Oftersheim. Ehre, wem Ehre gebührt: Selten passte die Redensart besser als gestern Abend in der Kurpfalzhalle. Dort wurde der scheidende Bürgermeister Helmut Baust mit einem würdigen Festakt in den Ruhestand verabschiedet - und mit der höchsten Auszeichnung bedacht, die eine Gemeinde zu vergeben hat: Stellvertreter Roland Seidel verlieh ihm im Namen des Gemeinderats nicht nur die Ehrenbürgerwürde, sondern setzte auch noch eins obendrauf: Die Haupterschließungsstraße des neuen Baugebiets Stimplin/Obere Hardlache wird "Bürgermeister-Baust-Straße" heißen.
Seidel bat um Nachsicht, dass seine Laudatio etwas länger ausfallen werde - das sei dem Werdegang und Wirken Helmut Bausts geschuldet, denn dessen Name und Oftersheim "bildeten für eine lange Zeit eine feste und selbstverständlich gewordene Einheit". Der Bürgermeister-Stellvertreter erinnerte an Bausts Verdienste wie - um nur einige zu nennen - den Bevölkerungszuwachs durch die neuen Baugebiete, die Ortskern-Umgestaltung, den Ausbau der Kinderbetreuung, den Rathaus-Umbau oder die Erschließung des Gewerbeparks Hardtwald.
Bürgermeister im besten Wortsinn
Der Tag des Abschieds solle auch ein Tag des Dankes sein. "Er steht ganz im Zeichen eines Mannes, der ein Bürgermeister im besten Sinne des Wortes gewesen ist. Es ist ihm gelungen, das Wohl der Bürger zu mehren. Sein schwieriges Amt hat er wie ein Meister ausgeübt", lobte Roland Seidel, der sich wie andere Redner auch bei Bausts Gattin Marianne bedankte. Das Amt ihres Mannes habe ihr manchen Verzicht abverlangt. Dann bat er den Noch-Bürgermeister auf die Bühne und wechselte vom förmlichen Sie zum persönlichen Du. Im Namen des Gemeinderats überreichte Seidel Baust eine Präzisionsuhr mit Widmung ("So kannst Du Deine Freizeit ohne Hektik und Hast einteilen") sowie die beiden enorm wertvollen und zweifellos verdienten immateriellen Auszeichnungen. Baust schlug vor Überraschung die Hände vor dem Gesicht zusammen und war sichtlich bewegt.
"Am 31. Oktober geht eine kommunalpolitische Ära von ungewöhnlicher Kontinuität zu Ende", sagte Landrat Stefan Dallinger in seiner Rede, in der er Baust eine "mehr als beeindruckende Lebens- und Arbeitsbilanz" bescheinigte: "Im Januar sind Sie 66 Jahre alt geworden und zum 31. Oktober gehen Sie nach 52 einhalb Jahren im Rathaus, davon 16 Jahre an der Spitze der Gemeinde Oftersheim, in den Ruhestand." Welch beinahe unvorstellbare Dimension dies sei, möge folgende Anmerkung unterstreichen: "Als Sie im April 1962 Ihre Verwaltungslaufbahn begonnen haben, war ich noch nicht einmal geboren . . ."
Landrat: Hohe fachliche Qualität
Dallinger sparte nicht mit lobenden Worten: Baust habe es geschafft, die Arbeit seines Vorgängers Siegwald Kehder auf dem gleichen hohen Niveau fortzuführen, aber auch neue Akzente zu setzen. Geholfen habe dem scheidenden Bürgermeister dabei eine "hohe fachliche Qualität gepaart mit langjähriger Verwaltungserfahrung und absoluter persönlicher Integrität verbunden mit einer unglaublichen persönlichen Arbeits- und Leistungsbereitschaft". Obwohl er ein Mann der Zahlen sei, sei es ihm mit Leichtigkeit und Souveränität gelungen, das Vertrauen der Oftersheimer zu erlangen.
Dallinger nannte das Oftersheimer Gemeindeoberhaupt einen "herausragenden Vertreter der kommunalen Selbstverwaltung". Seine Rede, die mit den Worten "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an" begonnen hatte, beendete der Landrat zur Freude des Udo-Jürgens-Fans Baust mit der Vollendung des bekannten Liedtexts und den besten Wünschen für die Zukunft: "Mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss!" Der Landrat bedankte sich zudem bei Baust, dass dieser ihn in seiner Zeit als junger Schwetzinger Bürgermeister unter seine Flügel genommen habe. Und weiter: "Du bist seitdem ein echter Freund geworden!"
OB Pöltl: Viel von Dir gelernt!
Persönliche Worte fand auch Schwetzingens Oberbürgermeister Dr. René Pöltl: "Ich habe verdammt viel von Dir gelernt!" Das Miteinander der beiden Rathaus-Chefs sei immer von Respekt, Achtung und Verständnis geprägt gewesen. Im Namen seiner Bürgermeister-Kollegen des Schwetzinger Sprengels lobte er Baust. Dieser habe seine Aufgaben stets mit Inbrunst angepackt. "Sein Rat als Fachmann und Politiker war gefragt und man hat ihm zugehört - das wird fehlen", so Pöltl.
Als einziger hielt Reinhard Franke, Bürgermeister der Partnergemeinde, seine Rede frei und las nicht vom Pult ab. 25 Jahre sei es nun her, dass sich eine Oftersheimer Gruppe nach Weinböhla aufgemacht habe, um dort Kontakte zu knüpfen. Baust als Kämmerer und der damalige Oftersheimer Bürgermeister Siegwald Kehder hätten in seiner Gemeinde die Verwaltung zum Laufen gebracht. "Helmut, Du hast viel zum guten Miteinander beigetragen", stellte Franke fest.
Wilhelm Schel hob für das Vereinskartell hervor, dass Baust, der selbst ein Vereinsmensch sei, das Vereinsleben in der Gemeinde nach Kräften gefördert habe. Elke Becker lobte im Namen des Personalrats den Rathaus-Chef, dem das Wohl seiner Mitarbeiter am Herzen gelegen habe: "Er hat immer ein offenes Ohr für die Mitarbeiter gehabt." Weitere Grußworte und natürlich Präsente - der Gabentisch war am Ende reichlich bestückt - überbrachten die Pfarrer Esther Kraus, Dr. Sybille Rolf und Friedbert Böser im Namen der Kirchengemeinden.
Für den gelungenen musikalischen Rahmen der über dreistündigen Veranstaltung sorgten das Bläserquintett der Musikschule, der Sängerbund Liederkranz, der Gesangverein Germania, die Musikfreunde und der Musikverein.
Die letzten Worte des gestrigen Abends gebührten natürlich Helmut Baust, der sich überwältigt vom Besuch der voll besetzten Kurpfalzhalle und den Ehrungen zeigte. "Ich beuge mich dieser Entscheidung des Gemeinderats, die Ehre und Verpflichtung ist", sagte er mit strahlendem Gesicht. Und die Lacher hatte er auf seiner Seite, als er zur Namensgebung für die neue Straße anmerkte: Jetzt müsse das Neubaugebiet aber mit Nachdruck durchgezogen werden. Baust dankte seinen vielen Weggefährten und Mitarbeitern herzlich und nannte neben allen Amtsleitern auch seine Sekretärin Ute Walter namentlich.
"I love Oftersheim!"
"Ich habe gerne für meine Heimatgemeinde gearbeitet. Nun freue ich mich auf meinen Ruhestand, wenngleich ein wenig Wehmut dabei ist", sagte Baust. Er habe seinen Beruf geliebt und gelebt. "Ein Amerikaner würde sagen: I love Oftersheim!" lauteten die Worte seiner wohl letzten öffentlichen Rede als Bürgermeister.
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