Alt-/Neulussheim. Ein Grabstein hatte bis zum Ostersonntag den Weg zum Altar versperrt. In den frühen Stunden der Osternacht erwachte die kalte Steinmauer jedoch zum Leben, gab den Weg frei und erblühte in den schillerndsten Farben. Die Blumen - Tulpen, Rosen, Hyazinthen, Vergissmeinnicht - wie ein Licht im Dunkeln. Jeder neue Tag bringt wie selbstverständlich immer wieder Licht ins Dunkel der Nacht. In der Osternacht der evangelischen Kirche wachten, beteten und dankten die Anwesenden und sahen, wie das Licht die Dunkelheit besiegt.
Jeder kennt Situationen, die abschneiden vom Leben. Dunkelheit. Ausweglosigkeit. Nicht weiterwissen. Verschiedenste Situationen bringen uns manchmal zum Ver-zweifeln. Die Konfirmanden hatten ihre ganz persönlichen zusammengetragen: Streit mit Freunden, der Verlust wertvoller Menschen, Beleidigungen, ein Unfall, den man nicht verhindern kann. "Immer wieder werden uns Steine in den Weg gelegt", sagte Carolin Gottfried. "Oft sind es auch Gedanken, die uns festhalten. Wenn wir sehen, was Menschen anderen Menschen antun."
In der langsam beginnenden Dämmerung machte sich die Gruppe dann auf zum Osterfeuer vor der Kirche. Dort entzündete Gottfried die Osterkerze, welche die Konfir-manden selbst gestaltet hatten. Ge-meinsam zogen die Gläubigen mit dem Licht in die Kirche ein. Das Licht der Osterkerze erleuchtete dann auch langsam das Kircheninnere: Die Konfirmanden nahmen der Kerze ein wenig Licht und erhellten damit den Altar. Erst dann wurde die erblühende Steinmauer in ihrer ganzen Farbenpracht sichtbar.
"Was wenn solche Steine sprechen könnten?", fragte Gottfried. In ihrer Predigt nahm sie die Kirchengäste mit, das Matthäusevangelium einmal aus eben dieser Perspektive zu erleben. Ein Grabstein, die Grenze zwischen Leben und Tod. Die Schwere des Steins ist auch zu spüren in den trauernden Menschen, die zu ihm kommen. Der Stein vor Jesus Grab jedoch erzittert, als die weinenden Frauen vor ihm stehen. "Ein himmlisches Wesen erscheint, rollt den Stein zur Seite", las Gottfried. "Es strahlt Wärme aus und setzt sich auf den Stein." Dessen Kälte ist besiegt. Das Leben besiegt den Tod. "Das Lachen Gottes hat die Kraft, den Stein wegzubewegen und trägt uns auf dem Weg zum ewigen Leben."
Am Beginn steht die Taufe
An dessen Beginn steht die Taufe. Am Beginn der Gemeinschaft mit Gott. Daher auch leuchtet das Osterlicht bei jedem dieser Anlässe. Als Zeichen der Taufe gossen die Konfirmanden an diesem Morgen das Wasser als Zeichen des Lebens in das Taufbecken. Gefeiert wurde dieses auch an diesem Morgen mit dem Abendmahl. Das Brot der Osternacht solle zum Brot des Lebens werden, sagte Gottfried.
Einen Teil des Lichts und der Wärme vom Osterlicht nahmen die Besucher auch mit nach Hause: Die Konfirmanden gaben das große Licht der Osterkerze weiter an deren kleine Kerzen-Geschwister.
Auch die Gemeinde Altlußheim begleitete Jesus Weg ins Leben. Hier standen Scherben und Steine für das, was im Leben zerbrochen ist und belastet. Zusammengelegt ergaben die Stücke ein Kreuz, das später mit Lichtern geschmückt wurde. "Dies verdeutlicht, dass am Kreuz das Licht der Welt ist", sagte Pfarrer Matthias Zaiss. Zur Auferstehungsfeier am Ostersonntag, die vom Po-saunenchor begleitet wurde, brannte dann das Osterfeuer auf dem Friedhof. Anschließend erzählten Elke und Hans Schimmel im Kindergottesdienst von den "Brettlhupfern" in der Rolle der Maria und des Petrus vom Ostermorgen und wie sie die Botschaft gehört haben. Dort wurde das Kreuz des Karfreitags mit Blumen geschmückt und wandelte sich zum Baum des Lebens.
Beide Gemeinden zeigten sich am Ostersonntag also blühend voller Leben und Licht. Und wie Gottfried betonte, könne aus Jesus Geschichte jeder Mensch für das Überwinden seiner persönlichen den Weg versperrenden Steine lernen. Den Kirchenbesuchern gab sie mit: "Ihr seid das Licht der Welt. So lasst euer Licht leuchten!"
Andacht der besonderen Art
Eine ganz besondere Andacht fand am Karfreitag in der evangelischen Kirche in Neulußheim statt. Charlotte Johansen mit ihrem warmen und ausdrucksstarken Mezzosopran, an der Orgel virtuos begleitet von Aleksander Levental, sang unter anderem Werke von Reger, Händel und Bach. Begleitende und verbindende Texte sprach Hanni Schneider mit Worten aus Psalmen und dem Matthäusevangelium.
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