Neulußheim. Fahren ohne Führerschein? Rasant um die Kurve, bewusstes Anrempeln weiterer Verkehrsteilnehmer und das im ziemlich jungen Alter? Geht gar nicht? Dann sollte man mal die Neulußheimer Kerwe besuchen und sehen, wie viel Freude die sogenannten „Boxautos“ bei den Jugendlichen hervorrufen. Letztes Jahr hatten sie den Autoscooter noch schmerzlich vermisst. Zeitlich nicht nach Neulußeim geschafft hatte es in diesem Jahr ein anderes Fahrgeschäft. Dafür floss das immer noch traditionelle Kerwegeld der Eltern und Großeltern eben in andere Fahrgeschäfte.
Nach dem Fassbieranstich durch Bürgermeister Gunther Hoffmann am Freitag und somit der offiziellen Eröffnung der Kerwe, flanierten an allen Tagen, auch wenn das Wetter am Kerwesamstag umschlug, fröhliche Besucher über den Kerweplatz. Geselligkeit und Feiern, das liegt in der Natur der Neulußheimer.
War das Angebot im vergangenen Jahr eher mager, so hatte sich die Gemeinde mit Kulturamtschefin Alexandra Özkalay mächtig ins Zeug gelegt, um ein vielfältiges und buntes Angebot für fünf Tage Kerwe-Spaß auf dem Kerweplatz zu präsentieren. Sogar ein paar Kerweborscht aus Altlußeim kamen zur Eröffnung vorbei, um zu sehen, was da in Neulußheim so abgeht und stießen mit Bürgermeister Hoffmann auf das Gelingen der Neulußheimer und auch schon mal auf die Altlußheimer Kerwe in der kommenden Woche an.
Hingucker, wie jedes Jahr, die farbenprächtigen Gewinne und Stofftiere im Glückscenter von Hilde Remmele. Auf diese Schausteller, die auch mit einer Wurfbude präsent sind, an der man seine Zielsicherheit prüfen kann, ist stets Verlass. Und wer seiner Liebsten eine Rose schenken will, ist am Schießstand Weiss aus Enkenbach-Alsenborn richtig.
Die Kleinsten haben die Qual der Wahl. Für sie stehen zwei Kinderkarussells, besser bekannt als Reitschul, auf dem Platz. Neu ist der Combo-Boxer. Geld eingeworfen und mit Power den Ball mit dem Fuß gegen eine imaginäre Wand gestoßen und sofort ablesen, wie viel Kraft der Kicker hatte. Ein Wumms, der sogleich Wirkung zeigt.
Was ist eine Kerwe ohne Zuckerstand von Schaustellerfamilie Hergott-Horst aus Frankfurt? Von weitem erahnt man den Duft von Zuckerwatte und der eine oder andere Schaumkuss wurde gleich vor Ort verspeist. Alle süßen Wünsche wurden hier für Groß und Klein erfüllt.
Rock, Kunst und Oktoberfest
Und nicht nur das. Die ganzen Kerwetage haben es auch kulturell in sich. Eine Kerwerock-Party mit den „Kraichgauboys“, veranstaltet vom Jugendtreff Point, bei der die Stimmung grandios war und das große beliebte Oktoberfest in der Rolf-Heidemann-Halle, sprachen die Feierfreudigen an und es gab bei beiden Veranstaltungen eine große Sause.
Alexander Mansel vom Point berichtet von einem grandiosen Abend in der Turnhalle, die für solche Events bestens geeignet sei. Die Band hätte die Wände mit Rockklassikern, aber auch Punk, zum Wackeln gebracht, jederzeit sei die Tanzfläche umlagert gewesen. Einzig das schöne spätsommerliche Wetter sorgte für einen kleinen Dämpfer – viele Menschen saßen lieber im Biergarten als in der Halle. Doch der guten Stimmung habe dies keinen Abbruch gemacht, so Mansel, der mit seinem Team am Abend darauf die Garderobe vom Oktoberfest in der Rolf-Heidemann-Halle übernommen hatte. Auch dort durchweg gute und ausgelassene Stimmung, der Spielmannszug dürfe sich über einen großen Erfolg freuen.
Und was wäre die Kerwe ohne ihre Kerweschlumpel? Gertrude I. wurde am Samstag von Jugendlichen des Point und mit Klaus Michl am Steuer seines Traktors durch den Ort gefahren, damit jeder hören und sehen konnte, das in Neulußheim Kerwe ist. Mild lächelnd betrachtete die pralle Schönheit danach das ganze Geschehen auf dem Kerweplatz. Sie zog es später vor, den Abend beim Oktoberfest des Spielmannszuges in der ausverkauften Rolf-Heidemann-Halle zu verbringen.
Am Sonntag hieß es für die Schlumpel früh aufstehen, denn den Gottesdienst auf dem Kerweplatz wollte Gertrud I. nicht verpassen. Am Abend des Kerwemontag wird ihre Amtszeit beendet sein, wird sie tränenreich verabschiedet werden, doch das Team des Points und Gwendolyn Bergström dürfen sich freuen, denn Gertrud I. wird nicht dem Feuer übergeben, sondern in den wohlverdienten Urlaub verabschiedete – bis zum nächsten Jahr.
Bewirtung durch den SC Olympia
Dank des SC Olympia mit seinem großen Helferteam brauchte niemand bei der Kerwe Hunger oder Durst zu leiden. Unter zwei Zelten ließ es sich wunderbar verweilen, um das Speisenangebot und das kühle Nass zu genießen. Schon im vergangenen Jahr hatte der SC Olympia mit seinem Angebot überzeugt. „Weck, Worscht und Woi“ das diesjährige Motto und schloss am Sonntagnachmittag sogar Kaffee und Kuchen mit ein.
Am Dienstag, zum Ausklang des Kerwe-Familientags, bietet der SC Olympia mit „Weck, Worscht, Pommes & Fanta“ ein spezielles Angebot. Nach dem Gottesdienst am Sonntag zu Hause noch kochen? Das musste nicht sein. Die Jugend des Sportvereins bot einen Mittagstisch mit Schnitzel, Kartoffelpüree und Rotkraut an. Mindestens drei Sterne dafür für den SC Olympia-Koch.
Am Kerwemontag lädt der SC Olympia die Senioren des Hauses Edelberg am Nachmittag in sein Zelt am Messplatz zu Kaffee und Kuchen ein. Eine nette Geste, die der SC Olympia vom Heimatverein übernahm.
Wer Crêpes als Nachtisch mochte, war bei der Freiwilligen Feuerwehr an allen Tagen an der richtigen Adresse. Süßes geht doch immer.
Ganz ohne Heimatverein, der die Bewirtung der Kerwe-Gäste im vergangenen Jahr an die Olympia abgegeben hat, geht es auf der Kerwe nicht. Tradition hat der Luftballonwettbewerb. Am Sonntag und am heutigen Montag stiegen und steigen wieder zahlreiche Luftballons in den Himmel. Fachmännisch wird zuvor nach der Windrichtung und dem günstigsten Startplatz Ausschau gehalten. Man darf gespannt sein, welcher Ballon die weiteste Strecke fliegt.
Ökumenischer Kerwegottesdienst
Petrus scheint es mit den Kerwebesuchern an diesem Sonntag gut gemeint zu haben. Bei zwar abgekühlten Temperaturen aber bei strahlendem Sonnenschein wurde auf dem Kerweplatz ökumenischer Gottesdienst mit Pfarrerin Katharina Treptow-Garben und Daniela Gut, Gemeindereferentin der Seelsorgeeinheit, und etwa 300 Gläubigen bei der Autoscooterfläche gefeiert.
Nach der Begrüßung durch Kirchengemeinderat Dr. Ralf Wagner, einem Eingangsgebet von Daniela Gut und einem gemeinsam gesungenen Lied, begleitet am Piano von Alexander Leventhal, formierten sich auf der Bühne Gemeindemitglieder, die in verschiedenen Funktionen in der Gemeinde tätig sind.
Die verschiedenen in der Gemeinde Tätigen formulierten an ihren Tischen ihre Gedanken, was für ihren Bereich wichtig sei und dringend auf den Tisch der Gesellschaft kommen soll. Stefanie Rotter und Britta Bartmann für den Kindergarten wünschen sich eine gute Bildung einen stabilen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Reiner Merkel und Jutta Hartmann, die für Vereine (Tennisverein, SC Olympia) am Tisch standen wollen, dass die Jugendlichen in der Gemeinde sicher sind, hass- und hetzfrei leben können. Die Kirchen haben zu lange auf den eigenen Nabel geschaut, so Daniela Gut. Sich starkmachen für Gerechtigkeit und verkünden der Botschaft Gottes das kann auch Vikarin Johanna Falkenhahn unterstützen. Nicht jammern, sondern auf das eigene Potenzial schauen.
Für die Kommune standen Kulturamtsleiterin Alexandra Özkalay und Gemeinderat Hanspeter Rausch am Tisch. Dreh- und Angelpunkt sei die Gemeindeverwaltung, so Özkalay. Von außen sehe man kaum deren Arbeit. Vor über 300 Jahren kamen Menschen aus aller Herren Länder nach Neulußheim, so Gemeinderat Hanspeter Rausch und machten Neulußheim zu dem, was er heute ist, eine liebenswerte Gemeinde.
Schulkinder, Kindergartenkinder mit Unterstützung von Karin Haas, Jutta Roth und Fabienne Arnold, am Klavier Roland Haas, hatten mit dem Lied „We are the world“ das Rezept für die Welt mitgebracht. Alle Besucher hatten ihre Freude am Gesang der Kleinen, die von ihren Erzieherinnen auch ein wenig Unterstützung bekamen.
Britta Bartmann – neue Leiterin des evangelischen Kindergartens im Podeyhaus – wurde der Gemeinde vorgestellt. Sie könne Brückenbauerin im Kindergarten zwischen Kindern, Eltern, Team und Gemeinde in ihrem neuen Amt sein, so Pfarrerin Treptow-Garben. Brücken bauten auch die Kindergartenkinder. Der Sound dazu erklang von Janis Bauer über die große Anlage.
Die Gottesdienstbesucher hatten dann Gelegenheit, an Tischen das Mittagessen des SC Olympia zu genießen, Luftballons steigen zu lassen oder eine Runde mit dem jetzt freigewordenen Autoscooter zu fahren.
Bevor die Kerwe am Kerwedienstag mit dem Familientag auf dem Messplatz endet, lädt das „Aktiv im Alter“-Team die Senioren zum Kerweausklang ins evangelische Gemeindehaus ein, wo das Awo-Team eine Haute Couture-Kleiderstuben-Modenschau präsentierte.
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