Gemeinderat

Expansionspläne der Markusschule in Neulußheim sorgen für Unmut

Die Sitzungsvorlage wird entschärft und die Erweiterung der Markusschule somit weiterverfolgt.

Von 
Andreas Wühler
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Auf dem freien Platz im Hintergrund, rechts vom Schulgebäude A, soll der Neubau er-richtet werden. © Wühler

Neulußheim. Der Trägerkreis der Freien Christlichen Schule Neulußheim möchte die Markusschule auf dem Schulgelände in der Ortsmitte, bei der Alten Schule, erweitern und auf der Freifläche nördlich des Hauses A einen Neubau errichten. Diese Nachricht verbreitete sich in der Gemeinde wie ein Lauffeuer und trieb nicht nur Anwohnern Sorgenfalten auf die Stirn. Auch innerhalb der Fraktionen des Gemeinderates regt sich Widerstand.

Die Ablehnung lässt sich an zwei Argumenten festmachen – dem erwarteten höheren Verkehrsaufkommen und dem Wunsch, das Ensemble der Alten Schule samt Freifläche nicht durch einen Neubau zu zerstören. Dem halten die Befürworter entgegen, dass die Markusschule eine anerkannte Bildungseinrichtung sei, einen großen Raumbedarf habe und diesen, auch wegen des Denkmalschutzes, nur durch einen Neubau befriedigen könne. Und einen alternativen Standort habe die Gemeinde derzeit nicht zu bieten.

Absetzung von Tagesordnung abgelehnt

Rein formal störte sich Grünen-Fraktionssprecherin Monika Schroth an dem kurzen Vorlauf der Sitzungsvorlage, die bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause für einen vollen Sitzungssaal im Haus der Feuerwehr sorgte. Ende Juni habe man von den Plänen erfahren, öffentlich über sie sprechen dürfe man erst seit dem 12. Juli – neun Tage sind in ihren Augen zu kurz, um für das Vorhaben die Meinung der Bürger zu erkunden, weshalb sie vor Beginn der Sitzung den Punkt von Tagesordnung gestrichen sehen wollte.

Auch wenn der Antrag auf Absetzung von der SPD-Fraktion und Ingeborg Bamberg (WfN) unterstützt wurde – er wurde mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. Hierfür gab nicht zuletzt die Stimme von Bürgermeister Gunther Hoffmann den Ausschlag, der den Punkt angesichts der vielen Besucher behandeln wollte. Immerhin gebe es immer wieder den Wunsch, öffentlich zu diskutieren – dies könne nun der Fall sein.

Und die Öffentlichkeit hielt sich nicht zurück, weshalb Hoffmann nach 60 Minuten bilanzieren konnte, eine echte Bürgerfragestunde erlebt zu haben. Ein gutes Dutzend Bürger meldete sich zu Wort und hinterfragte das Vorhaben der Markusschule, wobei der Schwerpunkt auf der befürchteten Verkehrsproblematik lag.

Altgemeinderätin Heidi Roß eröffnete die Fragerunde und wollte wissen, ob das Denkmalamt schon informiert worden sei, immerhin stehe das Ensemble unter dessen Schutz. Ein weiterer Bürger warf der Verwaltung, dem Bürgermeister eine „Nacht und Nebel“-Aktion vor.

Hoffmann nutzte die Gelegenheit, um die Vorgehensweise grundsätzlich zu erläutern: „So funktioniert Verwaltung.“ Die Markusschule habe einen Antrag gestellt, er habe diesen im Ausschuss vorgestellt und dann auf die Tagesordnung der Ratssitzung gesetzt. Damit seien jedoch noch keine Entscheidungen getroffen, der Rat sei Herr des Verfahrens und könnte dieses an jeder beliebigen Stelle beenden. Doch ohne einen tragfähigen Beschluss des Rates könne er das entsprechende Verfahren nicht einleiten, nicht die Träger öffentlicher Belange hören. 38 Behörden – darunter auch das Landesdenkmalamt – hätten dann die Gelegenheit, sich zu dem Vorhaben zu äußern.

Die weiteren Anfragen zielten vor allem auf die Problematik des Hol- und Bringverkehrs, der mit der befürchten Zunahme der Schülerzahlen noch zunehmen werde. Schon ohne die Schule, ärgerten sich die Bewohner der Ortsmitte, sei die Verkehrssituation im Geviert zwischen Zum Messplatz und Jahnstraße eine Katastrophe, die durch die Markusschule noch verschlimmert werde. Von den aktuell 142 Grundschülern kommen nur 26 aus dem Ort, der Rest wird im Hol- und Bringverkehr per Elterntaxi zur Schule gebracht. Mit den üblichen chaotischen Begleitumständen.

Hoffmann sah dies entspannter, verwies darauf, dass der Neubau in erster Linie Platz für Aula und Fachräume schaffen soll und sich die Situation entspanne, wenn der noch im Schulgebäude untergebrachte Johanneskindergarten ins neue Quartier umziehe. Was für einigen Unmut im Saal sorgte: In den Ferien sei es wie auf dem Dorf, zur Schulzeit traue sie sich nicht auf die Straße, meinte eine Besucherin mit Blick auf den Verkehr.

Ein anderer Besucher verwies auf das schon von der Schule angedeutete Wachstum. Anwesende Eltern der Markusschule unterstrichen dies, dies zeige die gute Arbeit der Schule. Der Hol- und Bringverkehr sei immer ein Problem und müsse mit einem schlüssigen Konzept geregelt werden.

Letztlich, so der überwiegende Tenor der Sitzungsbesucher, gehe es um die Frage, ob das Wohl der Neulußheimer auf der Strecke bleibe und der Expansion der Schule geopfert werde. Eine Frage, die einige Zeit später beim Tagesordnungspunkt elf von den Räten gleichfalls aufgegriffen wurde.

„Beschließt“ gehe zu weit

Hoffmann bekräftigte seinen Standpunkt, dass es nicht um einen Beschluss gehe, sondern um die grundsätzliche Frage, ob man die Erweiterung der Schule wolle. „Können wir es uns grundsätzlich vorstellen“, wollte er vom Rat wissen. Womit er genau den Sachverhalt angesprochen hatte, weshalb Schroth für die Absetzung des Punktes war. Denn in der Beschlussvorlage spricht sich der Rat nicht nur für die Erweiterung aus, sondern auch für den Beschluss, dem Verein das benötigte Grundstück in Erbpacht zu überlassen und einen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Was in den Augen der Grünen alles zu weit geht. Ein Beschluss über das Grundstück sei faktische eine Vergabe und dann führe kein Weg mehr zurück.

Winfried Vaudlet (SPD) rechnete dem Rat vor, wie sich die Schülerzahlen nach Angaben der Schule entwickeln werden und befürchtete, dass bald 150 Kinder mit dem Elterntaxi zur Schule kommen. Obendrein störte er sich an der zu überbauenden Fläche, die zulasten des Pausenhofs gehe, der zugleich dem Rad- und Fußweg zwischen Messplatz und Rathaus diene. Schon deshalb könne er dem Punkt nicht zustimmen, so Vaudlet, in dessen Augen es mehr Sinn macht, die gesamte Schule zu verlagern.

Renate Hettwer (SPD) störte sich an der „rekordverdächtigen Eile“, mit der das Vorhaben den Rat erreicht habe. Obendrein hätten die Gemeinderäte keine Chance gehabt, die Pläne mit den Bürgern zu besprechen. „Die Zeit reicht nicht, um sich über die Tragweite des Projekts im Klaren zu sein“, stellte sie fest und wollte die Folgen bedacht wissen.

Sie erinnerte an die öffentliche Fraktionssitzung der SPD Anfang der Woche, bei der 40 Bürger ihrem Unmut Luft machten und forderte, „der Platz muss bleiben, wie er ist – ein Stück Neulußheim“. Auch für Schroth war die Zeit zu kurz für Gespräche mit den Bürgern. Die private christliche Markusschule habe ihre Berechtigung, doch müsse man auch an das Wohl der Gemeinde denken. Schon immer und auf vielfältige Weise werde die Schule von der Gemeinde unterstützt. Das aktuelle Projekt werde das ohnehin zu kleine Außengelände verringern, den Durchgang erschweren und den Platzcharakter zerstören, lehnte Schroth das Vorhaben ab.

Ingeborg Bamberg (WfN) erinnerte daran, für das Wohl der Gemeinde gewählt zu sein. Dazu gehöre, die Folgen von Beschlüssen zu überschauen, was bei der Sitzungsvorlage nicht möglich sei, die einem Blankoscheck gleichkomme.

Die Gegenposition nahm Thomas Birkenmaier (CDU) ein, der bekannte, dem öffentlichen Druck nicht nachgeben zu wollen. Der Bring- und Holverkehr sei bei der Lußhardtschule nicht minder schlimm, ein Fehlverhalten der Eltern, und das Problem auf andere Weise zu lösen.

Birkenmaier hegte eher den Verdacht, die Schule solle aus ideologischen Gründen abgelehnt werden, indem unnütz Ängste geschürt würden. Letztlich gehe es nur um eine Schule, die adäquate Räume für sich brauche. Die Frage, wie viele Kinder aus der Gemeinde die Schule besuchen, sei irrelevant, auch bei den Besuchern des Blausees werde nicht differenziert. Im schlimmsten Fall, befürchtet Birkenmaier, werde die Schule abwandern – „dann hätten sie ihr Ziel erreicht“, wandt er sich an die Gegner. Weshalb der Rat eine Entscheidung fällen müsse – dafür sei er gewählt. Und diese müsse pro Schule sein.

Kompromiss nach Unterbrechung

Sven Nitsche (FWV) betonte, mit der Debatte am Anfang des Prozesses zu stehen, keine finale Entscheidung zu treffen. Er verglich die Markus- mit der Lußhardschule, die beide unterstützenswert seien. Um letztlich eine Entscheidung treffen zu können, bedürfe es Informationen, die er sich aus dem kommenden Verfahren erhofft. Er betonte auch, dass die Schule mehr Raum brauche, sonst verliere sie ihre Zulassung, weshalb das Anliegen berechtigt sei.

Nachdem sich die Diskussion noch einige Runde im Kreis drehte, brachte Dr. Karl Ludwig Ballreich (FWV) einen Kompromiss ins Spiel: Das Wort beschließt durch erwägt zu ersetzen. Was zu einer Sitzungsunterbrechung führte und letztlich in eine Abstimmung mündete: „Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung einen vorhabenbezogenen Bebaungplan für die weitere Entscheidung vorzubereiten.“ Mit neun zu sieben Stimmen wurde der Antrag angenommen.

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