Neulußheim. Schreibt die Gemeinde nächstes Jahr erstmals rote Zahlen? Danach sieht es beim Blick auf den Entwurf des Ergebnishaushalts für 2025 aus. In dieser Übersicht, die einer Gewinn- und Verlust-Rechnung ähnelt, übersteigen die Aufwendungen nämlich die Erträge um 83 200 Euro. Zum Vergleich: Dieses Jahr haben die Neulußheimer noch einen Überschuss von 176 800 Euro erwirtschaftet. Doch auf Grundlage des aktuellen Kenntnisstands – nicht zuletzt der jüngsten Steuerschätzung vom Oktober – gehen Bürgermeister Kevin Weirether und Kämmerer Andy Strittmatter davon aus, dass sich der Abwärtstrend in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
Es sei der Verwaltung nicht gelungen, einen ausgeglichenen Etat für das nächste Jahr vorzulegen. „Damit sind wir in Neulußheim kein Einzelfall“, hob Weirether in der Ratssitzung am Donnerstag hervor. Die große Mehrheit der Kommunen in Baden-Württemberg werde das ebenfalls nicht schaffen. In der Vergangenheit habe es stets ein handfestes Ereignis gegeben, dass gefühlt für den allgemeinen wirtschaftlichen Abschwung verantwortlich war – zum Beispiel die weltweite Bankenkrise 2007. Derzeit frage er sich: „In welcher Krise befinden wir uns eigentlich, dass fast alle Gemeinden im Land nicht mehr in der Lage sind, ihren Haushalt auszugleichen?“ Flüchtlingskrise, Corona-Krise, Energiekrise und seit geraumer Zeit sprächen viele von einer Wirtschaftskrise, doch ein handfestes Ereignis gebe es nicht.
Weniger Geld trotz steigender Steuereinnahmen
Aus Sicht der öffentlichen Hand sei eine Wirtschaftskrise jedoch nicht so richtig spürbar. Die Steuereinnahmen sprudelten sogar. „Auch in Neulußheim sind über eine Million Euro zusätzliche Erträge im Haushalt eingetragen“, berichtete der Rathauschef. Trotzdem gelinge es nicht, das Zahlenwerk ausgeglichen zu gestalten. Gründe seien die parallel noch deutlich stärker gestiegenen Personal- und Unterhaltskosten, die hohe Inflation sowie die Pflichtaufgaben. Zwangsläufig müssten sich die Kommunen auf Letztere sowie auf ihre Infrastruktur konzentrieren, also unter anderem auf Kinder- und Schülerbetreuung, das Umsetzen des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung, Frisch- und Abwasser, Straßen, öffentliche Einrichtungen und Sportstätten. Außerdem hätten sie wie Unternehmen mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. „Auch in unserem Haushalt machen sich die hohen Tarifabschlüsse bemerkbar“, gab er zu bedenken – wobei Weirether einräumte, dass diese aufgrund der Inflation der beiden vergangenen Jahre durchaus gerecht seien. Die durch die Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierung koste ebenfalls Geld.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Kasse
Der Landkreis kämpfe derweil selbst mit gestiegenen Personalkosten. Sein angepasster Hebesatz für die Kreisumlage spüle allerdings zusätzlich knappe 100 Millionen Euro in die Kreiskasse. Davon trage Neulußheim 579 000 Euro, die Hälfte bezahle die Stadt Walldorf mit 50 Millionen Euro. „Hoffen wir, dass die Krise, welche auch immer es aktuell ist, nicht in Walldorf ankommt. Denn das wäre fatal für uns alle“, sagte er. Lange hätten die Kommunen anderer Bundesländer neidisch auf die Gemeinden in Baden-Württemberg geschaut, doch inzwischen stünden auch die Kommunen im Ländle finanziell mit dem Rücken an der Wand.
Doch es gebe zumindest ein wenig Licht am Ende des Tunnels. „Seit Montag wissen wir, dass der Kreisumlagehebesatz – vorbehaltlich des Kreistagsbeschluss nächsten Dienstag – nur bei 31,25 Prozentpunkten liegen wird und nicht, wie im Entwurf angenommen, bei 32,75“, erklärte der Bürgermeister. Sollte es tatsächlich so kommen, müssten die Neulußheimer rund 166 000 Euro weniger Umlage bezahlen. Das würde für nicht nur für einen ausgeglichenen Etat 2025 reichen, sondern sogar für einen kleinen Überschuss.
Einige Projekte dulden keinen weiteren Aufschub
Ungeachtet der angespannten Kassenlage muss die Kommune auch nächstes Jahr wieder einige wichtige Vorhaben investieren. So sind 400 000 Euro für das Sanieren des Bauhofs vorgesehen. „Beim Haus der Feuerwehr muss es weitergehen“, bekräftigte Weirether. Für die Erneuerungsarbeiten an diesem Gebäude sind 471 000 Euro eingeplant. Daneben soll die Kita Pusteblume eine Photovoltaikanlage bekommen, die wohl mit 100 000 Euro zu Buche schlagen wird. Der größte Einzelposten ist die Hardthalle. Hier bedürfen das Dach, die Stahlträger sowie die Außenhülle einer Frischzellenkur, in die 1,2 Millionen Euro fließen werden.
Daneben stellte der Verwaltungschef die Wirtschaftspläne 2025 für die beiden Eigenbetriebe Wasser und Abwasser vor. Demnach wird die Neulußheimer Wasserversorgung voraussichtlich einen Überschuss in Höhe von 47 300 Euro erzielen, während die Abwasserversorgung einen Verlust von 20 900 Euro erwartet. Beide Beträge berücksichtigen bereits die höheren Gebühren, die der Gemeinderat – wie zu erwarten war – auf Vorschlag der Verwaltung beschloss.
Vorschläge der verschiedenen Fraktionen
All die Zahlenwerke können die Kommunalpolitiker nun über die Feiertage verdauen, bis sie diese im Januar in den Fachausschüssen beraten. Das gilt auch für die Anträge der Fraktionen zum Haushalt, die Kämmerer Strittmatter gegebenenfalls noch einpflegen muss. Die Sozialdemokraten etwa regten bauliche Vorkehrungen an, die in der Waghäuseler Straße am südlichen Ortseingang Raser ausbremsen. Diese sollten zunächst provisorisch eingerichtet werden, um ihre Wirkung zu überprüfen. Darüber hinaus schlug SPD-Fraktionschef Hanspeter Rausch vor, die Bürger mit Zuschüssen zu privaten Klimaschutzmaßnahmen zu motivieren. So könnten die ersten 30 Personen, die einen Klimacheck, und die ersten 20, die eine Thermografie-Analyse beantragen, mit einem bestimmten Betrag unterstützt werden. Dafür sollten im Etat rund 2000 Euro bereitgestellt werden.
Die Freien Wähler forderten je 5000 Euro für die Planung ihnen wichtiger Projekte. Dazu zählten die Sanierung der Sanitäranlagen, des Dachs und der Küche der Grillhütte, das Dach im Pausenhof der Lußhardt-Schule, der Austausch der Nachtspeicheröfen im Alten Bahnhof sowie das Nachrüsten der Veranstaltungstechnik in der Heidemann- und in der Hardthalle.
Die Wählervereinigung Wir für Neulußheim hielt 30 000 Euro für nötig, um den Starkregen am 13. August zu analysieren, Handlungsoptionen für die Kommune und Hauseigentümer für künftige derartige Wetterextreme zu erarbeiten sowie diese den Bürgern in einer Informationsveranstaltung vorzustellen.
Monika Schroth (Grüne) wies auf die fehlenden Fahrbahnmarkierungen in der Hockenheimer Straße hin. Das solle nachgeholt werden, da diese gerade bei schlechtem Wetter als Orientierungshilfe dienten und so die Verkehrssicherheit erhöhten. Außerdem regte sie einen Trinkwasserspender bei der Lußhardt-Schule an und forderte, die längst geplanten Bügelfahrradständer an öffentlichen Gebäuden wie dem Haus der Feuerwehr und der Heidemann-Halle endlich zu installieren. Dass sie erneut Mittel für Blühsamen beantragen würde, hatte Bürgermeister Weirether geahnt und den entsprechenden Haushaltsansatz bereits etwas erhöht.
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