Oftersheim. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie gefährlich Hexen eigentlich sind. Im Laufe eines Lebens begegnet man als Mann (wenigen) Gestalten, die ohne Verkleidung und Maske als solches Exemplar durchgehen könnten. Am Schmutzigen Donnerstag („Schmudo“) ist es nicht alles, Fasnachtsküchle en masse zu vertilgen, Sekt den Schlund hinunterzugießen, in Rathäusern für Ordnung oder irritierende „Unruhe“ zu sorgen – je nach Sichtweise – sondern eben Traditionen zu pflegen und Heiterkeit zu verbreiten.
Am 16. Februar also der Besuch der Verwaltungsspitze von Oftersheim. Draußen vor dem Gebäude dröhnt Musik aus der Lautsprecherbox, einige der „Ofdascha Hardtwaldhexen“ klatschen Pennäler der Friedrich-Ebert-Grundschule an Zaun und Mauer ab. Im Rathaus suchen manche Mitarbeiter ihre Nische, andere stellen sich freilich unerbittlich dem, was folgen muss und soll. Bürgermeister Pascal Seidel ist kurzfristig erkrankt, doch Hauptamtsleiter Jens Volpp schlüpft unerschrocken in die „Opferrolle“, holt das helle Sakko und die gestreifte Krawatte aus dem Schrank und stellt sich dem Unausweichlichen.
"Ofdascha" Hardtwaldhexen stürmen das Rathaus Oftersheim
Er führt sieben „Hardtwaldhexen“ ins Bürgermeisterzimmer, Nico Krüger nimmt als zweiter Hexenmeister auf dem „Stuhl aller Stühle“ Platz, und ruckzuck ist das Prachtexemplar abgeschnitten. Profifotos mit der Schwetzinger Zeitung, der eine und andere Spruch („Immer wenn man den Bürgermeister braucht, ist er nicht da“) macht die Runde, die zwei maskenlosen Gesellen werden mit Ruß (aus)gezeichnet. Wenig später ist der symbolische Akt vollbracht.
„Es war eine trockene Baustelle“, sagt hinterher Nico Krüger augenzwinkernd, „es gab keinen Sekt. Schade war’s, dass der Roland Seidel natürlich nicht da war, äh (Kunstpause) . . . der Pascal Seidel. Der Stuhl vom Bürgermeister ist tatsächlich sehr gemütlich.“ Welch ein Weltklasseversprecher, kann eben in „Ofdasche“ schnell passieren, Roland-Seidel-Halle, Kurpfalzhalle, Gemeinderat für die Ewigkeit, neuer Bürgermeister, meine Güte, man kann da als Hexe, ob weiblich oder männlich, schon mal in der Hektik des Geschehens durcheinanderkommen. Nicht einfach.
"Ofdascha" Hardtwaldhexe: Beeindruckende Masken in Oftersheim
Beeindruckend sind die Masken des Vereins. Seit 2005 sind sie aktiv, seit 2017 haben sich die „Hardtwaldhexen“ von den „Buzzelhexen“ abgesplittert. Sie stammen vom Hexenmacher Konrad Wernet aus Elzach in den Tiefen des Schwarzwaldes. „Sie haben eine zweigeteilte Seite, sind 20 Jahre alt“, erzählt Roland Wittmann, Gründer und früher erster Hexenmeister der „Buzzelhexen“, „der Konrad hat sogar Masken für den Vatikan geschnitzt.“ 450 Euro ist das wichtigste Utensil des Mummenschanzes aus abgelagertem Lindenholz wert. Sie werden gelegentlich mit Möbelpolitur gereinigt. Die Klamotten, die „Häs“, sind handgenäht, Strümpfe und Strohschuhe liebevoll gestaltet. Die Gestalten mit dem Reisigbesen taugen als Hingucker.
Die Hexen müssen weiter. Ebert- und Heuss-Schule, Edeka sind die nächsten Stationen des „Dorfumtriebes“. Nach einer Begegnung der dritten Art: Diese Hexen sind hart und herzlich, verbreiten charmanten Schabernack und Unfug. Das Spielen mit diesen Fratzen und Masken ist kein Hexenwerk.
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