Zu Gast bei der Drillingsfamilie aus Ketsch

Weihnachtsglück bei den Franks

Von 
Katja Bauroth
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Ketsch. Das hätten sich Catharina und Andreas Frank mit Söhnchen Eric aus Ketsch an Weihnachten vor einem Jahr nicht träumen lassen, dass sich ihre dreiköpfige Familie nur ein Jahr später verdoppelt hat. Weihnachten 2020 sitzen Franks nämlich zu sechst unterm Tannenbaum – das große Glück neben dem dreijährigen Eric sind die Drillinge Bastian, Jonas und Niklas.

Ortsgespräch ist die Familie seit Wochen. Der opulente Dreifach-Kinderwagen lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Dabei hätten die Jungs offiziell erst zwei Wochen vor Weihnachten, am 11. Dezember, das Licht der Welt erblicken sollen. Doch das „große Abenteuer“, wie Franks ihr Wunder nennen, begann am 21. Oktober.

Genau genommen startete es schon im März mit dem positiven Schwangerschaftstest. Als Catharina von ihrer Frauenärztin Dr. Susanne Laupichler aus Oftersheim („Hier fühlen wir uns sehr gut aufgehoben.“) kam, legte sie Andreas zwei Ultraschallbilder hin. Zwillinge! „Ich weiß noch genau, was sich in meinem Kopf abspielte: Ist das Haus groß genug? Das Auto wird zu klein sein! Das wird teuer! Schaffen wir das?“, erzählt Andreas. Seiner Frau ging es ähnlich. „Uns war dann aber schnell klar, dass wir es schaffen – mit einer funktionierenden Familie im Rücken und tollen Freunden“, ergänzt Catharina.

Die 34-jährige Empfangsmanagerin im Leonardo City Hotel Heidelberg hielt jedoch noch eine Überraschung bereit: Bei einem weiteren Ultraschalltermin wenige Wochen später durfte Andreas kurzerhand – trotz Corona-Beschränkungen – vorbeikommen. „Ich erinnere mich noch genau an die Worte von Dr. Laupichler: ,Hier ist das eine, hier das andere und hier . . . das Dritte. Herzlichen Glückwunsch, Sie bekommen Drillinge!‘ Mir stockte der Atem. Der Schweiß lief und ich war total überfordert“, gibt der 36-jährige Ingenieur bei John Deere in Mannheim zu. Eine Mehrlingsschwangerschaft und dann noch auf natürlichem Weg gab es in beiden Familien bis dato nicht.

Sowohl Catharinas als auch Andreas’ Arbeitgeber freuten sich mit dem Paar und unterstützten es. Durch die Risikoschwangerschaft konnte Catharina ab März nicht mehr arbeiten gehen, Andreas agierte im Homeoffice und meisterte mit Eric dessen vorgezogene Kita-Eingewöhnung im Oktober. „Der Johannes-Kindergarten hat uns hier sehr geholfen. Die Eingewöhnung wäre eigentlich erst jetzt, im Dezember, gewesen – das wäre organisatorisch unmöglich geworden“, ist das Ehepaar Frank dankbar für das Entgegenkommen – und auf Eric mächtig stolz: Der aufgeweckte Knirps hat sich schnell in der „Wichtelgruppe“ eingelebt und fühlt sich dort „wichtelwohl“.

Sorge um Baby Jonas

Die Schwangerschaft verlief dank der tollen Betreuung von Hebamme Barbara Schumacher-Gieße gut, jedoch nicht völlig problemlos. Nach einem Klinikaufenthalt in Woche 24 wurde Catharina ab Woche 30 stationär im Uniklinikum Heidelberg aufgenommen. Da stand schon fest: Es gibt zwei eineiige Zwillinge und einen zweieiigen Bruder. Bei Jonas, dem kleinsten der eineiigen Jungs, gab es leichte Anzeichen einer Chromosomenaberration, die sich zum Glück nicht bestätigten. Die Ärzte legten daher den Termin für einen Kaiserschnitt auf die Schwangerschaftswoche 32 plus fünf Tage und damit auf den 21. Oktober.

Andreas wartete am Endbindungstag mit Nervenflattern, einem Lunchpaket und dem Handy griffbereit auf dem Klinikparkplatz auf seinen Einsatz – er durfte mit in den OP. 13.39 Uhr: Niklas, 45 Zentimeter, 1750 Gramm, kommt auf die Welt. Er wirkt am fittesten. 13.40 Uhr folgt Jonas, 43 Zentimeter, 1320 Gramm – das Leichtgewicht der drei. 13.42 Uhr: Bastian ist da – mit 47 Zentimetern und 1880 Gramm der größte und schwerste der Drillinge. „Ein wahres Schreikonzert war im Nebenraum zu vernehmen – ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns nun erwartete. Alle hatten initial selbstständig geatmet“, fasst Andreas die ersten Minuten nach der Entbindung zusammen. Bastian benötigte Atemunterstützung, alle drei mussten noch an Gewicht zulegen, um nach Hause zu dürfen. In einem Tagebuch hat Andreas die Schwangerschaft und die ersten Wochen mit den Drillingen festgehalten – das erste Kuscheln zwei Tage nach der Geburt, die ersten Schlucke Muttermilch, die Logistik, um diese ins Krankenhaus zu bringen, als Catharina entlassen war, die Kinder jedoch noch in der Klinik bleiben mussten. „Am 6. November erfuhren wir, dass wegen Covid-19 immer nur einer von uns zu den Babys durfte, was unserer Ansicht nach überhaupt keinen Sinn gemacht hat“, erzählt Andreas von zusätzlichen Herausforderungen.

Am 13. November durften Bastian und Niklas nach Hause, Jonas musste sieben Tage länger im Krankenhaus bleiben. Im Wohnhaus in Ketsch war alles vorbereitet – Möbel wurden umgestellt, Platz geschaffen. Der kleine Peugeot der Familie wich einem T6 VW Multivan mit sieben Sitzen. „Da hätten wir sogar noch einen Platz frei“, witzeln Franks – allerdings erklären sie im gleichen Atemzug die Familienplanung als abgeschlossen.

Mit einem Dreijährigen und Drillingen muss alles top organisiert sein: wickeln, Muttermilch abpumpen, Milchflaschen vorbereiten, füttern, Flaschen sterilisieren, gegebenenfalls wieder wickeln, schlafen legen – die 24 Stunden am Tag sind genau getaktet. Die Babys werden alle drei Stunden gefüttert. „Im Krankenhaus wurden sie dafür geweckt, was uns jetzt hilft, da sie meist alle gleichzeitig für die ,Raubtierfütterung‘ wach werden. Sonst wäre das organisatorisch nicht hinzukriegen“, erzählt Andreas. Mittlerweile haben sich seine Frau und er über Nacht einen Schichtdienst überlegt, damit zumindest ein Elternteil mal sechs Stunden Schlaf bekommt. Da die Muttermilch immer nur für zwei Babys reicht, wird bei Nummer drei zugefüttert – und das im Wechsel. Darüber führen die Elternteile streng Buch. Beide schwärmen zudem von den Vorzügen der Federwippe, in der die Kleinen schnell einschlummern. Tipps – wie eben zu diesem Utensil – hat sich Catharina aus dem Internet und über Gruppen in sozialen Medien geholt. Hier haben sie zudem von fremden Menschen Hilfe erfahren: „Ehrenamtliche, die für Frühgeborene Kleidung nähen, haben uns ein Paket mit Anziehsachen geschickt“, freuen sich Franks über die schöne Geste gegen eine Spende. Denn Drillinge heißt eben auch alles dreimal: Etwa 28 Windeln werden pro Tag gebraucht, die Waschmaschine läuft zweimal am Tag – Bodys, Strampler, Spucktücher, da kommt einiges zusammen. Beide sind froh, dass alle Großeltern in Ketsch wohnen und die Familie unterstützen: „Unsere Eltern versorgen uns derzeit mit Essen, weil wir nicht zum Kochen kommen“, sagt Andreas.

Es kam schon zu Verwechselungen

An Zweisamkeit oder Zeit für sich ist bei dem Ehepaar derzeit nicht zu denken. Denn neben den Drillingen, die sich prächtig entwickeln, soll Eric keinesfalls zu kurz kommen. Und der große Bruder hilft auch tüchtig mit: Er hält das Fläschen und liebkost die Brüderchen. „Wenn wir mal kurz Zeit haben, dann überlegt man, was man jetzt am besten macht: einfach schlafen oder doch lieber die Küche aufräumen, statt mit der Gitarre im Keller zu üben“, beschreibt Andreas, der in der Band „K’lydoscope“ spielt und seit Oktober zweimal zum „Saitentraining“ gekommen ist. Trotz der Doppelbelastung möchte er mit seinen Musikerkollegen Martin Orth, Fabio Di Bernardo und Simon Kammerer wieder angreifen – sobald es Corona zulässt. „Meine Frau stärkt mir hier den Rücken, weil sie weiß, wie wichtig mir die Musik ist.“ Doch erst einmal unterstützt Andreas Catharina, bis Ostern ist er in der Elternzeit. Das zuständige Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises hat für die Zeit danach eine Haushaltshilfe genehmigt, die, wie zur Hochzeit der Schwangerschaft, helfen soll. Von welchem Träger diese kommen wird, ist noch nicht klar. „Hier hängen wir gerade etwas in der Luft“, sind die Drillingseltern verunsichert.

Apropos Verunsicherung: Wie halten die beiden eigentlich die Babys auseinander? „Bastian sieht etwas anders aus als seine Brüder, er wirkt verträumter und tollpatschig. Deshalb hat den Spitznamen ,Tranfunzel‘ bekommen. Die Eineiigen wirken agiler, sind aber auch schwieriger auseinanderzuhalten. Jonas hat spitzere Ohrmuscheln als Niklas. Aber wir haben sie auch schon verwechselt“, gesteht Andreas lachend.

Für ihn und Catharina hat das größte Abenteuer ihres Lebens begonnen. Umso mehr ärgert es das Paar, wenn es verständnislose oder bedauernswerte Blicke in Bezug auf die Drillinge wahrnimmt. Denn was gibt es Schöneres als das Wunder des Lebens – und das gleich mal drei?

Ketsch

Drillinge - das schönste Weihnachtsglück

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Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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