Ketsch/Dakar. Wenn der Blick über die flache, flimmernde Savanne wandert, schweift er über sandige Felder, verstreute Rinderherden und die majestätischen Silhouetten einzelner Baobabbäume – jene mächtigen Affenbrotbäume, die dem Ketscher Verein Baobab seinen Namen geben. Vor einem Jahr war hier noch weitgehend brachliegende Erde. Heute dagegen ist das Feld grün gesprenkelt.
„Hier wurden in den vergangenen Wochen über 300 Säcke Zwiebeln geerntet“, erklärt Jérôme Diouf stolz. Der Senegalese ist der lokale Partner des Vereins und führt die Besucher über das Feld, das er seit über einem Jahr betreut. Es ist nicht der erste Besuch des Vereins in Senegal. Seit 30 Jahren engagiert sich Vorsitzender Rolf Stalf für soziale Projekte im westafrikanischen Land.
Alles begann mit einer touristischen Reise der Familie Stalf – heute kann der Verein auf über 60 Patenschaften für senegalesische Kinder und zahlreiche finanzierte Herzoperationen für Kinder sowie Bildungs- und Gesundheitsprojekte zurückblicken.
So hilft die Wasserpumpe des Ketscher Vereins bei der Landwirtschaft in Senegal
Vergangenes Jahr wurde auf dem Feld im Landesinneren von Senegal ein neuer Meilenstein gesetzt: Gemeinsam mit und für die Frauen aus den Dorfgemeinschaften wurde ein Brunnen errichtet – 106 Meter tief, gespeist durch eine solarbetriebene Pumpe. Damit entstand die Grundlage für nachhaltige Landwirtschaft. „Das Wasser aus dem Brunnen wird über eine Tröpfchenleitung verteilt“, erklärt Diouf und deutet auf die grünen Pflanzreihen. „So bekommen die Pflanzen genau die richtige Menge – nichts wird verschwendet.“
Angebaut werden neben Zwiebeln auch Auberginen, Tomaten und Okra – Gemüsesorten, die gut an das Klima angepasst sind und sich auf lokalen Märkten verkaufen lassen. Inzwischen arbeiten rund 40 Frauen aus umliegenden Dörfern auf dem Feld. Sie pflanzen, pflegen, ernten – und verkaufen: „25 Kilogramm Zwiebeln bringen rund 6000 CFA-Franc, das sind etwa neun Euro“, erklärt Diouf. Für viele Familien ist das eine wichtige Einnahmequelle. Die Ernte wird auf lokalen Märkten verkauft, ein Teil bleibt zur Selbstversorgung.
Unterstützung erhalten die Frauen von zwei erfahrenen Landarbeitern: Abou aus Guinea und Phabis aus der Elfenbeinküste. Die beiden haben in mehreren westafrikanischen Ländern gearbeitet – von Liberia bis Nigeria – und bringen wertvolles Know-how mit. „Dass sie aus dem Ausland kommen, ist kein Problem“, sagt Diouf. „Im Gegenteil – die Frauen schätzen ihre Erfahrung.“
Hilfe für Senegal: Ideen, um den Arbeitsweg für die Dorfbewohner zu erleichtern
Ihr Alltag beginnt früh: Bei Sonnenaufgang, bevor die größte Hitze einsetzt, beginnen sie mit der Arbeit auf dem Feld. Gegen Mittag machen sie sich auf den Weg in eines der umliegenden Dörfer zum Essen – bislang zu Fuß, jeden Tag etwa eine halbe Stunde hin und zurück. „Das muss sich ändern“, beschließt Rolf Stalf noch vor Ort und ist im nächsten Moment bereits mit den beiden ins Gespräch vertieft, welche Art von Motorrad sich am besten für den Weg und die Arbeit eignen würde.
Auch langfristige Pläne treiben die Arbeit auf dem Feld voran: Zwischen den gesetzten Tomaten wachsen etwa einen Meter hohe junge Palmen – mit Geduld und Glück sollen sie in einigen Jahren Kokosnüsse tragen. „Es dauert etwa sieben Jahre, bis sie das erste Mal Früchte tragen“, erklärt Abou, der in Guinea Landwirtschaft studiert hat. „Aber der Marktwert ist hoch – das kann ein echtes Standbein werden.“
Für die nahende Regenzeit von Juli bis Oktober, in der das Risiko für empfindlichere Pflanzen zu groß ist, gibt es bereits andere Pläne: Wassermelonen, Hirse und andere robuste Kulturen sollen dann versuchsweise angebaut werden. Für Rolf Stalf und seine Frau Petra ist dieser Besuch ein ganz besonderer: Sie feiern ihr 30-jähriges Engagement in Senegal. Es ist eine Geschichte voller Begegnungen und wachsender Freundschaften.
So beginnt Entwicklungshilfe: Mit einem Urlaub in Senegal
Wie alles begann? In den 1990er-Jahren, während eines Urlaubs, lernten sie in einem Hotel in Mbour den damaligen Kellner Jérôme Diouf kennen. Aus der Bekanntschaft wurde eine Partnerschaft – heute ist Diouf „die gute Seele von Baobab“ vor Ort. Über 60 Mal ist Stalf seitdem nach Senegal gereist. „Senegal und seine Menschen haben unser Herz erobert“, sagt er. „Natürlich können wir nicht alle Probleme lösen, aber wir können einen kleinen, konkreten Beitrag leisten.“
Am Ende des Rundgangs über das Feld versammelt sich die Gruppe am Brunnen. Phabis drückt den Startknopf – leise surrt die solarbetriebene Pumpe an und das Wasser sprudelt aus der Tiefe empor. Ein kurzer Moment der Freude und Bestätigung. „Es ist schön zu sehen, dass die Anlagen funktionieren – und wie viel daraus entstanden ist“, sagt Petra Stalf.
Einer ihrer eindrücklichsten Momente? Petra Stalf muss nicht lange überlegen – denn es gab viele: berührende Begegnungen, besondere Freundschaften, spannende Reisen durchs Land. Doch eine Erfahrung sticht für sie besonders hervor und reicht weit über die Grenzen Senegals hinaus: vor ein paar Jahren nahmen sie gemeinsam mit einer senegalesischen Delegation von rund 350 Geistlichen an einer Papstaudienz auf dem Petersplatz in Rom teil.
Eingeladen hatte ein senegalesischer Priester, den sie über den Verein kennengelernt hatten. „Im Anschluss wurden wir sogar spontan beim Empfang in der senegalesischen Botschaft im Vatikan willkommen geheißen – das war überwältigend“, erzählt sie begeistert.
Farm in Senegal soll entstehen: Jetzt für die Anschaffung von Bauernhoftieren spenden
Doch mit Erinnerungen allein will sich das Ehepaar nicht begnügen. Die nächsten Ideen sind bereits konkret: Auf dem Grundstück soll eine kleine Viehzucht entstehen. Gestartet wird mit Schweinen, Kühen und Hühnern. „Und wie soll die Farm heißen?“, fragt jemand. Rolf Stalf lacht. „Na da sind wir uns alle einig: Baobab-Farm!“
Wer Baobab unterstützen möchte, kann dies durch Spenden oder Patenschaften tun. Ebenso besteht nun die Möglichkeit, mit einer Spende ein Tier für die neu begründete Farm zu stiften. Das Spendenkonto hat die IBAN DE72 6725 0020 0009 317600 und weitere Informationen gibt es unter www.baobab-senegal.de.
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