Neulußheim. Die 27 Jahre junge Melissa Karrer ist eine Powerfrau. Davon konnte sich eine Delegation von interessierten Bürgerinnen und Bürgern bei dem von WfN-Gemeinderätin Ingeborg Bamberg initiierten Besuch der Tagespflegeeinrichtung „Das Zauberhaus“ in der Neulußheimer Friedrichstraße 48 überzeugen, wie es in einer Pressemitteilung der Wählergemeinschaft heißt.
Vor gut zwei Jahren hat sich die im Raum Sinsheim wohnende Melissa Karrer mit viel Know-how, Engagement und nicht zuletzt großer familiärer Unterstützung ihren beruflichen Traum erfüllt: „Ich bin ausgebildete Jugend- und Heimerzieherin und habe mehrere Jahre im Schichtdienst als Betreuerin in einer Wohngruppe für schwer traumatisierte Jugendliche sowie als Erzieherin in Kindertagesstätten gearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass ich meinen Fokus mehr auf die Bedürfnisse der Kinder ausrichten möchte, das hat mir damals gefehlt. Daher habe ich mich mit einer ,Großtagespflege‘ selbstständig gemacht. Innerhalb dieses rechtlich definierten Rahmens darf ich zusammen mit einer weiteren Tagesmutter bis zu neun Kinder gleichzeitig betreuen“.
Kooperativen Vermieter gefunden
Die betreuten Kinder sind in der Regel im Krippen- und Kindergartenalter. „Doch warum haben Sie ausgerechnet in Neulußheim ,Das Zauberhaus‘ eröffnet, da müssen Sie doch jeden Tag extra anreisen“, kam als Frage aus dem Kreis der Gäste. „Weil ich nur in Neulußheim aufgeschlossene Vermieter gefunden habe, die mir auch noch die notwendigen Umbauarbeiten ermöglicht haben“, so die Antwort der jungen Unternehmerin.
„Doch wie ist es möglich, dass sich eine solche private Tageseinrichtung finanziell trägt und Sie auch noch davon leben können“, folgten gleich die nächsten interessierten Fragen. „Als anerkannte Tagespflegeeinrichtung finanzieren wir uns aus Elternbeiträgen und Fördergeldern des Jugendamtes. Darüber hinaus erhalten wir von der Gemeinde Neulußheim 1,50 Euro pro Kind und Betreuungsstunde als Zuschuss. Allerdings werden diese Gelder nur für die tatsächlich angemeldeten Kinder und Betreuungsstunden ausbezahlt. Reich werden kann man davon nicht“, resümiert Karrer, „aber deshalb mache ich das ja auch nicht“. Wenn alle Plätze belegt sind, reichen die Einnahmen nach ihrer Aussage gerade aus. „Finanziell eng wird es jedoch dann, wenn ich mal für kurze Zeit freie Plätze habe. Denn Miete, Versicherungen und auch mein Lebensunterhalt müssen ja weiter bezahlt werden. Und da ich bisher alle freien Mittel in die Ausstattung meiner Tagespflegeeinrichtung gesteckt habe, konnte ich da noch keine Reserven bilden“.
Daher arbeitet sie zusätzlich noch für einen Tag in der Woche als Angestellte in einer „normalen“ Kita, damit sie zumindest ein konstantes Grundgehalt bezieht.
Sehr gut funktioniert nach ihrer Aussage die Zusammenarbeit mit den anderen im Neulußheimer Tagespflegenetzwerk zusammengeschlossenen Tagesmüttern. „Wenn ich mal verhindert bin, vertreten wir uns wechselseitig, da reicht in der Regel eine kurze Nachricht.“
Einhellig war die Meinung der WfN-Delegation, dass Tagespflegeeinrichtungen eine große Entlastung für die Kommunen darstellen: „Sie springen ein, wenn in den Kitas Plätze fehlen. Zudem finden im ,Zauberhaus‘ auch Kinder einen Platz, die sich in den großen Kitas mit oft über hundert Kindern nicht zurechtfinden. Auch solchen Kindern eine für sie passende Umgebung anbieten zu können, ist für alle, insbesondere aber für die Kinder selbst, ein unschätzbarer Gewinn.“
Für Einrichtung starkmachen
Doch trotz dieser überzeugenden Vorteile haben Tagespflegeeinrichtungen keinen Anspruch auf eine regelmäßige finanzielle Unterstützung, beispielsweise zur Deckung der Mietkosten. Um die bei Kindergärten in freier Trägerschaft übliche gut 95-prozentige Bezuschussung zu erhalten, müsste Melissa Karrer hohe bürokratische Anforderungen erfüllen und noch weitere Umbauarbeiten vornehmen, was derzeit ihre Möglichkeiten sprengen würde.
„Unabhängig davon haben Kommunen die Möglichkeit, diese wertvolle Arbeit durch freiwillige Leistungen so zu unterstützen, dass die Kindertageseinrichtungen dauerhaft auf soliden finanziellen Füßen stehen. Davon würden nicht zuletzt die Gemeinden selbst profitieren“, stellt WfN-Gemeinderätin Ingeborg Bamberg fest. Und versprach, sich dafür im Rat starkzumachen. ib
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