Verkehr

Ärger über Oftersheimer "Rennstrecke" Richtung Schützenhaus

Bürgermeister Pascal Seidel appelliert an die Vernunft aller, derweil Kritiker den Weg zum Schützenhaus längst als „Rennstrecke“ titulieren.

Von 
Joachim Klaehn
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Blick von der anderen Richtung: Die Hardtwaldsiedlung liegt links davon, am Rande der Oftersheimer Felder sind die Hinweisschilder deutlicher sichtbar. © Joachim Klaehn

Oftersheim. Wie immer bei strittigen Verkehrsthemen in den Kommunen ist alles eine Frage der subjektiven Wahrnehmung. Viele Autofahrer haben ohnehin ihre eigene, einige Radfahrer und manche Fußgänger ebenfalls – und Hundehalter oder Müßiggänger ist noch einmal eine Spezies für sich. In der Hardtgemeinde ploppt mit steter Regelmäßigkeit Ärger und Verdruss auf. Den neuesten Aufreger, gerade in den sozialen Medien, bildet ein relativ schmaler Wirtschaftsweg, der ortsauswärts von der Mannheimer Straße aus parallel zur B291 Richtung Sportschützenverein und Tennisclub verläuft.

In der privaten, gleichnamigen Facebookgruppe Oftersheim wird der Abschnitt als „Rennstrecke Hochstraße Richtung Schützenhaus“ tituliert. Und auch Bürgermeister Pascal Seidel (40) nutzt diese Kommunikationsplattform, um zur Aufklärung beizutragen.

„Es gibt immer einzelne Rücksichtslose unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmern“, sagt Seidel auf Nachfrage dieser Zeitung, „wir können als Gemeinde nicht 24 Stunden am Tag und rund um die Woche kontrollieren.“

„Rennstrecke“ in Oftersheim: Liste an neuralgischen Straßen

Der Gemeindevollzugsdienst sei ganzjährig im gesamten Ortsgebiet unterwegs und würde auch die Delikte entsprechend beanstanden – im Rahmen der Möglichkeiten. Die Liste der neuralgischen Straßen, Wege und Schnittstellen ist lang. Die Heidelberger Straße Richtung Plankstadt, der Hardtwaldring als Umfahrung der Ortsmitte, die Verlängerung der Sandhäuser Straße Richtung Hundesportverein, Kleintierzüchter, drei Gaststätten und weiter zur Grillhütte, das Gebiet Nord-West als Zufahrt Richtung Schälzig und Schwetzingen sowie die Hockenheimer Landstraße.

Und Anwohner der Hockenheimer Straße in der Hardtwaldsiedling, die unmittelbar zu den Sportplätzen der SG und des TSV Oftersheim sowie zum Wildgehege führt, berichten von Rasern, die diese Gerade – 30er Zone – fahrtechnisch und gefährlich missbrauchen.

Diese Verkehrzeichen kommen erst 200 Meter hinter der Abzweigung links von der Mannheimer Straße: Der Wirtschaftsweg Richtung Schützenhaus verläuft parallel zur B291 und lädt trotz des Verbots für Pkws und Motorräder zum Schnellfahren ein. Ordnungsamt und Polizei haben sich der Sache angenommen. © Klaehn

„Das Thema heißt gegenseitige Rücksichtnahme“, meint Pascal Seidel, „wir können als Verwaltung nur an die Bevölkerung appellieren, um mitzuhelfen, auf die Beschilderung zu achten und das Verhalten an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen.“

Im vorliegenden Fall des Weges zum beliebten Restaurant „Schützenhaus“ ist es meist so, dass Autofahrer bereits vor der Brücke links abbiegen und manch einer dies scheinbar – überspitzt formuliert – mit der langgezogenen Parabolika des Hockenheimrings verwechselt. „Ich laufe da gerne entlang“, schreibt M.W. bei Facebook, „aber man muss so aufpassen, weil nicht jeder langsam fährt und ich habe immer die Kinder dabei.“

Der wellige, von beiden Seiten ansteigende Wirtschaftsweg ist bei Spaziergängern wie Pedaleuren deshalb so beliebt, weil er zu Vereinsgeländen, aber auch ins Naherholungsgebiet der Oftersheimer Dünen und generell in den Hardtwald führt. Insbesondere von Frühling bis einschließlich Herbst ist der Freizeitwert hier enorm hoch.

„Rennstrecke“ in Oftersheim: Offizielle Zufahrt an der B291

Da die vermeintliche „Rennstrecke“ zum überwiegenden Teil der Breite einer normalen Fahrspur entspricht, sind Gefühlsausbrüche und Anfeindungen untereinander fast vorprogrammiert. Zumal eine offizielle Zufahrt zu den Sportschützen, zum Tennisclub und Restaurant über die Bundesstraße B291 und etwas versetzt zur Stichstraße des Gewerbeparks Hardtwald existiert. „Zur Feierabendzeit oder bei Vorkommnissen auf der Autobahn ist das Abbiegen fast unmöglich“, formuliert es Nutzerin S.B. und schildert damit die Schwierigkeiten beim Linksabbiegen plakativ.

Pascal Seidel räumt ein, dass es Optimierungsbedarf in Sachen Beschilderung gibt. „Das Ordnungsamt ist bereits in Gesprächen mit der Polizei und wird sich alles ganz genau ansehen“, erklärt der Bürgermeister. Seidel kennt diese Diskussionen aus dem Effeff. Als langjähriger Ordnungsamtsleiter der Stadt Schwetzingen bis Oktober 2022 weiß er um die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer. „Man braucht bei diesem sicherlich schwierigen Thema ein bisschen mehr Gelassenheit. Wir werden nicht alles lösen und nicht an jedem Eck eine Kamera aufstellen können“, so Seidels realistische Einschätzung.

„Ofdasche“ hat den nie enden wollenden Themenkomplex der Verkehrsprobleme, -überwachung und -prävention nicht exklusiv. Seidel verweist auf die statistische Erfassung von Geschwindigkeitsmessungen. Die Geräte seien geeicht und 24 Stunden lang im Einsatz. Den Ausreißer, vor allem nachts, gebe es stets. Mehr als 85 Prozent der Verkehrsteilnehmer hielten sich ans Reglement, Überschreitungen lägen in den allermeisten Fällen bei unter drei Prozent, in wenigen Fällen mal zwischen fünf und zehn Prozent.

„Rennstrecke“ in Oftersheim: „Der Großteil hält sich an Regeln“

„Subjektiv betrachtet mag es eine ,Rennstrecke’ sein, objektiv fährt eines von zehn Autos im Durchschnitt zu schnell“, so Seidels Einordnung der Sachverhalte, „die negativen Einflüsse nehmen wir sehr deutlich wahr. Doch der Großteil hält sich an die Regeln und das ist positiv.“

Man könne es in diesem emotionalen Bereich nie allen recht machen, eine Totalüberwachung im ganzen Gemeindegebiet sei weder durchführbar, noch in einer demokratischen Gesellschaft zielführend oder gewollt. „Mein Appell heißt: Nehmt mehr Rücksicht aufeinander!“, sagt der neue Bürgermeister nach etwas mehr als zweimonatiger Amtszeit. Wohlwissend, dass es bei der Thematik Verkehr und Sicherheit wie üblich jede Menge Grauzonen und erhebliche Differenzen in der Wahrnehmung gibt.

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