Nach der Wahl

Bürgermeister Oftersheim: So geht es Pascal Seidel und Jens Geiß nach dem Wahlsonntag

Gewinner Pascal Seidel feiert am Sonntagabend im eigenen Garten – Jens Geiß wird beim Kreisverbandstag tags darauf von der Normalität eingeholt.

Von 
Joachim Klaehn
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Jens Geiß und Pascal Seidel nach der  Bürgermeisterwahl in Oftersheim. © Norbert Lenhardt

Oftersheim. Der Wähler hat am Sonntag bei der Bürgermeisterwahl gesprochen. Das Ergebnis lässt wenig Interpretationsspielraum zu. Pascal Seidel hat einen in dieser Deutlichkeit nicht erwartbaren Wahlerfolg eingeheimst – 64,09 Prozent für den neuen Bürgermeister im Direktduell gegen Jens Geiß (35,27 Prozent) sind ein Wort.

Am Tag danach begann die Nachbereitung. Für Seidel war’s naturgemäß einfacher. Am Sonntagabend feierte er den Wahlabschluss bei einer Party im eigenen Garten „Am Biegen“, die auch im Falle einer Niederlage stattgefunden hätte. Geiß wurde hingegen gleich von der Normalität eingeholt – als Noch-Amtsträger war er beim Kreisverbandstag der Bürgermeister in Aglasterhausen. Eine Art von Abschiedstermin für ihn, denn am 14. November, bei der nächsten Versammlung, wird Seidel seinen Platz einnehmen.

Bald Kollegen: Der neue Ketscher Bürgermeister Timo Wangler (r.) gratuliert Pascal Seidel zu dessen überzeugendem Wahlergebnis. © Lenhardt

Was ab 1. November auf den „Neuen“ zukommen wird, ahnt er zunehmend, obgleich Seidel im Redaktionsgespräch sagt, die Dimension der künftigen Aufgabe erst dann tatsächlich zu realisieren, wenn er den ersten von mehreren Übergabeterminen bei Geiß im Büro habe. „Bisher war ich ja nur als Kunde im Rathaus. Es wird besonders, wenn ich die ersten Schritte dort mache“, konstatiert der Ordnungsamtsleiter der Stadt Schwetzingen.

Die amtlichen Zahlen

  • Wahlbeteiligung: Von den 9543 Wahlberechtigten haben 5107 Bürger ihre gültige Stimme – 54 zusätzliche Stimmen waren ungültig – abgegeben, womit die Wahlbeteiligung bei 53,52 Prozent liegt (zum Vergleich: 2014 waren es 33,63 Prozent).
  • Stimmenverteilung: Pascal Seidel 3273 Stimmen (64,09 Prozent); Jens Geiß 1801 Stimmen (35,27); Samuel Speitelsbach 24 Stimmen (0,65); sonstige Personen 9 Stimmen.
  • Briefwahl: 2092 Bürger haben per Briefwahl gewählt (entspricht 40,5 Prozent der Wähler). Im Vergleich: 2014 waren es 605 (19 Prozent).

Klar wurde nach dem Verkünden des Wahlergebnisses gejubelt. Schon im Rettungszentrum wollte die Schlange der Gratulanten nicht enden. Zu Hause angekommen, feierten rund 120 Menschen in zwei Zelten, darunter viele Helfer, moralische Unterstützer, Familie, Freunde, Weggefährten und einige Gemeinderäte, den Bürgermeister ante portas. Der Schwetzinger Musiker Athideth Sananikone „rockte“, die Oftersheimer Feuerwehr fuhr mit vier Fahrzeugen mit Martinshorn, Blaulicht und voller Besatzung vor, woran die Nachbarschaftskinder ihre helle Freude hatten. „Es war super und alles rein privat“, sagt Seidel über die Fete bis Mitternacht.

Pascal Seidel – Abschied aus Schwetzingen "mit einem sehr lachenden, aber auch kleinen weinenden Auge"

Die Feierstunden gingen für Seidel am Montagmorgen weiter. Im Schwetzinger Rathaus wurde Seidel vom Mitarbeiterstab mit Luftballons empfangen. Diesen beschlichen wie bereits der Delegation um OB Pöltl und Co. nach der unmittelbaren Verkündung der Wahlergebnisse gemischte Gefühle. Schwetzingen verliert Seidel, Oftersheim gewinnt ihn. „Für mich ist das eine Bestätigung und große Wertschätzung“, meint Seidel, „nach zwanzig Jahren beginnt ein neuer Abschnitt. Ich habe in Schwetzingen extrem viel gelernt, hatte tolle Chefs. Ich gehe mit einem sehr lachenden, aber auch kleinen weinenden Auge.“ Immerhin bleibt es bei vielfältigen Kontakten, schon über die Zweckverbände gibt es weiterhin Berührungspunkte zuhauf.

Seidel weiß um die Schwere der Aufgabe in „Ofdasche“. Die Messlatte liegt hoch. Der Erwartungshorizont an ihn ist riesig. „Ich muss alle mitnehmen – die Bürger, den Gemeinderat, die Mitarbeiter der Verwaltung. Das Amt ist eine Herausforderung in der heutigen Zeit, sowas darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen“, so Seidel. Er freue sich auf das, was komme, sei positiv gestimmt und habe auch nach der Wahl eine Erleichterung und „kleine Aufbruchstimmung“ bei den Oftersheimern gespürt.

Vor dem Abschied: Noch-Amtsträger Jens Geiß (l.) bedankt sich im Rettungszentrum für die Unterstützung im Wahlkampf und sagt beherrscht: „Es ist ein deutliches Ergebnis. Ich freue mich, dass Oftersheim einen kompetenten Bürgermeister bekommt.“ © Norbert Lenhardt

Sachlich, realitätsbewusst und korrekt reagierte Geiß auf seine Abwahl. Als bekennender Zahlenmensch wusste er bereits vor Bekanntgabe der letzten drei, vier Wahlbezirke, dass es rechnerisch nichts mehr mit einem Gleichstand oder anvisierten Kopf-an-Kopf-Rennen werden würde. „Ich war mir da der Tatsachen bewusst – so ist es eben jetzt“, sagte Geiß unserer Zeitung, „ich bin froh darüber, dass es am Ende deutlich wurde. Eine Konstellation mit 49 zu 51 Prozent hätte mir mehr wehgetan.“

Nach der Wahl in Oftersheim: Viel Zustimmung für Jens Geiß per Whatsapp

Er habe noch am Sonntagabend per Whatsapp viel Zustimmung für sein Auftreten und seinen fair geführten Wahlkampf gegen Widersacher Seidel erhalten. So funktioniere idealerweise Demokratie. Nachvollziehbar, dass sich beim Kreisverbandstag der Bürgermeister die rund 80 Kollegen überwiegend empathisch zeigten. Selbstverständlich, so räumt Geiß ein, habe es im Vorfeld der Entscheidung am 18. September „Gedankenspiele“ gegeben. Doch wie es konkret beruflich bei ihm weiterginge, wisse er derzeit noch nicht. „Ich bin konziliant und habe einen guten Background. Ich finde etwas“, so Geiß selbstbewusst, der eine Rückkehr ins Bank- und gewerbliche Kreditgeschäft nicht ausschließen mag.

Nur eines sei für ihn undenkbar. „Eine Tätigkeit im Gemeinderat in eineinhalb Jahren übernehme ich ganz sicher nicht“, sagt Geiß klipp und klar. Nein, er werde fortan „eine andere Brille aufsetzen“ und das Geschehen in der Hardtgemeinde als „Außenstehender beobachten“. Mit seinem Nachfolger will er sich in Bälde abstimmen und austauschen. Jens Geiß: „Ich mache die Sachen sauber zu Ende. Die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat ist für Pascal leichter. Nach dem 31. Oktober ist dann der Schlüssel bei meinem Nachfolger.“

Der zuletzt scharf kritisierte Amtsträger bleibt sich zum Abschied aus dem Rathaus treu – wie Seidel vor seinem Neustart. Der Bürgermeister ante portas weiß haargenau, dass er seinen Worten nun auch Taten folgen lassen muss.

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