Jubiläum

Kulturtreff Alter Bahnhof seit 20 Jahren Keimzelle der Gesellschaft in Neulußheim

Der Kulturtreff Alter Bahnhof in Neulußheim feiert seinen 20. Geburtstag und ist mittlerweile das Zentrum des kulturellen Lebens in der Vier-Sterne-Gemeinde.

Von 
Matthias H. Werner
Lesedauer: 

Neulußheim. Es brauchte eine Menge teils recht verrückter Wendungen des Schicksals, noch mehr aber herausragende Menschen mit Mut, Ausdauer und oft augenzwinkernder Gelassenheit, um aus einem arg heruntergekommenen Stück Ausschuss der Modernisierung deutscher Reisegeschichte ein Kleinod zu machen, wie man es heute kennt: Der Alte Bahnhof, eine 1986 etwas lieblos hinterlassene Altimmobilie neben dem damals glänzenden neuen Haltepunkt Neulußheims, ist heute ein Schmelztiegel der Kultur, ein Ort der Begegnung und der Sinnenfreuden.

Es hat nicht nur einer Menge Geldes bedurft, um die arg heruntergekommene ehemalige Empfangshalle des früheren Bahnhofs herzurichten – es brauchte auch Antreiber, um gegen manchen Widerstand der Kultur in der Vier-Sterne-Gemeinde ein Wohnzimmer einzurichten. Der 1993 als „Neigeplackter“ überraschend zum Bürgermeister gewählte Gerhard Greiner und seine Frau, die spätere Landtagsabgeordnete Rosa Grünstein, haben ihrer Gemeinde ein Kleinod zugedacht, das es bis heute in sich hat.

Kulturzentrum im Alten Bahnhof in Neulußheim: Ein Ort der Begegnung

Die beiden Gärtner der kulturellen Blüte konnten sich von Anfang an auf tatkräftige und unermüdliche Helfer verlassen – auch das schönste Kulturzentrum ist nur ein Haufen toter Steine, wenn nicht Menschen mit helfender Hand und Enthusiasmus ihm Leben einhauchen.

Anmeldung Newsletter "Topthemen am Abend"

Als im Spätjahr 1994 der erste „Bucht(r)ipp“ mit Tischfeuerwerk und feiner Robe im Alten Bahnhof einlief, ging, wie unsere Zeitung berichtete, ein „Urschrei durchs kulturelle Neandertal“ und entfesselte - Hand in Hand mit einem guten Dutzend Bürgerinnen und Bürger, die stets zur Stelle waren, um zu helfen – einen wahren Freudentaumel von Kunst, Musik, Literatur und Kabarett.

Wolfgang Treiber und Klaus Maier: Die treibenden Kräfte in Neulußheim

Von Anfang an dabei war der in mehr als 30 Jahren zum „Kunstpapst“ avancierte Wolfgang Treiber, der zusammen mit dem damaligen Kulturamtschef Klaus Maier eine treue Schar unermüdlicher Mitstreiter und Helfer versammelt hat, um den schon immer mächtigen Betrieb im Alten Bahnhof, der für eine Gemeinde dieser Größe allein nicht zu leisten gewesen wäre, bewältigen zu können.

Dabei geht es nicht nur darum, Stühle aufzustellen und wegzuräumen oder beim „Thekendienst“ die Besucher zu verköstigen. Das augenscheinliche „Drumherum“ ist der eigentliche Charakter, der aus dem Alten Bahnhof erst den vielbeachteten Hort für Kunst und Lebensfreude macht.

Neulußheim startet durch mit Summertime-Party

Mit längst legendären Sonntagsfrühschoppen und der als Highlight etablierten „Summertime-Party“, die jährlich weit mehr als 1000 Feierlaunige anzieht, hat Neulußheim ab 1999 richtig durchgestartet – und sozusagen als Nebenprodukt der Veranstaltungstitel den Kulturtreff etabliert.

Dieser ist Synonym für den Alten Bahnhof und sein umfangreiches Kulturprogramm, das zuletzt jährlich vier bis fünf Kunstausstellungen, ebensoviele Frühschoppen, die „Summertime-Party“ und rund zehn Abendveranstaltungen mit Musik und Kabarett über die Bühne brachte, aber auch für den Kreis der Helfer, die Alexandra Özkalay, die vor etwas mehr als fünf Jahren Klaus Maier im Amt ablöste, diese Vielzahl an Events überhaupt erst ermöglichen.

Der Alte Bahnhof als das kulturelle Rückgrat der Gemeinde Neulußheim

Seit 2005 ist ein weitgehend festes Team engagierter Bürger um Treiber und Gisela Birk „der Kulturtreff“ – und damit Rückgrat des Neulußheimer Gemeindelebens. Die beiden haben, um dem Ganzen auch für die Zukunft feste Struktur zu sichern, 2015 den „Kulturtreff Alter Bahnhof e.V.“ aus der Taufe gehoben, der seit vergangenem Jahr, als der inzwischen über 80-jährige Wolfgang Treiber den Stab in jüngere Hände geben wollte, von Birk und Anja Marquetant-Herre geleitet wird.

Was jedoch nicht viel mehr als eine Formalie ist: In dem Verein hat sich die Aufgabenverteilung längst fest etabliert und wer zu den regelmäßigen Besuchern des Alten Bahnhofs zählt, erlebt in der Begegnung mit dem Helferkreis so etwas wie Familie. Im eigentlichen Wortsinn: Auch ihre Kinder haben die Kulturmacher längst eingespannt, um bei den großen Veranstaltungen den Besuchermassen überhaupt Herr zu werden.

Alle der aktuell 14 Vereinsmitglieder sind aktiv und zu so etwas wie dem Gesicht des Alten Bahnhofs geworden. Unter seinem von Anfang an hochgehaltenen Arbeitsmotto „Kultur muss bezahlbar bleiben“ sorgt der Kulturtreff mit niedrigen Preisen dafür, Musik, Kabarett und Kunst für jeden erschwinglich zu halten - ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Neulußheimer, wo viele Veranstaltungen gar kostenlos zu haben sind. „Einsfünfzig für ein Bier und ein Euro für den Sekt – wo findet man sowas heute noch?“ ist nicht ohne Stolz aus dem Verein der Plan für den Jubiläumsact zu hören.

Am Freitag, 4. April schenkt der Kulturtreff zu seinem 20. Geburtstag seiner Gemeinde eine Comedy-Flugshow mit „himmlischem Gesangstrio“: Die unter „Dreist“ reisenden Elisabeth Gracias Olé (Sissi Gouveia), Desire Spekt (Julia Vukelic) und Irmgard Bohne (die legendäre „Frau Antje“ Schumacher) zelebrieren Spaß und Musik ab 20 Uhr in der Rolf-Heidemann-Halle.

Mit diesem Paukenschlag läutet der Kulturtreff die nächsten Jahre seines Schaffens ein – trotz der vielen Arbeit, für die Gemeindeverwaltung und Bürger dankbar sein dürfen, auch zur eigenen Freude, vor allem aber zum Wohl der Neulußheimer: Kultur und Miteinander als Keimzelle der Gesellschaft.

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke