Oftersheim. Es gibt mittlerweile viele Tage für alles Mögliche. Ja, rund um Büstenhalter, das Lachen oder das Umarmen könnte man von einer beeindruckenden Inflation reden. Doch der internationale Tag der Flüsse am 26. September ragt aus dieser Flut von Denk-Tagen doch etwas heraus. Sind Flüsse doch die Lebensadern für Zivilisationen.
Von den zivilisatorischen Anfängen rund um Mesopotamien mit den beiden Flüssen Euphrat und Tigris über das alte Ägypten am Nil und Chinas Gelber Fluss bis zum Rhein oder Mississippi waren Flüsse stets Quelle gesellschaftlicher Entwicklung. Deren Bedeutung für Menschen könnte kaum hoch genug eingeschätzt werden. Es ist nicht übertrieben, Flüsse sind eine Grundlage für das Sein auf dieser Erde. Sie bringen das lebensnotwendige Wasser ins Land, sind Lebensraum für hunderttausende von Tieren und Pflanzen, sie sind ein riesiges Fließband für Nährstoffe und Sand sowie, auch das, grundlegend für eine funktionierende Industrie.
Und an diesen Wert wird nunmehr seit 2005 mit dem internationalen Tag der Flüsse erinnert. Auch weil Flüsse im Kontext des wachsenden Verbrauchs, Verschmutzung und des immer wirkmächtigen Klimawandels zunehmend unter Druck geraten.
Zugegeben, in der Liste von Gelbem Fluss, Rhein und Mississippi sieht der Leimbach etwas deplatziert aus. Mit seinen 38 Kilometern ab der Quelle des Dielheimer Ortsteil Balzfeld in der Nähe von Sinsheim bis nach Brühl, wo er in den Oberrhein mündet, hören sich nicht so wirklich spektakulär an. Doch seine Dimensionen stehen umgekehrt proportional zu seiner Bedeutung, vor allem in historischer Hinsicht. Den kurfürstlichen Garten gäbe es ohne den Leimbach so jedenfalls nicht.
Um die Wasserversorgung des Schlossgartens mit seinen Brunnen und Teichen gewährleisten zu können, nutzte der Gartenarchitekt Nicolas de Pigage das Wasser des Leimbachs. Dabei wurden sechs Staustufen und zwei Wasserwerke verwirklicht. Noch heute eine Infrastruktur, die Wassertechniker Respekt abnötigt. Von Bedeutung für das Schloss war der kleine Bach schon früher. War er doch in früheren Zeiten Teil des Wassergrabens, der die Burganlage umschloss. Die Geschichte des Schwetzinger Schlosses und seines Gartens, dieses beinahe Weltkulturerbes, hängt also sehr eng mit dem Leimbach zusammen, was den Leimbach natürlich mit Bedeutung auflädt.
Kanal zur Entlastung
Ebenfalls bereits im 16. Jahrhundert angelegt wurde der Entlastungskanal Hardtbach, um den Leimbach bei schweren Hochwasserereignisse zu entlasten. Damals wurden die Menschen in Form von Fronarbeiten dazu gezwungen, hier mitzuarbeiten.
Auch aktuell wird am Bachsystem Leimbach wieder gearbeitet, natürlich ohne Fronarbeit. Verwirklicht wurden bereits zahlreiche Hochwasserschutzmaßnahmen im Oberlauf des Baches. In Planung befindet sich mittlerweile die letzte, die fünfte, Phase des Projekts, in dem der Leimbach und der Landgraben auf der Gemarkung Oftersheim sozusagen vereint werden. Und zwar auf der Linie des Landgrabens.
Dies, so das Regierungspräsidium Karlsruhe, sei jedoch keine Maßnahme zur Sicherstellung des Hochwasserschutzes mehr, sondern ein Renaturierungsprojekt. Der Schutz vor Hochwasser sei mit den Maßnahmen der Baustufen eins bis vier, so die offiziellen Verlautbarungen aus dem Regierungspräsidium, sichergestellt.
Geplant ist eine kleine grüne Lunge mit einem mäandernden Bach. Eine Aussicht, die Bürgermeister Jens Geiß sichtlich freut. Der Leimbach ist für den Bürgermeister seit seiner frühesten Kindheit Teil der Heimat. Schon als Kindergartenkind habe er dafür gesorgt, dass Steine in den Bach flogen und kleine Holzstückchen Richtung Rhein flossen. Noch toller wäre es, so Geiß, wenn der Leimbach auch im Ort erlebbar wäre. „Klar ein Traum, aber es wäre wunderbar.“
Und dieses wunderbar gelte übrigens auch für die Leimbachroute, die im Mai 2015 eröffnet wurde. Ein rund 45 Kilometer langer Fahrradweg von Sinsheim bis an den Rhein. Der Leimbach, das weiß auch Geiß, ist kein spektakuläres Gewässer. Aber er ist hier Teil der Heimat und mit dem Renaturierungsvorhaben wird er das noch etwas mehr. Vielleicht sähe man dann auch hier mehr Natur, wie rund um das Naturschutzgebiet Schwetzinger Wiesen, wo es neben bunten Eisvögeln auch Graureiher und Ringelnattern gibt. Am Ende sind es, findet Geiß, schöne Aussichten für den Leimbach.
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