Neulußheim. Mit einer krachenden Party voll Klamauk und guter Laune hat sich am Sonntag der Kulturtreff „Alter Bahnhof“ von der Open-Air-Saison verabschiedet: Bei noch einmal strahlendem Sonnenschein ulkten die „Schubidus“ sich und ihr Publikum durch den letzten „Sonntagsfrühschoppen“ des Jahres – und setzten damit ein großartiges Finale einer hochkarätigen Spielzeit und gleichzeitig ein Fanal für das, was Kulturamtschefin Alexandra Özkalay für das kommende Jahr schon für die Zeiten in der Schublade haben wird, in denen man wieder Freiluftmusik genießen kann.
Die war entsprechend überschwänglich, als sie – sekundiert von Bürgermeister Kevin Weirether - die Gäste begrüßte. Kein Wunder, waren doch die „Schubidus“ eine Erfindung der quirligen Kulturmanagerin: „Die Buwe von Seán Treacy und Frau Antje“ zu „Schlager, Oldies, Hits & Party“ zusammenzuwürfeln, war eine geniale Idee, die rundum aufging. Angesichts der Begeisterung des frenetisch mitsingenden Auditoriums überzog das Dreigestirn, das sich nicht so recht zwischen Musik und Klamauk entscheiden konnte, sein eigentlich auf zwei Stunden konzipiertes Programm reichlich.
Kontrastreiche Besetzung feiert Weltpremiere in Neulußheim
Dass die Entscheidung für das richtige Fach den „Schubidus“ so schwerfiel, lag an der Besetzung, die an diesem Sonntag Weltpremiere feierte: Die hemmungslose Ulknudel Antje Schumacher, die auch hartgesottene Fans immer wieder mit verrückten Einfällen zu überraschen und bisweilen auch zu schockieren vermag und die man in einer Glanzrolle mit der Comedy-Flugshow „Dreist“ und ihrem Jubiläumskonzert „Frau Antje und die Ukulele“ im April bereits zwei Mal in der Vier-Sterne-Gemeinde gehört und vor allem gesehen hatte, traf auf die beiden sonst als grundrelaxte Profis bekannten Musiker Stefan „Buchi“ Buchholz (Cajón) und Claus „Bubi“ Bubik (Bass). Die hatten beim Frühschoppen im August zusammen mit ihrem Leader, dem irischen Cover-Wunder Seán Treacy, im Bahnhofsgarten gastiert.
In der Konstellation war „Frau Antje“ ein wenig in die Schranken verwiesen und die sonst üblichen Witze weit unterhalb der Gürtellinie blieben fast ebenso konsequent aus wie die Verkleidungs-Orgien, mit denen sich die lange Blonde sonst hemmungslose Lacher sichert. Somit war diesmal Antje Schumacher in Reinform geboten – die nebenbei bemerkt auch gnadenlos witzig und urkomisch ist. Dafür liefen die beiden Musiker unterhaltungstechnisch zur Hochform auf: In einem wilden Schlagabtausch flogen die Sprüche über die Bühne und „Buchi“ und „Bubi“ avancierten – geboostert von manch einem verschmitzt als „Crodino“ getarnten „Aperol Spritz“ – zu einem ausgelassenen Partydoppel mit bemerkenswertem Comedy-Talent.
Eine Schlager-Ikone jagt die nächste im Programm
Zwischen einem „Hätten wir nur geprobt“ und manchem „Hossa“ feixte sich das Trio durch ein Programm, in dem eine Schlager-Ikone die nächste jagte. Eingeklammert zwischen Nana Mouskouri, die sowohl den Opener „Guten Morgen Sonnenschein“, als auch das Schlussstück „Weiße Rosen aus Athen“ – das wieder ganz im Antje-Stil mit Hühner-Mütze und Zwischengegacker – daherkam, gab es Hits und Gassenhauer, bei denen nicht mitzusingen eine Kunstübung der Selbstdisziplin darstellte.
Nina Hagens Spitzentitel mit den DDR-Rockern von „Automobil“ „Du hast den Farbfilm vergessen“ und eine Countryversion von „Nickis“ Evergreen „Wenn i mit dir tanz“ gesellten sich zu „Im Wagen vor mir“, das Schumacher und Buchholz im Wechselspiel durch die Maximierung der dem Titel ohnedies schon innewohnenden politischen Unkorrektheit zu einer köstlichen Henry-Valentino-Persiflage steigerten.
Dazwischen gab es ein wenig Costa Cordalis, den unumgehbaren „Griechischen Wein“, ein sich in imitiertem Vogelgezwitscher auflösendes „Ein bisschen Frieden“ (ja, es gibt auch Seehund-Vögel), das gleich auch Eierkuchen und feuchtes Toilettenpapier reklamierte, und eine deutlich schlüpfrigere Neuinterpretation von „Und es war Sommer“, für die Stefan Buchholz zusätzlich zu seiner Kistentrommel zum Mikrofon griff und bei der Peter Maffay erröten würde.
Musikalische Nostalgie und eine irre Bühnenperformance
Dass mancher Titel im eigenen Lachen abbrach, der Text bisweilen fehlte oder den dreien kein rechter Ausgang einfallen wollte, war Teil des Konzepts des musikalisch-komödiantisch-verrückten Dreiklangs: „Wir bekommen auch keine Gage, sondern Schmerzensgeld“. Da wurde dann Cindy & Berts bekanntester Hit „Immer wieder sonntags“ mit einem unverhohlenen „Das nächste Stück kenne ich nicht“ angekündigt oder Schumacher verwandelte sich gebisstechnisch in die Kult-Komikerin Helga Feddersen, um mit ihren Jungs als Didi-Protagonisten „Die Wanne ist voll“ ins Publikum zu schmettern.
Die „Schubidus“ schufen aus musikalischer Nostalgie und einer irren Bühnenperformance eine absolute Hit-Parade, zu deren Komplettierung eigentlich nur noch ein schnellsprechender Dieter-Thomas Heck im Abspann gefehlt hat: „Es ist der Wahnsinn - hier werden Lieder gespielt, von denen habe ich gehört, aber ich habe nicht geglaubt, dass es sie wirklich gibt“, zeigte sich Claus Bubik konsterniert – „Wo bin ich da nur reingeraten?“ Auf jeden Fall in etwas, von dem sich das Publikum frenetisch applaudierend eine Fortsetzung wünscht, damit es bald wieder heißt: „Musikanten herbei, spielt ein Lied für uns zwei. Bei Musik und bei Wein woll’n wir heut‘ glücklich sein!“
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