Gemeinderat - Knappe Mehrheit stimmt für die Vergabe eines Grundstücks im Baugebiet „Zeppelinstraße West“ an den Trägerverein des Johannes-Kindergartens

Johannes-Kindergarten in Neulußheim erhält Grundstück im Baugebiet „Zeppelinstraße West“

Von 
Andreas Wühler
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Im Gebiet „Zeppelinstraße West“ sind die Erschließungsarbeiten in vollem Gange. Vier Grundstücke gehören in dem Baugebiet der Gemeinde. Die Entscheidung über deren Zukunft wurde im Rat vertagt. Hingegen wurde eines der Grundstücke, hier im Vordergrund an der Ecke zur Birkenallee, an den Johannes-Kindergarten vergeben. © Lenhardt

Neulußheim. Die Frage, was mit den vier gemeindeeigenen Grundstücken im Neubaugebiet „Zeppelinstraße West“ geschieht, ob sie verkauft oder in Erbpacht vergeben werden, sollte bei der Ratssitzung am Donnerstag eine Antwort erfahren. Wie auch entschieden werden sollte, ob einer der Bauplätze an den Verein Freier Christlicher Kindergarten gehen soll, der darauf den Johannes-Kindergarten neu errichten möchte. Dann gar als zweigruppige Einrichtung.

Doch soweit kam es nicht. Noch vor der Eröffnung der Tagesordnung teilte Bürgermeister Gunther Hoffmann dem Gemeinderat, in dessen Reihen an diesem Abend drei Mitglieder der CDU-Fraktion entschuldigt fehlten, mit, dass er den Punkt neun, die Vergabe der gemeindeeigenen Grundstücke im Baugebiet „Zeppelinstraße West“, von der Tagesordnung nehmen müsse, da noch Abstimmungsbedarf mit dem Kommunalrechtsamt bestehe.

Nach diesen zwei Vorbemerkungen hinsichtlich der Zahl der anwesenden Gemeinderäte und der Absetzung des Punktes neun, eröffnete Hoffmann die Tagesordnung mit den Anfragen der Bürger, bei denen sich sogleich Heidi Roß zu Wort meldete. Die Altgemeinderätin störte sich an dem Umstand, dass eines der vier Baugrundstücke an den Kindergarten gehen soll, statt dafür verwendet zu werden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Was Hoffmann eher als Kommentar denn als Frage einordnete und mit der Antwort beschied, dass die Gemeinde nicht nur für ausreichend Wohnraum, sondern auch für ausreichend Betreuungsplätze zu sorgen habe.

Übergangslösung Alte Schule

Derzeit, merkte Hoffmann beim Tagesordnungspunkt acht an, sei der Johannes-Kindergarten nach dem Brand in der Altlußheimer Straße in der Alten Schule untergebracht. In Räumen, die die Gemeinde für die Bücherei nutzen wolle, weshalb dies nur eine Übergangslösung sein könne. Den Wunsch des Trägerkreises des Vereins, den Johannes-Kindergarten an anderer Stelle neu zu errichten, konnte Hoffmann verstehen – das Gebäude in der Altlußheimer Straße habe schon vielen Zwecken gedient, sei nicht als Kindergarten gebaut worden.

Als der Kindergartenträger mit seinem Ansinnen auf ihn zugekommen sei, habe er sich Gedanken gemacht und sei ihm das Grundstück in der Zeppelinstraße, Ecke Birkenallee in den Sinn gekommen. Zum einen habe die Gemeinde kein anderes, zum anderen findet er den Standort gegenüber dem Kindergarten Pusteblume gut, verspricht er sich davon Synergieeffekte.

Hoffmann plädierte dafür, dem Verein das Grundstück in Erbpacht zu überlassen. Denn, betonte er, Kinderbetreuung ist eine Aufgabe der Gemeinde, baue der Verein nicht, könne Neulußheim seinen Bedarf nicht decken und müsse die Gemeinde selbst bauen. Immerhin sei der Johannes-Kindergarten fester Bestandteil der Bedarfsplanung. Und bei zwei Gruppen spreche man hier über rund 50 Plätze.

Hoffmann erinnerte an die Vorgehensweise beim Podey-Kindergarten, den die Gemeinde für 1,5 Millionen Euro gebaut und der evangelischen Kirche als Trägerin überlassen habe. „Wir dürfen hier keine konfessionellen Unterschiede machen.“ Auch der Umstand, dass im christlichen Johannes-Kindergarten viele auswärtige Kinder untergebracht seien, gelte nicht als Argument. Dies werde im kommunalen Ausgleich verrechnet.

Fraktionssprecherin Monika Schroth von den Grünen wollte keine konfessionellen Unterschiede machen, ihr ging es um den Gegensatz von Wohnraum und Kinderbetreuung. Hier müsse der Rat abwägen und entscheiden und dies auf der Grundlage von Informationen. Doch gerade diese vermisste Schroth, lediglich ein Schreiben des Vereins als Grundlage eines Beschlusses schien ihr zu dürftig.

Viele ungeklärte Fragen würden im Raum stehen, so Schroth, von den Bedingungen der Überlassung über die Frage des Bedarfs bis hin zu jener der Finanzierung. Zwar sei der Kindergarten Teil des Bedarfsplans, denn stelle er ein privates Angebot dar, dass man nicht annehmen müsse. Durch seine inhaltliche Ausrichtung stelle er Anforderungen an die Eltern, beispielsweise Arbeitsleistungen.

Verkehrschaos befürchtet

Grundsätzlich fehlten Schroth Angaben über den Verein, über den keine Informationen zu recherchieren seien. Zu wenig für eine Entscheidung mit einem Vermögenswert von über zwei Millionen Euro, urteilte die Fraktionssprecherin und fügte letztlich die Frage an, ob das Grundstück überhaupt geeignet sei. Synergieeffekte durch die Pusteblume könne sie nicht erkennen, eher ein Verkehrschaos durch den Hol- und Bringverkehr durch zwei Einrichtungen. Auch störte sie sich daran, dass keine alternativen Standorte geprüft worden seien. In der Summe Gründe genug für die Grünen, der Vergabe nicht ohne weitere Informationen zustimmen zu können.

Hoffmann erinnerte nochmals daran, dass die Kinderbetreuung eine Aufgabe der Gemeinde sei – „wenn die nicht bauen, müssen wir bauen.“ Der Bürgermeister führte die verbindliche Grundschule ab 2025 an, die für Mensa und Ähnliches mit einem größeren Platzbedarf einher komme, der wohl zu Lasten der Kinderbetreuung Kunterbunt gehen könne. Und, betonte er, für die U3-Kinder gebe es einen Rechtsanspruch, der nur deshalb die Gemeinde nicht in die Bredouille bringe, weil nicht alle Eltern davon Gebrauch machen würden.

Hauptamtsleiter Andreas Emmerich verwies auf die Zahlen vom vergangenen Jahr – 312 Kindergartenkindern standen 301 Plätze zur Verfügung und 116 U3-Kindern 77 Plätze. In diesem Jahr sehe es wohl ähnlich aus, so Emmerich, der darauf verwies, dass zum Glück nicht alle Plätze in Anspruch genommen würden.

Unterm Strich, so Hoffmann, müssten weiter Plätze her, entweder durch den Johannes-Kindergarten oder durch die Gemeinde. Als Kompromiss schlug er deshalb vor, nur über die Vergabe des Grundstücks zu entscheiden, Vertrag und sonstige Modalitäten mit dem Träger später zu verabschieden.

Hanspeter Rausch (SPD) schloss sich inhaltlich Schroth an und fügte mit Blick auf die vorgelegten Bedarfszahlen hinzu, ob es nicht besser sei, gleich einen großen Kindergarten mit mehreren Gruppen zu planen, statt einen zweizügigen. Zumal ein Neubau in der Relation mit jeder Gruppe pro Kind billiger komme.

Unterm Strich plädierte Rausch für eine Vertagung in den Ausschuss, wo man den gesamten Sachverhalt nochmals im großen Zusammenhang diskutieren solle. Eventuell, so der Sozialdemokrat, wäre es besser, wenn die Gemeinde selbst baue und einen Träger suche. „Nicht einmal der Papst weiß, wie es mit der katholischen Kirche weitergeht“, wollte Hoffmann von anderen Betreibern nichts hören und hatte ansonsten volles Vertrauen in den Verein, der von der Grundschule bis zum Gymnasium schon vieles erreicht habe – „warum soll er jetzt scheitern.“

Claudia Piorr (WfN) wollte wissen, ob Kinder von Flüchtlingen aus der Ukraine, die in der Gemeinde unterkommen, auch in der Bedarfsplan berücksichtigt werden müssten. Was Hoffmann nicht verneinen konnte.

Thomas Birkenmaier (CDU) sprach angesichts der Diskussion von einem Déjà-vu, sah sich an die Debatte von vor 13 Jahren erinnert, als es um die Markusschule ging. In dem Vortrag von Schroth und Rausch sah er nur die Suche nach Gründen zur Ablehnung. Doch es gehe nicht um Ideologie, stellte er fest und verwahrte sich dagegen, der Kindergartenleitung die Kompetenz abzusprechen. Die Union befürworte auf jeden Fall die Überlassung des Grundstücks an den Verein, so Birkenmaier.

Ideologische Debatte

Auch Sven Nitsche (FWV) rieb sich ob der Diskussion „verwundert die Augen“. Anscheinend gehe es um einen Kindergartenträger, der den Ablehnern ideologisch lieber sei. Doch in der Sache gehe es um Bestandssicherung, um den Ersatz der durch den Brand fehlenden Plätze. Für Nitsche geht es um Kinder, die Zukunft, zu der die FWV stehen würden. Und bei der Abwägung würden 50 Kindergartenplätze mehr ins Gewicht fallen, als vier oder fünf neu geschaffene Wohnungen.

Wie Schroth abschließend nochmals betont, gehe es ihr nicht um den Träger, sondern um die fehlenden Informationen – „ich hätte bei einem solchen Antrag von evangelischer oder katholischer Kirche genauso argumentiert.“

Bei der finalen Abstimmung sprach sich dann eine Mehrheit am Ratstisch für die Vergabe des Grundstücks in Erbpacht an den Verein aus: Fünf Stimmen gab es von den FWV, zwei von der Union – Andreas Sturm war mittlerweile eingetroffen – je ein von Claudia Piorr (WfN) und Bürgermeister Hoffmann. SPD und Grüne stimmten bei einer Enthaltung von Margot Röhheuser (Grüne) gegen die Vergabe. Über den notariellen Vertrag soll in einer weiteren Sitzung entschieden werden.

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