem Vater: Kann nicht deine Tochter Prinzessin sein? Und so kam es, dass plötzlich morgens die Narrhalla bei uns um 11 Uhr auftauchte und mich fragte, ob ich dieses Amt übernehmen wolle“, sagt Christa Corell und muss lachen.

In einer Blitzaktion ging es nach Ladenschluss zum Modehaus Faulhaber, wo ein Rock mit Oberteil gefunden wurde, was noch umgenäht wurde, ein Friseurtermin wurde organisiert und abends konnte Christa II. inthonisiert werden. „Ich wusste überhaupt nicht, was mich erwartet, und mit Sicherheit hatten wir in den 1970er Jahren nicht so viele Termine, wie es die Prinzessinnen heute haben, aber es war eine ganz tolle Zeit, an die ich mich gern erinnere. Am Ende der Kampagne fragte mich Alfons Gund, der damalige Präsident, was ich gerne bei der Narrhalla zukünftig machen wolle und so wurde eine Garde gegründet, die es in den Jahren zuvor nicht gab. Mit zwölf Freundinnen wurden wir fortan von Lydia Drabben trainiert und ich erinnere mich, dass wir sogar mal einen Pokal gewonnen haben. Doch damals war es einfach nur Tanzen zu Marschmusik, die ganze Akrobatik und der Schautanz – das gab es erst später“, erzählt Christa Corell.

Ebenfalls „in Ermangelung“ einer Prinzessin führte 1996 Nicole Sponer in ihre damals zweite Amtszeit. „Ich wurde erstmals 1995 als Nicole III. aus dem Hause Panzer inthronisiert und hatte damals, da es das viermal elfte Jubiläum des Vereins war, noch das Kinderprinzenpaar Tamara I. und Jochen I. an meiner Seite. Als die ‚geplante’ Prinzessin der nächsten Kampagne absprang, sprang ich nochmal ein, denn es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht“, erklärt die Ketscherin.

Große Geburtstagsparty

Sie freute sich damals sehr, dass ihr diese Ehre zuteil wurde, und vergisst nie den damaligen Fasnachtssamstag. „Auf diesen Termin fiel nämlich mein 26. Geburtstag und ich fuhr im Cabrio beim Hockenheimer Umzug mit, bevor eine große Geburtstagsparty stieg. Und am nächsten Tag stand nach dem Ketscher Umzug der Prinzessinnenempfang an, das war ebenfalls ein Highlight. Meine Oma Anita Panzer hatte übrigens eine gute Erklärung dafür, dass mir die Fasnacht im Blut läge, denn schließlich stammte mein Opa Hans aus Düsseldorf. Dieses närrische Blut vererbte sich weiter, denn meine Tochter Lena ist der Gardetanz bei der Narrhalla besonders ans Herz gewachsen“, sagt die Friseurin schmunzelnd, die sich selbst die schönsten Frisuren zaubern konnte, wenn ihr Vater im heimischen Salon oder eine der Kolleginnen nicht verfügbar waren.

„Ich hatte zunächst zwei Kleider und als es in die ‚Verlängerung’ für mich ging, kam noch ein drittes Kleid hinzu. Damals musste man sich die Kleider aus der Brautboutique noch färben lassen, dazu fuhren wir nach Wendlingen. Heute gibt es ja schon fertige Kleider in allen Farben“, sagt Nicole Sponer.

Den Großeltern sei Dank

Die Kleider von Bianca I. aus dem Hause Schmitt, die 2003 inthronisiert wurde, wurden jedoch in Polen genäht, denn daher stammen ihre Großeltern. „Ihnen habe ich viel zu verdanken, denn ich freute mich sehr, als man mich fragte, ob ich Prinzessin sein wollte. Jedoch war ich damals noch in der Ausbildung zur Erzieherin und hatte die Mittel einfach nicht. Damals waren Dinge, wie beispielsweise Orden, noch nicht günstig über das Internet erhältlich. Da sind meine Großeltern eingesprungen und mein Traum wurde wahr“, erinnert sich Bianca Ehlert dankbar.

Allerdings fand mit der Fahrt nach Polen das erste von einigen Fahrzeug-Malheuren statt. „Auf der Fahrt nach Polen wurden uns die Seitenspiegel des Mercedes entwendet. Doch in der ,heißen Phase’ der Kampagne nahm dann das Schicksal seinen Lauf. Wir waren startklar für den Backenbläser-Umzug in Plankstadt, ein wunderschönes silbernes BMW-Cabrio stand bereit, jedoch bewegte sich das Dach keinen Zentimeter und es war nicht mehr lange Zeit. Blitzartig wurde ein Chrysler Cabrio organisiert, das Wurfmaterial umgeladen und die Deko ‚drapiert’. Wir fuhren nach Plankstadt, kamen gerade noch rechtzeitig an und reihten uns ein in den närrischen Lindwurm. Als der Startschuss fiel, wollte Dirk das Auto anlassen, aber es machte keinen Mucks mehr. Nach einem verweifelten Telefonat stellte sich heraus, dass sich ein Stück meines Kleides im Kofferraumschloss befand, was die Elektrik lahmlegte. Nachdem dies behoben war, ging es dann endlich los. Mit einem dritten Auto wollten wir dann in den weiteren Umzugsmarathon der Folgewoche starten. Mit einem Opel ging es von Hockenheim über Ketsch, nach Altlußheim und nach Brühl. In Schwetzingen warfen Jugendliche jedoch Wasserbomben auf das Auto und so kam Wasser in die Amatur, was zu einem elektrischen Totalausfall führte. Die Polizei nahm die Anzeige gegen Unbekannt auf und ohne Licht und Musik ging es weiter mit dem närrischen Lindwurm“, berichtet Bianca Ehlert.

Jedoch, so bekräftigt sie, sei ihr zu keinem Zeitpunkt der Spaß vergangen und heute habe sie dadurch bei den Prinzessinnentreffen immer eine Story zu erzählen und ergänzt: „Als angehende Erzieherin in einer Ketscher Einrichtung genoss ich besonders den Kindermaskenball, denn dort waren viele meiner Schützlinge als mein närrisches Gefolge dabei.“

In Serbien maßgeschneidert

Auch Sanja I. erinnert sich gerne an die fröhlichen Kinder bei den Umzügen und in den Kindergärten. Ihre Kleider wurden dabei immer sehr bewundert. Für die noch amtierende Regentin der Ketscher Fasnacht war der Kauf eines fertigen Kleides allerdings ebenso keine Option. „Meine Kleider wurden alle maßgeschneidert in Serbien, daher stammt meine Familie“, erzählt die Prinzessin, die „so gerne Prinzessin sein wollte und nun ist“.

„Wir fuhren dreimal nach Serbien und meine Tante Jasmina ging mit zur Schneiderei. In Serbien kennt man Fasnacht, aber die Tradition einer Fasnachtsprinzessin überhaupt nicht. Der Schneider war etwas verdutzt, dass er aus seinem Verständnis her gleich mehrere ‚Brautkleider’ fertigen sollte und diese dann noch farbig sein müssten. Am Ende kamen jedoch wunderschöne Kleider zustande und meine Tante Jasmina kam voller Stolz in meiner Kampagne zu Besuch nach Ketsch, um mich darin zu sehen“, erinnert sich Sanja Nesic.

Auf die Frage, wie sie zu dem Amt als Prinzessin kam, hat sie sofort eine Antwort: „Meine Freundin Verena war 2016/17 Prinzessin und bei ihr sah ich ihren Orden mit dem Bild. Ich wollte unbedingt auch so eine ,Medaille’, so nenne ich den Orden nämlich, mit meinem Bild und dann nahm alles seinen Lauf“, sagt Sanja und lacht herzlich.

Ob die Kindergartenbesuche, der Ketscher Umzug oder das Wecken der Hewwelguggler am Fasnachtssonntag vor ihrem Haus – Sanja hat viele unvergessliche Momente erlebt. „Vergessen hatte ich allerdings, dem Bürgermeister eine persönliche Einladung zum Prinzessinnenempfang auszusprechen, glücklicherweise kam er trotzdem“, verrät sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

Durch die besondere Corona Situation aktuell ging es für die blonde Ketscherin in diesem Jahr ebenfalls in die zweite Runde als Prinzessin. Ihre Nachfolgerin, die schon feststehe, sitze nun in den Startlöchern und hoffentlich könne diese im Herbst dann das närrische Zepter übernehmen.

Eine Grafik mit den aktuellen Corona-Zahlen gibt's hier:

Ketsch

Aus dem Kuriositätenkabinett der Prinzessinnen

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