Altes Pfarrhaus - Ältestes Gebäude der Gemeinde wird auf den bevorstehenden Abriss vorbereitet / Erster Schritt zur Realisierung des Baugebiets "Alter Pfarrgarten"

Mauern aus dem Jahr 1857 kurz vorm Fall

Von 
Vanessa Schäfer
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Nicht denkmalgeschützt, aber dennoch geschichtsträchtig: Das alte Pfarrhaus in der St.-Leoner-Straße 11 wird noch in diesem Monat abgerissen, um mit der Erschließung des Baugebiets "Alter Pfarrgarten" zu beginnen. In diesem wuchert es derzeit noch wild. Im Gebäude selbst finden Entkernungsarbeiten statt. Der Sandboden ist bereits freigelegt.

© Lenhardt

Neulußheim. Ein Stückchen Ortsgeschichte geht verloren. Noch ist davon nicht viel sichtbar, doch diesen Monat sollen die Bagger anrollen und das alte evangelische Pfarrhaus mit der Anschrift St.-Leoner-Straße 11 plattmachen. Vor mehr als drei Jahren hat der Gemeinderat mehrheitlich entschieden, dass das Gebäude nicht erhaltenswert sei. "Diese Entscheidung wurde heiß diskutiert", weiß Andreas Emmerich vom örtlichen Bauamt. Denn vor allem für die älteren Bürger der Gemeinde hat das Gebäude, das 1857 errichtet wurde, ideellen Wert.

Nur zwei Jahre zuvor nämlich, 1855, wurde nach langjährigen Verhandlungen Neulußheim zu einer eigenen Pfarrei erhoben - zuvor war es eine Tochtergemeinde von Altlußheim. Die Kosten des Baus beliefen sich zu jener Zeit auf rund 4500 Gulden (etwa 23 000 Euro). Heute ist das alte Pfarrhaus das älteste noch erhaltene Gebäude der Schickardgemeinde, das über die Jahre mehrfach saniert und verändert wurde - weshalb es keinen Denkmalschutz genießt.

Erster Bewohner war Pfarrer Odenwald. Ihm folgten zahlreiche Geistliche mit ihren Familien - bis zur Errichtung des neuen Pfarrhauses neben der evangelischen Kirche.

Renovierung zu kostspielig

Derzeit finden im Innern die Entkernungsarbeiten statt. Im Pfarrgarten liegen bereits Berge an Material, das mal zu Holzböden und -decken gehörte. Im Erdgeschoss sind schon Teile der Strohdecken freigelegt, der Sandboden tritt zum Vorschein. "Eine Renovierung stand eigentlich außer Frage, das wäre zu kostenintensiv geworden", sagt Andreas Emmerich angesichts der alten Bauweise mit dicken Mauern, die in den Kellerräumen starke Spuren von Feuchtigkeit aufweisen.

Dort, wo heute noch das alte Pfarrhaus steht, wird voraussichtlich ab Ende Oktober mit Erschließungsarbeiten begonnen. Denn hier, im Zentrum der Gemeinde, entsteht das nächste Baugebiet.

17 Grundstücke zu bebauen

Eingekesselt zwischen St.-Leoner-Straße, Schulstraße, Ziegelstraße und Kirchenstraße soll bald schon mit der Realisierung des Areals "Alter Pfarrgarten" begonnen werden. "Es gibt ein hochwertiges Baugebiet", verdeutlicht Emmerich: 17 große Grundstücke, davon zwölf in Gemeindeeigentum, die im Schnitt zwischen 350 und 450 Quadratmeter Fläche aufweisen. Zentral, aber dennoch ruhig. Anders als in den beiden vorherigen Neubaugebieten "Allmendweg" und "Am Alten Bahnhof" sollen hier in erster Linie frei stehende Einfamilienhäuser entstehen. "Die Nachfrage ist groß", geht Emmerich auf die nahezu wöchentlichen Anrufe von Interessenten ein, die ihn bereits erreichen - obwohl zum Verkauf ein Gemeinderatsbeschluss noch aussteht.

Auf Abriss folgt Geländefreilegung

Dort wo das Baugebiet angedacht ist, gleicht es derzeit einem kleinen Urwald. Abgesehen vom alten Pfarrhaus und dem Gebäude mit der Anschrift Schulstraße 9, dessen Mauern ebenfalls noch diesen Monat fallen werden, liegen die Grundstücke brach. "Ab Oktober geht es mit der Geländefreilegung los", so Andreas Emmerich zum weiteren Verlauf.

Dann geht es zur Infrastruktur über: Bis im Frühjahr, rechnet der Bauamtsmitarbeiter, dauern die Erschließungsarbeiten von zwei Seiten, nämlich der St.-Leoner- und der Schulstraße, an. "Durch das Baugebiet läuft dann eine Anliegerstraße, die wie die Friedrichstraße ausgebaut werden soll: gepflastert und mit Mittelrinne", erklärt Andreas Emmerich. Sind diese Arbeiten beendet, kann es mit dem Bau der Häuser losgehen.

Das geschichtsträchtige alte Pfarrhaus ist also bald selbst Geschichte. Giebel, Lisenen und dekorativer Fries bald Vergangenheit. Die über 150 Jahre alten Mauern Historie. Mit dem Abriss geht ein Teil Ortsgeschichte verloren, zugleich jedoch wird die Zukunft des Gemeindebildes neu gestaltet - dort in der Ortsmitte, deren Erscheinungsbild sich in den nächsten Jahren deutlich verändern wird.

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