Ketsch. Die Sonne brennt, der Asphalt flimmert – und das Bruchgelände in Ketsch wird am 1. Mai zum Freiluftmuseum auf Rädern. Bereits um acht Uhr morgens rollen die ersten Klassiker heran – obwohl das 18. Oldtimertreffen des Motosportclubs offiziell erst um 10 Uhr beginnt. Kein Wunder – wer einen guten Platz ergattern will, muss früh dran sein.
27 Grad zeigt das Thermometer, gefühlt sind es eher 30. Doch weder Aussteller noch Besucher lassen sich von der Hitze abhalten. Im Gegenteil: Sie strömen in Scharen auf das Gelände – ein Fest für Nostalgiker, Schrauber, Sammler und alle, die Benzin im Blut haben. Mit rund 655 Teilnehmern stellt das Treffen in diesem Jahr einen neuen Rekord auf. „So viele hatten wir noch nie“, freut sich Dieter Mummert, Vorsitzender des MSC. Im vergangenen Jahr waren es etwas über 400. Neben Autos kommen auch Motorräder und Traktoren – von liebevoll restauriert bis charmant verrostet ist alles vertreten.
Ford, Chevrolet, BMW oder Audi: Viele Marken beim Oldtimertreffen in Ketsch
US-Klassiker von Ford, Chevrolet und Dodge rollen neben deutschen Marken wie BMW, Mercedes, VW oder Opel ein. Selbst ein einzelner Trabant ist dabei – ein Modell, das durch U2s „Zoo TV Tour“ weltweite Aufmerksamkeit erhielt. Die Opel-GT-Dichte ist diesmal niedriger – „weil parallel eine Veranstaltung in Le Mans läuft“, so Mummert. Er schwärmt von einer NSU 502 von 1925: „Die NSU sieht aus wie nie gefahren, so gut restauriert ist sie.“
Ein Hingucker ist auch der GMC DeLorean aus „Zurück in die Zukunft“. Wie viele andere Fahrzeuge entführt er in die Vergangenheit – dorthin, wo die Herzen der Liebhaber schlagen. Wie sehr ein Auto zum Lebensbegleiter wird, zeigen Björn Dehoust und sein Sohn Ole. Sie reisen mit einem Porsche 944 (Baujahr 1983) und einem Ford Galaxie 500 (1971) an. „Der passt in keine normale Garage und schluckt schon mal 25 Liter Diesel“, berichtet Ole. Gemeinsam fahren sie damit bis nach Italien und Spanien. „Da kommen schnell mal über 1.000 Euro nur fürs Tanken zusammen“, erklärt er. Gespart wird beim Essen: „Ein Döner oder ne günstige Pizza tun’s auch.“
Dass bei den Dehousts das Schrauben eine generationsübergreifende Leidenschaft ist, wird schnell klar. Ole, Berufssoldat aus Wilhelmshaven, fährt den Porsche täglich zur Arbeit. Auch Vater Björn nutzt seinen Oldtimer regelmäßig. Dennoch müsse an ihnen immer wieder geschraubt werden. Rund 10.000 Euro steckte Ole bereits in den Porsche. „Und der rostet trotzdem noch“, sagt er und lacht. Die Liebe zum Fahrzeug ist trotzdem unverkennbar. „Ich verstehe nicht, warum man ‚Don’t touch‘-Zettel an sein Auto macht. Darum geht es doch gerade.“ Schon während er das sagt, öffnet er einem kleinen Jungen die Tür. Der klettert mit großen Augen hinter das Lenkrad und gibt begeistert Fahrgeräusche von sich.
Ein besonders geschichtsträchtiges Fahrzeug ist ein roter Daimler-Benz 170 D, Baujahr 1952. „Ich bin auch Baujahr 1952 – nur ein paar Monate Unterschied“, erzählt der Besitzer. Ursprünglich sei das Auto nur in Schwarz, Grau oder Weiß ausgeliefert worden. „Dieser hier war mal grün, also ein Sonderfahrzeug – und wurde in Belgien von der Feuerwehr in Rot umlackiert. Es war wohl das Kommandantenfahrzeug“, erklärt der passionierte Rentner weiter.
Hinweise darauf geben der Feuerlöscher zwischen den Vordersitzen und die alte Verkabelung für ein Blaulicht. „Ich bin immer noch am Recherchieren, nach den genauen Details des Autos. Wir vermuten, es war die Feuerwehr in Brügge oder Maldegem.“
AOK-Chopper: Einen seltenen Anblick gibt’s im Ketscher Bruch
Einen seltenen Anblick bietet auch das Trike von Bert Grimmer aus Eppelheim – ein umgebautes dreirädriges Fahrzeug, behindertengerecht angepasst. „Der Krankenfahrstuhl, oder umgangssprachlich auch AOK-Chopper, ist ein technischer Zeitzeuge“, erklärt der orthopädische Mechanikermeister. „Ich habe das Fahrzeug mit Absicht hierher gebracht, um Themen wie Behinderung mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen.“ Lange Jahre setzt er solche Fahrzeuge instand und passt sie individuell an. Verkaufen kommt für ihn nicht infrage: „Dazu ist der emotionale Wert viel zu hoch.“
Inge Grohe aus Viernheim fällt dank ihres Fiat X1/9 Cabrio von 1981 auf. Seit 25 Jahren fährt sie den Wagen – bei schönem Wetter, versteht sich. „Mein verstorbener Mann hatte früher einen Fiat Dino und die Leidenschaft für Oldtimer haben wir schnell geteilt. So sind wir mit dem Dino damals bis nach Mailand zu einem Dino-Treffen gefahren.“ Heute fährt sie Rallyes – zuletzt bei der Bergfahrt Heidelberg zum Königsstuhl. „Es macht einfach unheimlichen Spaß, hier in der Region unterwegs zu sein“, erzählte sie. Die passionierte Fahrerin ist erste Vorsitzende der Heidelberger Oldtimerfreunde und Beisitzerin im Vorstand des Mannheimer Automobilclubs (MAC).
Was viele Besucher nicht sehen: Hinter dem reibungslosen Ablauf steckt enorme Arbeit. 30 Mitglieder des MSC sind allein mit Organisation sowie Kaffee- und Kuchenverkauf beschäftigt. 69 Kuchen wurden von Hand gebacken. Unterstützung kommt von zahlreichen Mitgliedern des DLRG, die sich um die Verpflegung kümmern. „Ohne DLRG und unsere Mitglieder wären wir nicht in der Lage, diese Veranstaltung zu tragen“, sagt Dieter Mummert. Auch die Gemeinde wird gelobt – sie stelle das Gelände zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung, so Mummert.
Erstmals werden dieses Jahr Einweiser und Parkplatzwächter eingesetzt. „Die Teilnehmer haben aber alle super mitgemacht und waren sehr rücksichtsvoll“, berichtet Mummert. Selbst eine parallel stattfindende Wohnmobil-Wallfahrt mit 15 Teilnehmern findet Platz. „Nächstes Jahr wird es definitiv ein 19. Treffen geben“, verspricht Mummert. Allerdings denkt man über einen Unkostenbeitrag nach. „Es ist einfach alles teurer geworden, das trifft auch uns als Verein sehr.“
Für viele Besucher wie Stephan Ebel, der diesmal ohne Auto dabei ist, ist das Treffen ein fester Termin. „Bei einem Leben ohne Oldtimer – da fehlt einfach etwas“, erzählt Ebel wehmütig. Seinen Commodore B musste er vor zwei Jahren verkaufen – aber ein neuer Traum ist schon in Sicht: „Wenn wieder mehr Geld da ist, dann wird es vielleicht die nächste große Badewanne von Ford – der Ford Taunus“, sagt er mit einem Lächeln.
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Das Konzept steht noch nicht, aber der Wille ist da. Und wenn das Wetter wieder so mitspielt – und die Leidenschaft so spürbar bleibt – wird das Bruchgelände auch 2026 wieder zum Mekka für Oldtimerfreunde aus nah und fern.
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