Neulußheim. Die Besetzung an diesem Nachmittag ist anders als in all den Jahren, in denen sie aktiv in der Lokalpolitik mitgemischt haben. Manche waren zeitgleich im Amt, manche schon ausgeschieden, als andere erst gewählt wurden. Ein paar wirkten lediglich eine Periode am Ratstisch mit, andere hielten an diesem über 30 Jahre die Stellung. Und doch merkt man hier im Haus der Feuerwehr, dass das Interesse der Altgemeinderäte am lokalen Geschehen immer noch ungebrochen ist: Munter tauschen sie sich aus und schrecken auch nicht davor zurück, sich auf eine Diskussion einzulassen - ohne am Ende einen Beschluss fassen zu müssen.
Virtueller Rundgang durch den Ort
Die Anregung von Altgemeinderat Karl-Heinz Butz, ein solches Treffen zu organisieren, stieß nicht nur bei der Gemeindeverwaltung auf offene Ohren, sondern auch bei den eingeladenen Gästen selbst: Ein gutes Dutzend fand den Weg ins Haus der Feuerwehr, wo Bürgermeister Gunther Hoffmann mit einem virtuellen Rundgang durch die Gemeinde auf sie wartete. Bei diesem begegneten die Altgemeinderäte den aktuellen Maßnahmen, aber auch den Problemen, mit denen sich der amtierende Gemeinderat auseinandersetzen muss. "Sie werden aber sehen, die sind nicht viel anders als früher auch", sagte Hoffmann schmunzelnd.
So streifte sein Vortrag neben der Sanierung der Alten Schule auch den Bahnhof, der barrierefrei umgebaut werden soll. "Es hieß schon damals bei der Einweihung, dass da ein Fahrstuhl reinkommen soll", erinnerte sich einer der Altgemeinderäte. Doch der barrierefreie Ausbau hat es in sich: Die Kosten belaufen sich auf etwa 2 Millionen Euro. Die Bahn übernimmt nichts, "fordert aber, dass wir ausbauen, weil sie sonst hier nicht mehr hält", ging der Bürgermeister auf das für 2016 geplante Vorhaben ein, an dem sich die Kommune mit 500 000 Euro beteiligen muss und das den Bahnhof für ein halbes Jahr lahmlegt. Ein Busersatzverkehr nach Hockenheim soll eingerichtet werden.
Ans Einrichten geht es auch im Baugebiet Alter Bahnhof: Dort seien so gut wie alle Häuser inzwischen verkauft, berichtete der Ortschef und geht auf die große Nachfrage nach Bauplätzen ein. Bis zum Jahresende, schätzt er, sei das Thema dann abgehakt. Bis dahin beginnt sich dann im Baugebiet "Alter Pfarrgarten" etwa zu tun. "Wir rechnen hier mit Höchstpreisen wie im Allmendweg", meinte Hoffmann angesichts der großen Bauplätze in zentrumsnaher Lage in einer dennoch ruhigen Seitenstraße.
Am Ortseingang in Richtung Altlußheim rücken die Bagger bald schon an, berichtete Hoffmann den Altgemeinderäten von dem Vorhaben, einen Kreisverkehr zu errichten, um die Verkehrssituation zu entschleunigen. "Ja, das ist sinnvoll", pflichteten ihm die Altgemeinderäte bei, denen der Gefahrenpunkt bestens vertraut ist. Sind dort die Arbeiten abgeschlossen, geht es mit der Sanierung der Waghäuseler Straße analog zur Hockenheimer Straße weiter, die in erster Linie aufgrund des kaputten Kanals notwendig ist.
Flächen für Windenergie
In seinem Rundgang durch die Schickardgemeinde streifte der Bürgermeister die Maßnahmen auf dem Friedhof, die in geänderter Form entstehende Ortsmitte sowie die Schul- und Sporteinrichtungen. Er verließ jedoch auch die Ortsgrenzen und erläuterte den Gästen überregionale Projekte, die Auswirkungen für Neulußheim haben: so etwa der Ausbau des High-Speed-Netzes Fibernet, um eine flächendeckende Internetversorgung im Rhein-Neckar-Kreis zu gewährleisten, aber auch die Stromautobahn "Ultranet", mit der der Süden nach Abstellung des Kernkraftwerks Philippsburg 2019 mit regenerativer Energie aus dem Norden versorgt werden soll. Dass die Gemeinden im Zuge des Flächennutzungsplans auch Flächen für Windenergie ausweisen müssen, darauf ging Hoffmann in seinem Bildvortrag ebenfalls ein - und öffnete damit zugleich die Gesprächsrunde.
In kleinen Grüppchen tauschten sich die Räte aus. Karl-Willi Thorn merkte an, dass sich die Parksituation im Ort drastisch zugespitzt habe, Einfahrten häufig einfach zugeparkt würden. Fritz Brömmer hakte nach, wie es eigentlich nun um die Unterbringung der Asylanten stehe. "In der Zweitunterbringung müssen wir dieses Jahr sieben aufnehmen", erklärte Hoffmann. Und trotz der gesunden kritischen Haltung, die die Altgemeinderäte noch immer haben, zögerten sie in dieser geselligen Runde auch nicht mit Lob. "Die neue Straßenbeleuchtung ist toll: Endlich ist es hell und die Hauswände werden nicht mehr angeleuchtet", weiß Helmut Fitterling die Umstellung auf LED-Lampen zu schätzen.
Und doch bot der Nachmittag auch Gelegenheit, in Erinnerungen zu schwelgen. "Weißt du noch, damals . . ." ließen die Altgemeinderäte Ortsgeschehnisse der Vergangenheit Revue passieren, blätterten in einem alten Fotoalbum, in dem die meisten Aufnahmen noch in Schwarz-Weiß waren, und blickten auf das zurück, was sie in der Vergangenheit gemeinsam im Ort bewirkt haben.
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